U3 Wasserqualität
Die Qualität des Grundwassers, gemessen an der Nitratbelastung, hat sich im Kanton Aargau nicht verbessert. Die Wasserqualität der Fliessgewässer bleibt konstant. Mikroverunreinigungen wie Pestizid- und Arzneimittelrückstände oder Alltagschemikalien bleiben herausfordernd.
Wasser ist lebensnotwendig für Menschen, ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Landschaftselement und dient als unerlässliche Ressource für Landwirtschaft und Wirtschaft. Ein langfristiger Erhalt der Grundwasserressourcen sichert die Qualität des Trinkwassers. Gewässereinträge in Binnenländer können sich ebenfalls negativ auf Meere auswirken. Das Erhalten einer guten Wasserqualität insgesamt bedingt einen sorgsamen Umgang mit dieser Ressource sowohl von einzelnen Menschen wie auch von der Wirtschaft.
Indikatoren: Nitrat im Grundwasser und Langzeitmonitoring mittelgrosser Fliessgewässer
Die Qualität des Grundwassers wird anhand der Nitratkonzentration gemessen. Grundwasser enthält von Natur aus nur wenig Nitrat. Durch den für die landwirtschaftliche Produktion notwendigen Einsatz von stickstoffhaltigem Dünger, kann Nitrat jedoch ins Grundwasser gelangen (BAFU 2021a). Grundwasser mit hohen Nitratwerten ist oft auch mit anderen Schadstoffen (z. B. Pestiziden) belastet (BAFU 2019, VKCS 2019, DGS 2020). Grundwasser, das für die Trinkwasserversorgung vorgesehen ist oder genutzt wird, darf maximal 25 Milligramm Nitrat pro Liter aufweisen.
Die Wasserqualität der mittelgrossen Fliessgewässer (Wigger, Suhre, Wyna, Bünz, Surb, Pfaffnern, Aabach, Sissle, Möhlinbach) wird anhand monatlicher Analysen von 7 chemischen Parametern (Ammonium, Nitrat, Nitrit, Phosphat, Gesamt-Phosphor, biochemischer Sauerstoffbedarf nach 5 Tagen und gelöster organischer Kohlenstoff) bestimmt, die zu einer Zustandsklasse aggregiert werden. Mittelgrosse und kleine Gewässer sind bezüglich Belastungen durch Einträge empfindlicher als grosse Gewässer. Die mittelgrossen Gewässer umfassen sowohl Einträge aus der Siedlungsentwässerung wie auch aus der Landwirtschaft eignen sich deshalb gut als Indikator für die Wasserqualität. Alle Aargauer Fliessgewässer sollen die Zustandsklassen "sehr gut" und "gut" aufweisen.
Die Nitratkonzentration wird als Gesamtmittelwert aus den Mittelwerten der Datenreihen von rund 300 Grundwasserfassungen ermittelt.
Nitrat im Grundwasser, Aargau, 2000 - 2023
langfristig (seit 2000) | negativ |
kurzfristig (seit 2020) | unverändert |
Der Indikator zeigt die aggregierte Wasserqualität aufgrund der regelmässigen Messung von 7 chemischen Parametern bei 9 Messstellen an mittelgrossen Fliessgewässern. 2009 und 2018 erfolgten kleinere methodische Anpassungen (Anzahl Messstellen, Aufnahmehäufigkeit).
Langzeitmonitoring mittelgrosser Fliessgewässer, Aargau, 2000 - 2023
langfristig (seit 2000) | positiv |
kurzfristig (seit 2020) | unverändert |
Stand 2024
Keine Verbesserung der Grundwasserqualität sowie der Wasserqualität der mittelgrossen Fliessgewässer
Die durchschnittliche Nitratkonzentration im Grundwasser pendelt seit zwanzig Jahren um die 20 Milligramm pro Liter (mg/l). Die langfristige Zeitreihe zeigt eine tendenzielle Zunahme der Werte. Schwankungen sind teilweise auf unterschiedliche hydrologische Verhältnisse zurückzuführen – trockene sowie sehr niederschlagsreiche Jahre erhöhen die Nitratwerte. Der Anforderungswert für Trinkwasser von 25 mg/l wird für den Durchschnitt der rund 300 Fassungen eingehalten, bei 31 % der Fassungen ist er 2023 allerdings überschritten. Im kantonsweiten Vergleich weist der Kanton Aargau 2021 nach dem Kanton Fribourg den zweithöchsten Mittelwert auf und liegt deutlich über dem Schnitt der 19 Kantone des Cercle Indicateurs (BFS 2023). Die Hauptursache für hohe Nitratbelastungen liegt in der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung mit Gemüse- und Ackerkulturen (BAFU 2021a). Mit einem Nitratsanierungsprojekt in Wohlenschwil konnte gezeigt werden, dass sich Bodenbedeckung im Winter, Direktsaat sowie die Stilllegung von Ackerflächen positiv auswirken. Innert 20 Jahren konnte durch die Massnahmen vor Ort der Nitratgehalt von rund 55 mg/l auf rund 15 mg/l gesenkt werden (BLV und BAFU 2022).
In 62 % der beprobten Trinkwasserfassungen wurden erhöhte Pflanzenschutzmittelrückstände, das heisst, Konzentrationen von mehr als 0.1 Mikrogramm pro Liter (μg/l) (gesetzliches Qualitätsziel respektive Höchstwert) gemessen. Bei den Rückständen im Grundwasser handelt es sich unter anderem um Abbauprodukte (Metaboliten) des Fungizids Chlorothalonil, welches als Wirkstoff seit dem 1. Januar 2020 verboten ist. Auch nach einem Verbot kann entsprechend nicht von einer raschen Verbesserung ausgegangen werden, da sich das Grundwasser meist nur langsam erneuert, die Metaboliten ausgesprochen langlebig sind und die Böden noch beachtliche Mengen an Abbauprodukten enthalten (DGS 2023). In den 41 Aargauer Messstellen des nationalen Grundwasser-Überwachungsprogramms wurden in 95 % der Messstellen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln gemessen. Sie stammen grösstenteils von nicht mehr zugelassenen Pflanzenschutzmitteln. Zudem waren sehr häufig Fremdstoffe aus Verkehr, Industrie oder Arzneimittelrückstände aus dem Abwasser nachweisbar (DGS 2024a). Als gesundheitsschädigende, besonders langlebige Chemikalien, welche in vielen Produkten (z. B. in Löschschäumen) eingesetzt werden, gelten Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS). In einer Pilotstudie wurden schweizweit in mehr als der Hälfte der rund 500 im Jahr 2021 beprobten Messtellen PFAS nachgewiesen (BAFU 2021b). In 43 Aargauer Trinkwasser-Proben wurden PFAS bei 60 % der Messstellen festgestellt (VKCS 2023).
Fünf der neun untersuchten mittelgrossen Fliessgewässer (Wigger, Suhre, Wyna, Bünz, Surb, Pfaffnern, Aabach, Sissle, Möhlinbach) wiesen 2023 eine gute oder sehr gute, vier Gewässer eine mässige aggregierte Wasserqualität auf. Die Qualität hat sich bis 2019 verbessert, seit 2019 stieg die Anzahl der Gewässer mit einer mässigen Wasserqualität jedoch wieder an. Die Zunahme von Starkniederschlägen führt tendenziell zu höheren Einträgen und somit höheren Messwerten. Der Gehalt von Phosphor und Phosphat hat seit 2019 zugenommen und wurde 2023 bei fünf Gewässern als unbefriedigend bis schlecht eingestuft (BVU 2024c). Aus Schweizer Flüssen gelangt Stickstoff in Form von Nitrat in die Meere und trägt zu deren Überdüngung bei (BAFU 2022). Die Nitratwerte der mittelgrossen Fliessgewässer im Kanton Aargau haben sich seit 2000 kaum verbessert. 2023 wurde die Nitratbelastung für drei Gewässer als mässig, für die restlichen als gut eingestuft (BVU 2024c). Die für die Nordsee relevante Aare (end of pipe Aargau) zeigte in den letzten Jahren stets eine gute Zustandsklasse für Nitrat.
Der Bund misst seit 2018 mit dem Programm NAWA TREND Mikroverunreinigungen in Fliessgewässern. Von den 33 Messstellen liegen deren drei im Kanton Aargau: Küntenerbach, Möhlinbach und Aare. Nur in fünf der insgesamt 33 untersuchten Gewässer wurden zwischen 2018 und 2020 die Grenzwerte für Mikroverunreinigungen (Pestizide oder Arzneimittel) eingehalten. Auch in den drei Aargauer Gewässern wurden die Grenzwerte für Pestizidrückstände (Möhlinbach und Küntenerbach) und Arzneimittel (Küntenerbach und Aare) überschritten. Viele Pestizide und Arzneimittel können schon in sehr tiefen Konzentrationen nachteilige Auswirkungen auf Wasserlebewesen haben (BAFU 2022). Eine Untersuchung der wirbellosen Wassertiere in der Limmat im Jahr 2020 zeigt, trotz mehrheitlich guter Wasserqualität, im Vergleich zu 2010 einen starken Rückgang von 69 Arten auf 23 (Wettingen), respektive auf 24 (Turgi). Der Rückgang steht vermutlich in engem Zusammenhang mit der Ausbreitung von invasiven, gebietsfremden Flohkrebsarten. Aber auch fehlende natürliche Strukturen sowie heisse und trockene Sommer (wie im Sommer 2018) könnten zum dramatischen Rückgang der wirbellosen Wassertiere beigetragen haben (De Ventura 2022). Auch dank der ergriffenen Schutzmassnahmen gegen die Einschleppung invasiver gebietsfremder Arten in den Hallwilersee konnte die Quaggamuschel, welche grosse Schäden an Ökosystem und Infrastrukturanlagen verursachen kann, im Hallwilersee noch nicht nachgewiesen werden (BVU 2024a). Im Hitzesommer 2022 kletterte die Temperatur der Limmat in Baden auf 27 °C, die Sissle bei Eiken war 31 °C warm (BVU 2024b). Bezeichnend ist auch die deutliche Zunahme der Anzahl Tage mit Wassertemperaturen über 20 °C. 2022 wurden in der Wyna 16 Tage registriert, vor 2015 wurden solche Temperaturen an 0 bis 5 Tagen gemessen. Die Überschreitung der 20 °C-Marke führt bei vielen einheimischen Fischarten zu Stress (Könz u. a. 2024).
Zur Sicherung einer guten Qualität und ausreichender Menge der beschränkten Ressource Wasser erarbeitet der Kanton Aargau unter Einbezug der verschiedenen Akteursgruppen eine kantonale Wasserstrategie.
Herausforderungen
- Das Grundwasservorkommen gerät durch den steigenden Siedlungsdruck, durch Nutzungskonflikte, wie beispielsweise durch die landwirtschaftliche Bewässerung mit Grundwasser statt mit Oberflächenwasser infolge Qualitätsanforderungen und des Klimawandels, sowie durch die Beeinträchtigung der Grundwasser-Qualität zunehmend unter Druck (BAFU 2019).
- Zunehmende Trockenperioden führen in quellwassergeprägten Gebieten ausserhalb der grossen Flusstäler vermehrt zu Wasserknappheit mit der Folge, dass Wasserversorgungen zu einer Diversifizierung der Bezugsorte oder zur besseren Vernetzung mit anderen Versorgern gezwungen werden. Dies bedingt einen Ausbau der Infrastruktur und stärkere Solidarität zwischen den Aargauer Gemeinden in Bezug auf die Verteilung der vorhandenen Grundwasserressourcen.
- Aufgrund der regen Verwendung von zahlreichen Pflanzenschutzmitteln und kaum abbaubaren Chemikalien wie PFAS muss damit gerechnet werden, dass weitere chemische Stoffe respektive ihre Abbauprodukte im Grundwasser nachgewiesen werden und anschliessend Substanzen, je nach Gesundheitsgefährdung, eingeschränkt werden müssen.
- Eine intensive landwirtschaftliche, birgt das Risiko von lokal steigenden Nitratwerten und höheren Gehalten an Pflanzenschutzmittelrückständen im Grundwasser. Nutzungskonflikte sind insbesondere dort schwierig zu lösen, wo sich wertvolle Fruchtfolgeflächen über einem Grundwasservorkommen befinden, bei dem die Grundwasserneubildung grösstenteils durch versickerndes Niederschlagswasser erfolgt.
- Die steigenden Wassertemperaturen im Oberflächenwasser aufgrund des Klimawandels führen zu eingeschränkten und veränderten Lebensräumen und Lebensbedingungen von Wasserlebewesen.
- An Häufigkeit und Dauer zunehmende Starkregenereignisse und Trockenperioden führen in den Gewässern zu schlechterer Gewässerqualität.
- Mikroverunreinigungen insbesondere Pflanzenschutzmittel stellen für den Schutz mittelgrosser und vor allem kleiner Fliessgewässer nach wie vor eine grosse Herausforderung dar. Es muss damit gerechnet werden, dass laufend neue Stoffe nachgewiesen werden können. Sie können bereits in geringsten Konzentrationen Wasserlebewesen beeinträchtigen.
- Zur Verbesserung der Wasserqualität können nur gemeinsam mit allen beteiligten Akteursgruppen und unter Betrachtung eines grossräumigen Perimeters auf Einzugsgebietsebene Lösungen gefunden und Massnahmen umgesetzt werden.
- Invasive gebietsfremde Arten bedrohen die Wasserökosysteme des Kantons Aargau. Die Vermeidung der Einschleppung in Gewässer wie beispielsweise der Quaggamuschel in den Hallwilersee erfordert die Mitwirkung aller Beteiligten.
- Die Analytik muss mit neuen Fragestellungen und toxikologischen Bewertungen mithalten, indem sie geeignete Prüfverfahren bereitstellt und damit eine angemessene Überwachung der Trinkwasserressourcen und der Fliessgewässer auf Umweltkontaminanten ermöglicht.
Spotlight Klima
Der Klimawandel ist eine der wichtigsten Herausforderungen, welche ein nachhaltiges Handeln erfordern. Die Spotlights-Klima beleuchten ausgewählte Massnahmen im Zusammenhang mit dem Klimawandel aus Sicht der kantonalen Verwaltung.
Weitere Informationen zum Klimawandel
Kantonale Wasserstrategie: eine integrale Strategie für den Umgang mit zu wenig oder zu viel Wasser
Wasser ist eine lebenswichtige Ressource, deren Nutzung mit vielfältigen Ansprüchen und Konflikten verbunden ist. Um eine ausreichende Menge und gute Qualität für Mensch, Tier, Umwelt und Wirtschaft sicherzustellen, wird eine kantonale Wasserstrategie entwickelt. Aufgrund der Multifunktionalität des Wassers muss die übergeordnete Wasserstrategie verschiedenen Anspruchsgruppen mit oft gegensätzlichen Interessen gerecht werden. Fachspezialistinnen und Fachspezialisten sowie Akteursgruppen der Wassersektoren erarbeiteten gemeinsam die Stossrichtungen der Wasserstrategie und präzisierten die Ziele der verschiedenen Handlungsfelder.
Verweise
Für das Thema "Wasserqualität" relevante SDGs der Agenda 2030
Das Thema "Wasserqualität" ist Teil vom Nachhaltigkeitsbericht des Kantons Aargau:
Quellen
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Referenzen |
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