G2 Einkommen, Armut und soziale Unterstützung
Die Sozialhilfequote sinkt im Aargau erstmals seit 10 Jahren, der Anteil an Kindern und Jugendlichen bleibt hoch. Dies erhöht deren Risiko, später selber auf die Sozialhilfe angewiesen zu sein.
Zielrichtung aus Nachhaltigkeitssicht
Niemand soll in Armut leben. Vielmehr sollen alle Personen und Personengruppen, wie zum Beispiel Familien, über ein Einkommen verfügen, das für ihren Lebensunterhalt ausreicht. Kann dies nicht aus eigener Kraft erwirtschaftet werden, ist eine solidarische Gesellschaft verpflichtet, Bedürftige zu unterstützen. Die Sozialhilfe ist ein zentrales Instrument, Armut zu bekämpfen. Sie verhindert Einkommensarmut, soziale Isolation und Perspektivenlosigkeit und erleichtert eine möglichst rasche Wiedereingliederung in die selbstständige Existenzsicherung. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen wirken sich die wirtschaftliche Lage und der soziale Status der Eltern auf das Wohlbefinden sowie die Entwicklungsperspektiven aus. Beziehen die Eltern über einen längeren Zeitraum Sozialhilfe, steigt das Risiko, dass die Kinder im Erwachsenenalter ebenfalls davon abhängig sein werden.
Die Einkommensarmut und der Unterstützungsbedarf wird anhand der Sozialhilfequote und dem Anteil Minderjähriger an allen Sozialhilfeempfangenden gemessen.
Stand Einkommen, Armut und soziale Unterstützung 2020
Der folgende Text beschreibt den Stand der Indikatoren G2.1 (2004–2018) und G2.2 (2005–2018)
Seit 2008 ist die Sozialhilfequote im Kanton Aargau und schweizweit langsam, aber stetig angestiegen. Im Jahr 2018 konnte dieser langjährige Trend erstmals durchbrochen werden. Die Sozialhilfequote sank sowohl im Aargau als auch schweizweit um 0,1 Prozent. Im Aargau kam sie 2018 auf 2,2 Prozent, gesamtschweizerisch auf 3,2 Prozent zu liegen (BFS 2018a). Auch bei den Fallzahlen war ein geringer Rückgang zu verzeichnen. Im Aargau sanken sie um 1,5 Prozent auf 9'219 Dossiers (DFR 2019).
Gut die Hälfte (53 Prozent) der Personen mit Anspruch auf Sozialhilfe ist ausländischer Nationalität. Dieser Anteil hat in den letzten zehn Jahren zugenommen (2008 waren es 45 Prozent). Der 2018 verzeichnete Rückgang der Sozialhilfequote war bei den Ausländerinnen und Ausländern jedoch ausgeprägter als bei den Schweizerinnen und Schweizern: Sie hat von 4,4 auf 4,2 Prozent abgenommen (DFR 2019).
Zwei Drittel der in Privathaushalten wohnenden Sozialhilfebeziehenden leben alleine. In Haushalten mit Kindern sind vor allem Alleinerziehende auf soziale Unterstützung angewiesen. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren machen mit knapp einem Drittel mit Abstand die grösste Altersgruppe der Sozialhilfeempfangenden aus, wobei der Aargau leicht über dem schweizerischen Durchschnitt liegt. Die Sozialhilfequote von Kindern und Jugendlichen hat zwischen 2010 und 2018 um 1 Prozent zugenommen (2018: 3,6 Prozent), was verglichen mit den anderen Altersklassen einem stärkeren Wachstum entspricht (DFR 2019).
Eine weitere von der Sozialhilfe betroffene Bevölkerungsgruppe im Aargau sind Personen ohne Berufsausbildung. Der Anteil der erwerbsfähigen Personen ohne nachobligatorische Ausbildung war 2018 im Aargau bei den Sozialhilfebeziehenden rund dreimal grösser als in der entsprechenden Gruppe der Gesamtbevölkerung (DFR 2020).
Während rund die Hälfte aller Sozialhilfedossiers nach weniger als einem Jahr wieder abgeschlossen werden kann, ist es für Langzeitbezügerinnen und -bezüger schwierig, einen Weg aus der Sozialhilfe zu finden. So haben sich beispielsweise die Fälle mit einer Bezugsdauer von mehr als sieben Jahren seit 2008 mehr als vervierfacht. Insgesamt nehmen laufende Fälle mit mehrjähriger Bezugsdauer stärker zu als die Fälle unter einem Jahr (DFR 2019).
Ergänzende Informationen zur Sozialhilfequote liefert die Armutsquote. Diese gibt an, wie hoch der Anteil der Personen ist, die in einem Haushalt leben, dessen verfügbares Einkommen unter der Armutsgrenze liegt. Dabei werden auch arme Personen erfasst, die keine Sozialhilfeleistungen beziehen (sogenannte "versteckte" Armut) beziehungsweise die Sozialhilfe beziehen und dennoch unter der Armutsgrenze bleiben. In der Nordwestschweiz (AG, BL, BS) lag die Armutsquote 2018 mit 9,3 Prozent über dem Schweizer Durchschnitt von 7,9 Prozent (BFS 2020).
Schweizweit besonders betroffen von Armut sind Personen im Rentenalter (Armutsquote 2018: 13,7 Prozent) (BFS 2020). Der Anteil an AHV-Beziehenden, die auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind, ist in den letzten Jahren leicht angestiegen. Dafür verantwortlich sind primär steigende Gesundheits und Pflegekosten sowie höhere Wohnkosten (Höpflinger et al 2019). Einem erhöhten Armutsrisiko im Alter ausgesetzt sind Menschen mit einem tiefen sozioökonomischen Status, Frauen sowie Ausländerinnen und Ausländer (ZHAW 2018).
Indikator G2.1: Sozialhilfequote Aargau und Schweiz
Die Sozialhilfequote zeigt den Anteil der Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger an der ständigen Wohnbevölkerung.
Die Sozialhilfequote soll verringert werden.
Sozialhilfequote Aargau und Schweiz, 2004–2018
langfristig (seit 2004) | negativ |
kurzfristig (seit 2016) | unverändert |
Aktualisierung Daten 2023
Minderjährige mit sozialer Unterstützung Aargau und Schweiz, 2005–2022
langfristig (seit 2004) | unverändert |
kurzfristig (seit 2016) | positiv |
Indikator G2.2: Minderjährige mit sozialer Unterstützung Aargau und Schweiz
Der Indikator zeigt den Anteil der Kinder und Jugendlichen (0–17 Jahre) an allen Sozialhilfeempfängern.
Der Anteil Minderjähriger an allen Sozialhilfeempfangenden soll sinken.
Minderjährige mit sozialer Unterstützung Aargau und Schweiz, 2005–2018
langfristig (seit 2005) | unverändert |
kurzfristig (seit 2016) | unverändert |
Aktualisierung Daten 2023
Minderjährige mit sozialer Unterstützung Aargau und Schweiz, 2005–2022
langfristig (seit 2005) | unverändert |
kurzfristig (seit 2016) | unverändert |
Herausforderungen für das Thema Einkommen, Armut und soziale Unterstützung
- Kinder und Jugendliche, die in einkommensschwachen Haushalten leben oder Sozialhilfe beziehen, weisen tendenziell ein höheres Risiko auf, später selber auf die Sozialhilfe angewiesen zu sein (Pellegrini et al. 2011).
- Die unsichere Finanzierung der Altersvorsorge und die demografische Alterung stellt die Alterssicherung teilweise in Frage. Verbunden mit den steigenden Pflege- und Wohnkosten ist nicht auszuschliessen, dass die Altersarmut in Zukunft zunehmen wird (Rat für Raumordnung 2019).
- Die strukturellen Veränderungen im Arbeitsmarkt und die sich schnell ändernde Arbeitswelt verlangt Flexibilität und macht es für Menschen ohne Berufsbildung sowie für Menschen mit Leistungsbeeinträchtigungen schwierig, sich im Arbeitsmarkt zu halten (DGS 2015).
Quellen
Mitarbeit | |
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Referenzen |
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Für das Thema "Einkommen, Armut und soziale Unterstützung" relevantes SDG der Agenda 2030
Bericht Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau 2020
- Startseite
- Zusammenfassung
- Übersicht der drei Dimensionen
- Ergebnisse SDGs und Themenbereiche
- Aufbau und Konzept
Bericht Nachhaltige Entwicklung 2020 (PDF, 154 Seiten, 9,8 MB)
Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
Der Kanton Aargau trägt gemeinsam mit dem Bund zur Umsetzung der UNO-Agenda 2030 bei.
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