INV-RAU903 Speicher bei Dorfstrasse 54, 1785 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-RAU903
Signatur Archivplan:RAU903
Titel:Speicher bei Dorfstrasse 54
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Übereckansicht von Südwesten (1997)
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Reitnau
Adresse:bei Dorfstrasse 54
Versicherungs-Nr.:55
Parzellen-Nr.:392
Koordinate E:2645876
Koordinate N:1233515
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2645876&y=1233515

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1785
Grundlage Datierung:Inschrift (Türsturz OG, Türblatt OG 1786)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Speicher

Dokumentation

Autorschaft:Melcher Baumann
Inschriften:"MELCHER BAVM[a]N[n] ZIM[mmermann] 1786 / HANSIACOB WOLF ELSBET MD" (Inschrift Türblatt OG )
Würdigung:Der 1785/86 von Zimmermann Melcher Baumann für das Ehepaar Wolf erbaute Speicher, der bereits im frühen 19.Jh. nach Norden erweitert wurde, ist ein in weiten Teilen erhaltener zweigeschossiger Bohlenständerbau mit Gehrschildwalmdach, Laubenkranz und südseitiger Giebellaube. Mit seinen reichen spätbarocken Zierformen stellt er ein bedeutendes Zeugnis der Zimmermannskunst des späteren 18.Jh. dar. Zusammen mit dem zugehörigen Meierhaus Dorfstr. 54 (Bauinventarobjekt RAU902) gehört der Speicher zu eine Baugruppe von hoher ortsgeschichtlicher Bedeutung um den kantonal geschützen Gasthof "Bären" von 1821 (Denkmalschutzobjekt RAU002). In seinem gesamten Erscheinungsbild und etlichen Holzdetails gleicht der Kernbau dieses Speichers dem zeitgleichen Speicher Vers. Nr. 44, der ebenfalls von Zimmermann Melcher Baumann errichtet wurde (Bauinventarobjekt RAU913).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der laut einer Inschrift an der oberen Speichertür 1785/86 von Zimmermann Melcher Baumann für des Ehepaar Hansjakob Wolf und Elsbeth MD errichtete Speicher gehört zum Vorgängerbau des Bauernhauses Nr.54, dem 1824 erbauten, ältesten der sogenannten "Meierhäuser" (Bauinventar RAU902) [1]. Beide Gebäude entstanden nach dem verheerenden Unwetter von 7. August 1767, von dessen Schlamm- und Gerölllawine etliche Gebäude im Bereich des Geländeeinschnitts nördlich der Mühle, u.a. das ebenfalls im Besitz von Jakob Wolf befindliche Gasthaus "Zum Bären", schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden [2].
Nur wenige Jahrzehnte nach dem Bau des Speichers, noch im frühen 19.Jh., muss die nordseitige Gebäudehälfte angefügt worden sein. Sie ist erdgeschossig als verputzter Mauerbau aufgeführt (ehemals Waschhaus), während man für das Obergeschoss und das Dachgebälk die Konstruktionsweise des Kernbaus bis hin zu den Schmuckformen übernahm und auch die traufseitigen Laubengänge weiterführte.
Beschreibung:Der dem Hauptgebäude rechtwinklig zugeordnete ehemalige Kornspeicher ist zwar von mehreren Schopf und Stallanbauten umstellt, doch bewahrt das Gehäuse des Kernbaus viel von seiner originalen Substanz. Dasselbe gilt für den Erweiterungsbau, die nördlich angefügte Speicherhälfte mit gemauertem Erdgeschoss.
Der mit einem Gehrschilddach versehene Kernbau von 1785/86 ist ein behäbiger spätbarocker Ständerbau mit ursprünglich umlaufendem Laubengang und einer zusätzlichen Laube im Giebelfeld. Den Laubengang der südlichen Stirnfront schützt ein Klebdach. Das zweigeschossige Ständerwerk ist in einen eichenen Schwellenkranz eingezäpft und stockwerkweise mittels überblatteter Kopfhölzer versteift. Die Wandfüllungen bestehen aus eingenuteten liegenden Bohlen. Der Laubenkranz ruht auf hübsch beschnitzten Bügen. Die Laubenpfosten sind mit Zierkehlen und Brettbügen versehen. Speziell zu erwähnen ist das Obergeschossfenster der östlichen Trauffassade, über dessen Gefachbreite sich ein durchlaufender, kräftig profilierter Brustriegel erstreckt. Ein feines Profil zeigen auch die Brüstungsbalken der Lauben.
Die dem Haupthaus zugewandte südliche Stirnfront ist als Eingangsseite mit einem bretterverschalten Treppenaufgang und einer Stiege zu Giebellaube und Dachraum versehen. Im Obergeschoss und im Dachraum dienten Kornbehältnisse zur Aufnahme der Getreidevorräte, während das Erdgeschoss als Wagenschopf / Remise genutzt wurde [1]. Entsprechend dieser Funktionsteilung ist denn auch die obere Speichertür mit der Bauinschrift "MELCHER BAVM[a]N[n] ZIM[mmermann] 1786 / HANSIACOB WOLF ELSBET MD" ausgezeichnet. Ungewöhnlicherweise ist die Inschrift jedoch nicht wie üblich in das Sturzholz eingekerbt, sondern in die Brettertüre, genauer in das segmentbogige Abschlussbrett der rahmenartigen, aus Eichenholz gefertigten Aufdoppelung.
Die schöne, feingliedrige Dachkonstruktion über dem Kernbau ist vollständig intakt erhalten und als Sparrendach mit Aufschieblingen auf einem von Bügen verstärkten liegenden Stuhl ausgebildet.
Seitlich kamen in jüngerer Zeit unbedeutende Anbauten hinzu, welche den Speicher umstellen, in ihrer Natur aber reversibel sind.

Der Zugang zum Obergeschoss ist ostseitig angelegt und weist ein stichbogiges Sturzholz auf. Zwei Obergeschoss- und ein Giebelfenster belichten den Anbau an seiner nördlichen Stirnfront.
Anmerkungen:[1] Hansjakob Wolf ist möglicherweise identisch mit Untervogt Wolf, der ein inteessantes und für die Dorfgeschichte sehr wichtiges Manuskript (eine Art Kapital- und Zinsbuch) hinterlassen hat. Die Handschrift mit einer Vielzahl von Eintragungen der 2.Hälfte des 18.Jh. befindet sich im Besitz der Familie Häfliger-Hunziker, Dorfstr. 15.
[2]Lisbeth Wolf, die zusammen mit Samuel Hunziker in den Initialen am Sturz des Vordereingangs zum Hauptgebäude von 1824 erscheint, war höchstwahrscheinlich die Tochter des am Speicher Vers. Nr. 55 genannten Ehepaars. Das Haus Vers. Nr. 54 und drei weitere stattliche Bauernhäuser, welche von den drei Söhnen des Ehepaars, Jakob, Johann und Samuel, errichtet wurden, heissen im Volksmund noch heute "Meierhäuser"; vgl. dazu Bauinventarobjekt RAU902.
[3] Unter den Geschädigten werden im Schadensbericht des Landvogts von Lenzburg der uns bekannte Jakob Wolf und ein Hans Lehmann genannt. In beiden Familien verloren drei Kinder durch die Gerölllawine ihr Leben; Hans und Theres Gerschwiler, Das Unwetter vom Freitag, 7. August 1767, in: Reitnauer Tagblatt. Reitnau: gestern - heute - morgen (Beilage zum Zofinger Tagblatt vom 27. Juni 1995).
[4] Dies ist auch beim erwähnten Speicher Vers. Nr. 44 (Bauinventarobjekt RAU913) und beim Stöcklispeicher Vers. Nr. 129 (Bauinventarobjekt RAU915) der Fall.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, Brandkataster, CA.0001/0641-0643, 1850 - 1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=115859
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds