INV-RAU904 Dorf 29, 1843 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-RAU904
Signatur Archivplan:RAU904
Titel:Dorf 29
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2011)
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Reitnau
Ortsteil / Weiler / Flurname:Unterdorf
Adresse:Dorf 29
Versicherungs-Nr.:29
Parzellen-Nr.:174
Koordinate E:2646017
Koordinate N:1233357
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2646017&y=1233357

Chronologie

Entstehungszeitraum:1843
Grundlage Datierung:Inschrift (Türsturz OG)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"1843"
Würdigung:Das in seinem äusseren Erscheinungsbild intakt erhaltene Bauernhaus aus dem Jahr 1843 gehört zur Gruppe der um 1840/50 von den Gebrüdern Hunziker errichteten wuchtigen "Meierhäuser". Diese repräsentativen Vielzweckbauten prägen zusammen mit dem Stammhaus in der Dorfmitte (Bauinventar RAU902) bis heute das Ortsbild von Reitnau und zeugen von der bernisch beeinflussten Baukultur der bäuerlichen Oberschicht in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Erbauer des von1843 datierenden Bauernhauses waren Johann Hunziker (1808-1878) und seine aus Attelwil stammende Ehefrau Henriette Morgenthaler (1810-1893). Das stattliche Gebäude gehört zu den sogenannten "Meierhäusern", einer Gruppe von behäbigen, grosszügig angelegten Vielzweckbauten, welche um 1840/50 von den drei Gebrüdern Jakob, Johann und Samuel Hunziker in Reitnau errichtet wurden [1]. Die im Volksmund noch lebendige Bezeichnung "Meierhäuser" geht darauf zurück, dass die Vorfahren der Familie als Meier die niedere Gerichtsbarkeit des Dorfes ausübten und den Zehnten für das im Gasterland gelegene Frauenkloster Schänis einzogen, dem Dorf und Kirche früher gehörten [2]. Die in kurzem zeitlichem Abstand 1843 und 1850 errichteten "Meierhäuser" Nr.29 und Nr.15 (Bauinventar RAU905) im Unterdorf sind sich in ihrem wuchtigen bernischen Habitus sehr ähnlich, so dass wir für beide denselben Baumeister annehmen dürfen [3].
Johann Hunzikers Sohn Samuel und dessen gleichnamiger Enkel, beide lange Jahre als Gemeindeammänner tätig, führten den Betrieb weiter. Zum Gehöft gehörte ein kurz nach 1950 abgebrochener Steinspeicher mit Treppengiebel, ursprünglich wohl ein Kornspeicher des Stifts Schänis [4]. Die Funktion dieses Speichers hat ein 1880 von Samuel Hunziker errichtetes Nebengebäude (Vers. Nr. 30) übernommen. Der parallel zum Hauptgebäude gestellte Bau ist teilweise gemauert, teilweise als Ständerkonstruktion erstellt und diente zusätzlich als Ofenhaus (mit Gewölbekeller), Schopf und Werkstatt. Auf dem Türsturz sind die Initialen "SA HU" für Samuel Hunziker und das Baudatum 1880 zu lesen. Kurz nach 1950 kam die Familie Hochuli in den Besitz des Gehöfts und liess die Ökonomie vergrössern und modernisieren.
Beschreibung:Ein steilgiebliges Gerschilddach zieht sich über den nach Südosten blickenden Wohnteil und die modernisierte Ökonomie. Die Ründe über dem zweigeschossigen, von Eckquadern gefassten Wohnteil ruht auf Bügen, die mit einem Zick-Zack-Rillenmotiv beschnitzt sind [5]. Am grosszügig angelegten Wohnteil fällt das spätklassizistisch strenge Fassadenbild auf. Die Strassenfront zählt fünf regelmässig angeordnete Fensterachsen, die Giebelfront deren vier, während der rückwärtigen Trauffassade eine Obergeschosslaube vorgelagert ist (Baudatum 1843 am Laubentürsturz).
Die Raumeinteilung im Erdgeschoss folgt dem üblichen Schema mit querlaufendem Gang neben dem Tenn sowie vierteiligem Grundriss mit Stube / Nebenstube im Vorderhaus und Küche / Kammer im Hinterhaus.

Ein neben der Küche gelegenes Treppenhaus führt in das etwas stärker veränderte Obergeschoss. Ein L-förmiger Flur erschliesst hier nebst mehreren Schlafräumen auch eine schmale Knechtenkammer über dem unteren Hausgang, eine Schnapskammer und einen Abstellraum beherbergte. In der unteren Stube haben sich Reste des eichenen Biedermeier-Wandtäfers erhalten. Zu den beiden tonnengewölbten Kellern, die sich quer zur Firstrichtung unter dem Wohnteil erstrecken, führt rückwärtig je ein Aussenzugang (Inneres gemäss Kurzinventar von 1997).
Anmerkungen:[1] Von den bemalten Frieskacheln eines inzwischen abgegangenen Kachelofens trug eine die Inschrift "Gebrüder Samuel, Jakob und Johann Hunziker 1846"; Notizen zur Kunstdenkmäler-Inventarisation ca. 1947/48.
[2] Suter, 1933, S.16ff.
[3] Samuel Hunziker ist der weiter südlich im Unterdorf stehende, in das Jahr 1850 datierte Vielzweckbau Nr.15 (Bauinventar RAU905) zuzuordnen. Für Jakob Hunziker dürfte um 1850 das Bauernhaus Nr.43 (Bauinventar RAU909) erbaut worden sein. Die drei Gebrüder Hunziker waren Söhne von Samuel Hunziker und Elisabeth Wolf, welche sich im Jahr 1824 oberhalb des Gasthauses "Zum Bären" das behäbige spätbarocke Bauernhaus Nr.54 (Bauinventar RAU902) hatten erbauen lassen (Der Hunziker-Stammbaum ist im Besitz von Fam. Häfliger-Hunziker, Dorfstr.15). Elisabeth Wolf war höchstwahrscheinlich eine Tochter oder Enkelin von Untervogt Wolf (vgl. Speicher Nr.55, Bauinventar RAU903), der ein interessantes und für die Dorfgeschichte sehr wichtiges Manuskript (eine Art Kapital- und Zinsbuch) hinterlassen hat. Die Handschrift mit einer Vielzahl von Eintragungen der 2.Hälfte des 18.Jh. befindet sich im Besitz der Familie Häfliger-Hunziker, Dorfstr.15.
[4] Stettler, 1948, S.292; das nördlich des Bauernhauses stehende, baulich mehrfach veränderte Gebäude (Initialen G VW an Eckstein), diente bis 1880 als Kornspeicher, später richtete man darin eine Käserei ein.
[5] Vergleichbar sind auch die Büge des dritten "Meierhauses" (Bauinventar RAU909) und des Bauernhauses Nr.132 (Bauinventar RAU916).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, im Situationsplan erwähnt.
Literatur:- Dr. E. Suter (Wohlen), Der Meyerhof zu Reitnau, in: Jahresbericht der Vereinigung für Heimatkunde des Suhrentals 1 (1933), S.16ff.
- Michael Stettler, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1948.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, Brandkataster, CA.0001/0641-0643, 1850 - 1938.
- Hunziker-Stammbaum, im Besitz von Fam. Häfliger-Hunziker, Dorfstr.15.
- Kapital- und Zinsbuch von Untervogt Wolf, im Besitz von Fam. Häfliger-Hunziker, Dorfstr.15.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=115860
 

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