6.1 Unterstützungseinheit
In einer Unterstützungseinheit werden grundsätzlich Personen zusammengefasst, welche in einem gemeinsamen Haushalt leben und sich von Gesetzes wegen gegenseitigen Beistand schulden (Ehepartner, eingetragene Partner, Eltern mit unmündigen Kindern etc.; vgl. sinngemäss Art. 32 Abs. 3 ZUG und § 32 Abs. 3 SPV). Sie bilden in der Sozialhilfe einen Unterstützungsfall und werden gemeinsam unterstützt. Zu einer Unterstützungseinheit gehören also neben der antragstellenden Person alle mit ihr zu unterstützenden Personen. Nicht zur Unterstützungseinheit gehören jedoch insbesondere volljährige Kinder mit eigenem Unterstützungsbudget sowie unmündige Kinder, die nicht im gleichen Haushalt leben. Dies trifft beispielsweise bei dauerhaften Fremdplatzierungen zu.
Bei einer Unterstützungseinheit werden Vermögen und Einkommen aller dazugehörigen Personen berücksichtigt. Für die Sozialhilfebemessung ist der eheliche Güterstand bzw. der Güterstand der eingetragenen Partner unerheblich. Eine Gütertrennung beispielsweise kann also nicht bewirken, dass einer der Ehepartner Unterstützung bezieht und das Einkommen oder Vermögen des anderen Ehepartners nicht in die Berechnung mit einbezogen wird.
Freiwillig getrenntlebende verheiratete oder in eingetragener Partnerschaft lebende Paare
Freiwillig getrenntlebende (Ehe-)Paare führen jeweils einen eigenen Haushalt, weshalb zwei Unterstützungseinheiten bestehen und somit zwei Unterstützungsbudgets zu erstellen sind. Dabei bleiben die gegenseitigen Unterhaltspflichten bestehen und gehen der Sozialhilfe vor. Der / die freiwillig getrennte (Ehe-)Partner/in muss ihren / seinen Bedarf auf das in der Sozialhilfe geltende Niveau anpassen. Der allfällige Überschuss ist dem / der anderen (Ehe-)Partner/in zu überlassen. Mehrauslagen, welche aufgrund des Getrenntlebens entstehen, sind nur von der materiellen Hilfe zu übernehmen, wenn das Getrenntleben gerichtlich geregelt ist oder sonst wichtige Gründe dafür bestehen. Wichtige Gründe können unter anderem sein: berufliche Umstände oder wenn das Zusammenleben aus migrationsrechtlichen oder gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist. In solchen Fällen kann es ratsam sein, eine gerichtliche Festlegung von Unterhaltsbeiträgen zu verlangen.
Gerichtlich getrenntlebende Ehepartner / eingetragene Partner
Die Ehepartner können die Trennung unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der Scheidung verlangen (Art. 117 Abs. 1 ZGB). Mit der Trennung tritt von Gesetzes wegen die Gütertrennung ein. Weiter finden die Bestimmungen über Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (Art. 171 ff. ZGB) sinngemäss Anwendung (Art. 118 ZGB). Eingetragene Partner können gestützt auf Art. 17 Partnerschaftsgesetz (PartG) ebenfalls die richterliche Regelung zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts verlangen.
Bei einer gerichtlich getrennten Ehe oder Partnerschaft wird nur ein Unterstützungsbudget für die / den gesuchsstellende/n (Ehe-)Partner/in erstellt. Mittel der gerichtlich getrennten Person dürfen nur im Umfang berücksichtigt werden, wie diese gerichtlich festgelegt und auch empfangen worden sind.
Geschiedene Ehen und aufgelöste Partnerschaften
Mit der Ehescheidung wird die Ehe bzw. mit der Auflösung wird die eingetragene Partnerschaft definitiv aufgelöst, womit auch sämtliche Unterhaltspflichten untergehen. Unterhaltspflichten bestehen nur im Umfang des gerichtlich festgehaltenen Unterhalts. Jede/r Ehepartner/in bzw. eingetragene Partner/in (inkl. bei ihr / ihm lebende Kinder) bildet somit eine eigene Unterstützungseinheit. Es ist ein eigenes Unterstützungsbudget zu erstellen. Die Mittel der anderen Person sind nur im Umfang des gerichtlich festgelegten Unterhalts relevant.
Nach Brauch verheiratete Paare
Nach Brauch verheiratete Paare werden in der Schweiz nicht als verheiratet anerkannt. In der Schweiz müssen Ehen vor dem Zivilstandsamt geschlossen werden. Für die Anerkennung durch das Zivilstandsamt müssen offizielle staatliche Dokumente vorhanden sein, welche die Heirat schriftlich belegen. Folglich gelten nach Brauch Verheiratete in der Schweiz als ledig. Somit sind ihre Dossiers getrennt zu führen. Aufgrund der Heirat nach Brauch ist von einem stabilen Konkubinat nach § 12 SPV auszugehen.
Minderjährige Kinder in der Unterstützungseinheit
Kinder und ihre Eltern, die gemeinsam in einem Haushalt leben, bilden grundsätzlich eine Unterstützungseinheit und werden zusammen unterstützt. Sie stellen zusammen einen Unterstützungsfall dar (vgl. sinngemäss Art. 32 Abs. 3 ZUG). Da die Leistungen zugunsten der Kinder in einer Unterstützungseinheit nicht der Rückerstattungspflicht unterliegen (§ 20 Abs. 4 lit. a SPV, vgl. Kapitel 20.5 Umfang) und in Bezug auf die Rückerstattung von den Leistungen an die Eltern separiert zu betrachten sind, wird allerdings empfohlen, innerhalb des Sozialhilfedossiers separate Buchhaltungen für die Kinder mit entsprechenden Kopfbeträgen zu führen (vgl. Kapitel 6.2 Verbuchungsgrundsätze in der Unterstützungseinheit). Haben die Eltern keinen gemeinsamen zivilrechtlichen Wohnsitz, so hat das minderjährige Kind einen eigenständigen Unterstützungswohnsitz am Wohnsitz des Elternteils, bei dem es überwiegend wohnt (Art. 7 Abs. 2 Zuständigkeitsgesetz (ZUG), vgl. Kapitel 3.1.4 Unterstützungswohnsitz Minderjähriger). Für das Kind ist in diesen Fällen grundsätzlich ein separates Dossier zu führen, denn es bildet rechnerisch einen eigenen Unterstützungsfall (vgl. sinngemäss Art. 32 Abs. 3bis ZUG). Es kann auf das Führen eines eigenen Dossiers verzichtet werden, sofern für das Kind eine separate Buchhaltung innerhalb des Sozialhilfedossiers geführt wird (vgl. Kapitel 6.2 Verbuchungsgrundsätze in der Unterstützungseinheit). Minderjährige, die dauerhaft nicht bei den Eltern oder einem Elternteil leben (bspw. aufgrund einer Platzierung in einer Institution oder bei Pflegeeltern), begründen einen eigenen Unterstützungswohnsitz (Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG, vgl. Kapitel 3.1.4 Unterstützungswohnsitz Minderjähriger) und bilden keine Unterstützungseinheit mit ihren Eltern. Dies gilt ebenfalls für minderjährige Kinder, die unter Vormundschaft stehen oder die erwerbstätig und in der Lage sind, für ihren Lebensunterhalt selber aufzukommen (Art. 7 Abs. 3 lit. a. und b ZUG, vgl. Kapitel 3.1.4 Unterstützungswohnsitz Minderjähriger). In diesen Fällen ist für das Kind ein separater Unterstützungsfall zu führen.