W1 Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Die Wirtschaftsleistung wird von einer breit diversifizierten Wirtschaft erbracht. Sie hat den Einbruch während der Covid-19-Pandemie insgesamt wettgemacht und kehrt zum langfristigen Wachstumspfad zurück.
Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmt massgeblich, wie sich der Wohlstand im Kanton Aargau entwickelt. Angestrebt wird ein qualitatives, das heisst, sozial- und umweltverträgliches, Wirtschaftswachstum, welches Sozialstandards und ökologische Grenzen beachtet und die Arbeits- und Ressourcenproduktivität erhöht.
Eine prosperierende Wirtschaft ermöglicht individuellen Wohlstand und trägt mit Steuererträgen zum Erhalt der finanziellen Handlungsfähigkeit des Kantons bei. Ein dauerhaftes, breitenwirksames Wirtschaftswachstum bedingt gute staatliche Rahmenbedingungen und stärkt den Kanton Aargau als Unternehmens- und Wohnstandort.
Indikator: Bruttoinlandprodukt
Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird anhand des Bruttoinlandprodukts (BIP) pro Person gemessen und drückt die Wirtschaftsleistung des Kantons in Bezug zum Bevölkerungsbestand aus. Das kantonale BIP pro Person soll dauerhaft und stetig steigen und sich über dem schweizerischen Durchschnitt entwickeln. Mit dem BIP können keine Aussagen zu den aus Nachhaltigkeitssicht geforderten qualitativen Aspekten des Wirtschaftswachstums gemacht werden.
Das Bruttoinlandprodukt pro Einwohnerin und Einwohner umfasst den Wert der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen abzüglich der Vorleistungen.
Bruttoinlandprodukt pro Person, Aargau und Schweiz, 2000-2023
langfristig (seit 2000) | positiv |
kurzfristig (seit 2020) | positiv |
Das Bruttoinlandprodukt pro Einwohnerin und Einwohner umfasst den Wert der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen abzüglich der Vorleistungen.
Bruttoinlandprodukt pro Person, alle Kantone, 2023
Stand 2024
Der Kanton Aargau bleibt beim Bruttoinlandprodukt weiterhin unterdurchschnittlich
Das nominale Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Person steigt im Kanton Aargau seit 2016 kontinuierlich an. Einzig in der Covid-19-Pandemie wurde im Jahr 2020 ein leichter Rückgang verzeichnet, der weniger stark ausfiel als für die ganze Schweiz. Im Kanton Aargau liegt das BIP pro Kopf deutlich unter dem Schweizer Durchschnitt. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren nur marginal verändert. Die vier wirtschaftsstärksten Kantone Basel-Stadt, Zug, Genf und Zürich sorgen für einen hohen Durchschnitt. Im breiten Mittelfeld sind die Unterschiede klein.
In den letzten zehn Jahren (seit 2013) ist das nominale BIP pro Kopf im Kanton Aargau um rund 3,5 Prozent, in der Schweiz um 10 Prozent gestiegen. Der Kanton Aargau kann damit mit der Dynamik des Schweizer Durchschnitts nicht mithalten (BAK Economics AG 2024). Ein Grund liegt im überdurchschnittlichen Bevölkerungswachstum im Kanton Aargau. Seit 2013 bis 2023 ist die Bevölkerung im Kanton Aargau um 14 Prozent, in der Schweiz um 11 Prozent gewachsen (BFS 2024).
Das relativ tiefe BIP pro Kopf ist Ausdruck davon, dass der Kanton Aargau ein ausgeprägter Wohn- und Pendlerkanton mit einer vergleichsweise tiefen Arbeitsplatzdichte ist. Im Kantonsranking der Arbeitsplatzdichte liegt der Kanton Aargau auf dem viertletzten Platz. Auf 100 Einwohnende im erwerbsfähigen Alter kamen 2018 rund 59 vollzeitäquivalente Arbeitsstellen. 2019 hatten mehr als 102'000 im Kanton Aargau wohnhafte Erwerbstätige ihren Arbeitsplatz in einem anderen Kanton (Credit Suisse AG 2021).
Ein etwas anderes Bild zeigt sich, wenn das BIP nicht auf die Einwohner, sondern auf die Anzahl Vollzeitstellen im Kanton umgelegt wird. Im Kanton Aargau lag der Wert des BIP pro Vollzeitäquivalent 2022 bei knapp Fr. 170'000 und damit leicht unter dem Schweizer Durchschnitt von fast Fr. 180'000 (BAK Economics AG 2024).
Die erzielte Wirtschaftsleistung wird im Kanton Aargau von einer breit diversifizierten Wirtschaft erbracht und ist im Vergleich zu anderen Kantonen entsprechend weniger stark abhängig von einzelnen Branchen oder Unternehmen. Unter allen Kantonen war die Konzentration der Beschäftigten auf einzelne Branchen 2018 im Kanton Aargau sogar am tiefsten. Die gut diversifizierte Struktur der Aargauer Wirtschaft hat während der Covid-19-Pandemie stabilisierend gewirkt. Die Wirtschaftsstruktur im Kanton Aargau hat aber auch Kehrseiten: Überdurchschnittlich vertreten sind Branchen, die Dienstleistungen für die grosse Bevölkerung erbringen und eine vergleichsweise tiefe Wertschöpfung aufweisen. Weiter haben verschiedene Branchen des starken zweiten Sektors mit Herausforderungen zu kämpfen. So gingen von 2012 bis 2021 Arbeitsplätze insbesondere in der Metall-, Elektro- sowie Holz-, Papier- und Druck-Industrie verloren. In der chemisch-pharmazeutischen Branche erhöhte sich der Personalbestand hingegen signifikant.
Herausforderungen
- Die andauernde Frankenstärke bleibt für die exportorientierte Aargauer Wirtschaft herausfordernd.
- Mit dem Rückgang von Arbeitsplätzen im zweiten Sektor steht auch für den Kanton Aargau der Strukturwandel zur Dienstleistungsgesellschaft an und fordert sowohl die Arbeitskräfte als auch die Unternehmen heraus.
- Die Ansiedlung oder Expansion wertschöpfungsstarker Unternehmen ist trotz überdurchschnittlich guter Standortfaktoren im Kanton Aargau schwierig. Es ist zwar vergleichsweise viel Land in Form von Arbeitszonen vorhanden, welches aber Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern oft als Reserve dient und darum nicht verfügbar ist, oder unzureichend erschlossen und erreichbar ist.
- Die voranschreitende Digitalisierung und künstliche Intelligenz sind insbesondere für Industrieunternehmen Chance und Herausforderung zugleich.
- Die Auswirkungen des Klimawandels, der Druck auf die natürlichen Ressourcen sowie der Biodiversitätsverlust verstärken die Forderungen nach einem qualitativen Wirtschaftswachstum.
- Der demografische Wandel führt zu Fachkräftemangel und einem Paradigmawechsel – neu müssen sich die Arbeitgebenden bei den Arbeitnehmenden "bewerben". Angebote für moderne Arbeitszeitmodelle oder die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind gefordert.
- Die überdurchschnittlich exportorientierte Wirtschaft im Grenzkanton Kanton Aargau ist besonders auf geregelte Beziehungen zur EU als wichtigstem Handelspartner angewiesen. Die Zukunftsaussichten dieser Beziehungen sind weiterhin ungewiss.
- Unsicherheiten im Welthandel und die Neuausrichtung von Lieferketten sind besonders für produzierende Unternehmen eine Herausforderung.
Verweise
Für das Thema "Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" relevantes SDG der Agenda 2030
Das Thema "Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" ist Teil vom Nachhaltigkeitsbericht des Kantons Aargau:
Quellen
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Referenzen |
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