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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1907 |
Grundlage Datierung: | Brandkataster |
Nutzungen: | Bis 2002 Vereinshaus der Methodisten |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Sakrale Bauten und Anlagen |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Kapelle |
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Dokumentation |
Würdigung: | Das ehemalige Vereinshaus der Evangelisch-methodistischen Gemeinschaft ist mit seinem zweiteiligen Nutzungskonzept, welches die Kapelle im Erdgeschoss mit einer Pfarrwohnung im Obergeschoss kombiniert, ein typisches Beispiel für die Architektur religiöser Gruppierungen vom späten 19. bis mittleren 20. Jh. Zusammen mit der in genau umgekehrter Weise organisierten Chrischona-Kapelle von 1877 (Bauinventarobjekt REI921), zeugt es von Reinachs Tradition als Standort zahlreicher religiöser Bewegungen. Das Gebäude hat sich am Äusseren nahezu intakt erhalten und mit Stuckdecken, Treppenhaus und Türen auch im Innern einige historische Substanz bewahrt. Mit seiner markanten, wohlproportionierten Volumetrie setzt es einen spannungsvollen Akzent an der Alten Strasse. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Vom frühen 19. bis ins 20. Jh. siedelten sich in Reinach verschiedene religiöse Gemeinschaften an, welche ihre Versammlungen teils in privaten Häusern, teils in eigens dafür erstellten Vereinshäusern abhielten [1]. Die Evangelisch-methodistische Gemeinschaft in Reinach liess 1907 an der Alten Strasse ein Vereinshaus errichten, das nach einem damals bei religiösen Gemeinschaften geläufigen Prinzip mit Versammlungssaal bzw. Kapelle im Erdgeschoss und einer Wohnung für das Pfarrerehepaar im Obergeschoss angelegt war [2]. Im Jahr 1987 erfolgte eine Renovation des Gebäudes sowie eine ostseitige Erweiterung der Gemeinschaftsräume durch einen eingeschossigen Anbau (nicht Teil des Schutzumfangs). Möglicherweise ging schon damals das aufgemalte Ornamentfries an der Dachuntersicht des Turms verloren. 2002 wurde der Bezirk Reinach der Evangelisch-methodistischen Kirche aufgelöst und die Liegenschaft in der Folge veräussert. Das Erdgeschoss mit den ehemaligen Gemeinschaftsräumen dient heute als Kindertagesstätte, während im Obergeschoss und unteren Dachgeschoss je eine Wohnung eingerichtet ist. |
Beschreibung: | Das ehemalige Vereinshaus der Evangelisch-methodistischen Kirche befindet sich an zentraler Lage, jedoch abseits der heutigen Hauptachse, am alten Strassenlauf. Es erhebt sich zweigeschossig unter einem knappen, steilen und am Fuss geknickten Satteldach, welches noch mit alten Biberschwanzziegeln eingedeckt ist. Das überhohe Erdgeschoss mit den traufseitig und an den Ecken angedeuteten Strebepfeilern sowie der halbrund vorkragende Eckturm im Nordwesten verhelfen dem Bau zu einer schlösschenartigen Erscheinung. Passend dazu ist der niedrige Kellersockel am Putz mit einem Fugenstrich versehen. Der Baukörper zeigt traufseitig eine vierachsige, stirnseitig je nach Geschoss und Ausrichtung eine zwei-, drei- oder vierachsige Gliederung. Hohe schlanke Rundbogenfenster, welche die Lage der Gemeinschaftsräume bezeichnen, durchsetzen die südliche und nördliche Trauffassade am Erdgeschoss in regelmässigen Abständen. Stirnseitig ist ein gekuppeltes Fensterpaar mit Rundbogen und Kunststeinsäule eingelassen. Ein kräftiges umlaufendes Sohlbankgesims bildet die Abgrenzung zum Obergeschoss, wo sich die Wohnräume befinden. Hier sind die Fenster als gewöhnliche Rechtecklichter mit Jalousieläden gestaltet, welche traufseitig die axiale Gliederung vom Erdgeschoss übernehmen. In der südöstlichen Ecke ist eine Loggia angelegt. Zahlreiche Fenster befinden sich auch am unteren Dachgeschoss, welches nach Süden und Norden zusätzlich über je zwei kleine Lukarnen belichtet wird. Die ostseitigen Fenster, welche zusammen mit dem darüber liegenden Giebelfenster noch als einzige die bauzeitlichen Holzläden mit vergitterter Lüftungsöffnung besitzen, werden von einem gesimsartig durchlaufenden Fenstersturz zusammengefasst. Originelle Fensterformen finden sich auch nordseitig am Obergeschoss, wo die Nasszellen kleine Rechtecklichter mit integriertem Okulus besitzen. Am polygonalen Mauerabschluss des Turm sind kartuschenartig geschweifte Fenster eingelassen. Die noch mehrheitlich aus der Bauzeit stammenden Fenstergewände mit wulstigen bzw. karniesförmigen Gesimsen sind aus qualitätsvollem Kunststein gefertigt. Die Hauseingänge zur Wohnung und zum separat erschlossenen Erdgeschoss sind in der Ecke zwischen Ostfassade und Turmflanke angelegt. Über vier Treppenstufen gelangt man auf ein erhöhtes Podest mit schützendem Vordach, das auf der Unterseite mit einer einfachen Kassettierung aus Holz versehen ist. Stütze, Brüstung und beide Türrahmen, welche seitlich die Gestalt von Bündelpfeilern haben, sind aufwändig in Kunststein gearbeitet. Die Türblätter sind mit geschweiften Aufdoppelungen und sprossierten Fenstern versehen. Durch den Eingang geradeaus betritt man einen Stichgang, der den grossen Gemeindesaal im Nordosten und einen Nebenraum in der Südwestecke erschliesst. In beiden Räumen haben sich an den Gipsdecken rahmende Profilstäbe erhalten, im Saal zusätzlich ein grosser Deckenspielgel. Die Haustür links öffnet sich auf das originale Treppenhaus im Turm, das den Zugang zum Keller wie auch zu den oberen Geschossen gewährt. In der ehemaligen Pfarrerwohnung im ersten Obergeschoss verteilen sich die Zimmer beidseits eines langen, in Firstrichtung verlaufenden Stichgangs. Von der ursprünglichen Ausstattung haben sich die Türen samt Türrahmen und Klinken erhalten. Räume im unteren Dachgeschoss nicht gesehen. Die Materialisierung und Gestaltung zeigt, dass das ehemalige Vereinshaus der Evangelisch-methodistische Gemeinschaft bei seiner Erbauung 1907 nach modernen Vorstellungen realisiert wurde. So kamen beispielsweise im Keller für die Decke vorfabrizierte Träger aus Stahlbeton zum Einsatz. Modern gestaltete Details sind die durchlaufenden Gesimse aus Kunststein, welche das Fallrohr ringförmig elegant umfassen. Gleiches gilt für die gewändelosen Fensteröffnungen am Erdgeschoss und Turm, einem verbreiteten Merkmal des Neuen Bauens in den 1920er und 30er Jahren. |
Anmerkungen: | [1] Steiner 1995, S. 526-528. [2] Vgl. dazu die umgekehrte Variante mit Wohnung im Erdgeschoss und darüber angelegter Kapelle beim Chrischona-Vereinshaus (Bauinventarobjekt REI921). |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Literatur: | - Peter Steiner, Reinach. 1000 Jahre Geschichte, Reinach 1995, S. 526-528. |
Quellen: | - http://emknews.umc-europe.org/2002/juni/10-01.php |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=121997 |
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