G10 Politische Beteiligung
Die Aargauer Bevölkerung nimmt ihre politischen Rechte nur beschränkt wahr. Die Beteiligung der stimm- und wahlberechtigten Aargauer Bevölkerung liegt bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen im schweizweiten Durchschnitt beziehungsweise leicht darunter.
Zielrichtung aus Nachhaltigkeitssicht
Die Beteiligung möglichst vieler Bevölkerungsgruppen an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen stärkt die Gesellschaft. Sie ermöglicht eine ausgewogene Entscheidungsfindung, legitimiert gesellschaftliche Entscheide und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Zentrale Voraussetzungen für Partizipation sind der freie, transparente und gerechte Zugang zu Informationen und die strukturelle wie individuelle Möglichkeit, Entscheidungen auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene mitgestalten zu können.
Die Beteiligung an Abstimmungen und Wahlen auf kantonaler und eidgenössischer Ebene sowie das Ausmass der freiwilligen Übernahme von politischen Ämtern und Funktionen zeigt, inwieweit die politischen Partizipationsrechte genutzt werden.
Stand Politische Beteiligung 2020
Der folgende Text beschreibt den Stand der Indikatoren G10.1 (2000–2019) und G10.2 (2000–2016)
Nachdem die Stimm- und Wahlbeteiligung der Aargauer Stimmbevölkerung auf eidgenössischer und kantonaler Ebene anfangs der 2000er-Jahre mit durchschnittlich um die 40 Prozent auf einem vergleichbaren Niveau lagen, nahm sie auf kantonaler Ebene bis 2010 kontinuierlich ab. Bis zu 11 Prozent tiefer lag die Stimm- und Wahlbeteiligung der Aargauer Stimmbevölkerung auf kantonaler Ebene. Seit 2014 hat sich die Beteiligung auf kantonaler Ebene jedoch wieder erhöht (2018: 41 Prozent) und sich an das Niveau der Beteiligung auf eidgenössischer Ebene angenähert (2018: 44 Prozent) (BFS 2019a, DFR 2019). Im schweizweiten Vergleich lag die durchschnittliche Beteiligung der Aargauer Bevölkerung bei eidgenössischen Wahlen von 2011 bis 2019 mit 47 Prozent im Durchschnitt (BFS 2019b). Bei den eidgenössischen Abstimmungen im selben Zeitraum lag die durchschnittliche Beteiligung der Aargauer Bevölkerung mit 43 Prozent unter dem Schweizer Durchschnitt von 46 Prozent (BFS 2019a).
Eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer nimmt selektiv an Volksabstimmungen teil: 9 von 10 Stimmberechtigten beteiligen sich über 5 Jahre betrachtet mindestens einmal an Abstimmungen (Sciarini et al. 2016). Die Popularität der eidgenössischen Themen beeinflusst jeweils die Beteiligung an gleichzeitig stattfindenden kantonalen Abstimmungen. So war beispielsweise die Stimmbeteiligung bei der kantonalen Abstimmung über die Volksinitiative "Weg mit dem Tanzverbot!" 2016 mit 61,5 Prozent sehr hoch. Sie kam gleichzeitig mit der nationalen Vorlage zur "Durchsetzungsinitiative" (63,7 Prozent Beteiligung) zur Abstimmung (BK 2020, DFR 2020). Betrachtet man die Wahlen, ist die Stimmbeteiligung an eidgenössischen Wahlen grundsätzlich höher als jene an kantonalen Wahlen (Ladner 2011).
Der Anteil stimm- und wahlberechtigter Personen im Aargau nahm zwischen 2015 und 2019 um 0,8 Prozent ab, gleichzeitig nahm der Anteil an der Bevölkerung mit ausländischem Pass um 1 Prozent zu (BFS 2020a, Statistik Aargau 2020). Ab dem Schuljahr 2020/21 hat der Aargau als erster Deutschschweizer Kanton im dritten Oberstufenjahr das Fach "Politische Bildung" verbindlich eingeführt. Diese Massnahme soll – nebst weiteren – dazu beitragen, dass zukünftig eine höhere Beteiligung an Abstimmungen und Wahlen erreicht wird (RR 2020).
Langfristig betrachtet liegt der Frauenanteil im Aargauer Kantonsparlament seit Jahren über dem Schweizer Durchschnitt (BFS 2019c). Zwischen den Grossratswahlen 2016 und 2020 nahm dieser aber von 36,4 Prozent auf 31,4 Prozent ab (Schweizer Durchschnitt 2020: 30 Prozent) (BFS 2020b). Im Regierungsrat ist seit 2019 keine Frau mehr vertreten (DFR 2020). Der Anteil an über 50-jährigen Grossratsmitgliedern hat zwischen den Wahlen von 2016 und 2020 von knapp 50 Prozent auf 30 Prozent abgenommen (Staatskanzlei 2020, DFR 2020).
Der Anteil der Schweizer Wohnbevölkerung, der in einer politischen Partei oder einem Amt eine Freiwilligenarbeit ausführt, nahm zwischen 2000 und 2013 ab. Zwischen 2013 und 2016 stagnierten die Zahlen auf einem tiefen Niveau von 1 Prozent (BFS 2018). Aargauer Gemeinden zeigten bereits seit den 1970er-Jahren Probleme bei der Rekrutierung von Personen für Exekutivämter (ZDA 2014). Rund ein Fünftel der Gemeinderatsmitglieder im Kanton Aargau tritt vorzeitig zurück. Die Anzahl vorzeitiger Rücktritte ist bei kleinen Gemeinden höher als bei grösseren. Der Frauenanteil in den Gemeindeexekutiven lag im April 2017 bei einem Viertel (DVI 2017).
Indikator G10.1: Stimm- und Wahlbeteiligung kantonal und eidgenössisch, Aargau
Der Indikator berücksichtigt die eidgenössischen und kantonalen Abstimmungen sowie die Nationalrats- und Grossratswahlen. 2019 fanden keine Grossratswahlen und kantonalen Abstimmungen statt.
Die Stimm- und Wahlbeteiligung soll zunehmen.
Stimm- und Wahlbeteiligung kantonal und eidgenössisch, Aargau, 2000–2019
langfristig (seit 2000) | positiv |
kurzfristig (seit 2016) | negativ |
Aktualisierung Daten 2023
Stimm- und Wahlbeteiligung kantonal und eidgenössisch, Aargau, 2000–2022
langfristig (seit 2000) | positiv |
kurzfristig (seit 2016) | positiv |
Indikator G10.2: Freiwilligenarbeit in politischen Parteien und Ämtern nach Geschlecht, Schweiz
Der Indikator zeigt den Anteil an der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren nach Geschlecht, welcher in politischen Parteien und Ämtern Freiwilligenarbeit leistet.
Der Anteil der Bevölkerung, der sich freiwillig in politischen Gremien engagiert, soll sich erhöhen.
Freiwilligenarbeit in politischen Parteien und Ämtern nach Geschlecht, Schweiz, 2000–2016
langfristig (seit 2010) | negativ |
kurzfristig | Aussage nicht möglich |
Aktualisierung Daten 2023
Freiwilligenarbeit in politischen Parteien und Ämtern nach Geschlecht, Schweiz, 2000–2020
langfristig (seit 2010) | negativ |
kurzfristig | Aussage nicht möglich |
Herausforderungen für das Thema Politische Beteiligung
- Die Einführung von elektronischen Abstimmungsmöglichkeiten ist aufgrund von Sicherheitsbedenken und technischen Herausforderungen politisch umstritten.
- Die Besetzung nebenamtlicher Ämter wird schwieriger und stellt das Gemeindesystem des Kantons Aargau zunehmend auf die Probe. Erhöhte Anforderungen, steigende Belastungen in Beruf und Familie sowie das schwindende Interesse an der Lokalpolitik sind mögliche Gründe. Gleichzeitig orientiert sich die Wirtschaft zunehmend an überregionalen Märkten und ist immer weniger bereit, Mitarbeitende für Ämter im kommunalen Milizsystem freizustellen.
- Die Motivation jüngerer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zur Beteiligung an Abstimmungen und Wahlen gestaltet sich schwierig. Diese nehmen sehr selektiv an Wahlen und Abstimmungen teil. Am selektivsten stimmen die jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren ab. Sie nehmen primär an Abstimmungen teil, wenn es sich um Vorlagen handelt, die sie persönlich betreffen, in den Medien stark präsent oder weniger komplex sind (DSJ 2018).
- Das Problem der "Fake News" beeinflusst auch Wahlen und Abstimmungen in der Schweiz. 40 Prozent der Beteiligten einer 2018 durchgeführten Publikumsbefragung glauben, dass versucht wird, Wahlen und Abstimmungen damit zu manipulieren (BAKOM 2019).
Quellen
Mitarbeit | |
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Referenzen |
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Links |
Für das Thema "Politische Beteiligung" relevantes SDG der Agenda 2030
Bericht Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau 2020
- Startseite
- Zusammenfassung
- Übersicht der drei Dimensionen
- Ergebnisse SDGs und Themenbereiche
- Aufbau und Konzept
Bericht Nachhaltige Entwicklung 2020 (PDF, 154 Seiten, 9,8 MB)
Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
Der Kanton Aargau trägt gemeinsam mit dem Bund zur Umsetzung der UNO-Agenda 2030 bei.
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Bild: © Kanton Aargau (Foto: Jirí Vurma)