INV-REI943 Zigarrenfabrik "Geiser", 1890 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-REI943
Signatur Archivplan:REI943
Titel:Zigarrenfabrik "Geiser"
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2011)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Reinach (AG)
Adresse:Hauptstrasse 41-43
Versicherungs-Nr.:788, 502
Parzellen-Nr.:1362
Koordinate E:2656393
Koordinate N:1233810
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2656393&y=1233810

Chronologie

Entstehungszeitraum:1890
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Fabrikgebäude, Manufakturgebäude

Dokumentation

Würdigung:Die ehemalige "Tabak- und Cigarrenfabrik J. G. Geiser A. G." steht mit ihrer interessanten, schrittweisen Entwicklungs- und Besitzergeschichte stellvertretend für viele kleine Industriebetriebe stehender Bauzeuge. Sie vereint drei architektonisch unterschiedlich gestaltete Teile, welche die Ausbauschritte der Anlage noch immer nachvollziehbar machen. Neben der Fassadengestaltung und den konstruktiven Teilen haben sich u. a. der Eingang von 1909 (schöne Heimatstil-Tür mit schmiedeeisernen Beschlägen), das Treppenhaus, einige Türen sowie im Obergeschoss von Teil A eine gusseiserne Mittelsäule erhalten. Die Anlage besitzt heute aufgrund ihrer platzbildenden Funktion im städtebaulichen Kontext einen hohen Situationswert.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der dreiteilige, etwas von der Hauptstrasse zurückversetzte Fabrikkomplex verdankt seinen winkelförmigen Grundgriss dem Umstand, dass er um ein Bauernhaus (1980 abgebrochen) herum gebaut werden musste (vgl. Ansicht von 1960, Fotodokumentation) [1]. Ursprung war eine Scheune hinter dem Bauernhaus (A), an welche 1868 ein Fruchtmagazin angefügt wurde (B). 1890 erwarb der Zigarrenfabrikant Jakob Schmidlin die Gebäude baute sie zu einem Magazin mit Werkstätte (A) sowie zu Arbeitslokalen mit Tröckne und Dampfheizung (B) um [2]. 1908 wurde der Komplex vom Zigarrenfabrikanten J. G. Geiser übernommen und das Magazin (A) im Geschmack des Heimatstils umgestaltet, während das Arbeitslokal mit Tröckne seine historistische Fassadengestaltung mit Staffelfenster im Giebel behielt. 1920 erweiterte Geiser die Fabrikanlage durch einen winkelförmig vorangestellten, mit der Stirnfront zur Hauptstrasse orientierten Neubau (C). Die ganze Fabrik ging 1926 an die Vereinigten Tabakfabriken AG in Solothurn und später an die Burger Söhne über, welche den Betrieb in der Geiser-Fabrik 1977 einstellten [3]. Heute werden die Räume u.a. von einem Kostümverleih mit Nähatelier, einer Tanzschule sowie von Vereinen genutzt.
Beschreibung:Winkelförmige Anlage, die mit einem schmalen, länglichen Baukörper unter steilem, geknickten Satteldach zur Strasse hin orientiert ist und sich mit einem abgewalmten Längsarm nach Süden erstreckt. In der rückwärtigen Ecke ist ein drittes Gebäude mit ebenfalls nord-süd-gerichtetem First und geknicktem Satteldach dazwischen gesetzt. Jeder der drei Baukörper ist zweigeschossig aufgeführt und grob verputzt. In der Höhe und in der architektonischen Gestaltung unterscheiden sie sich jedoch und wiederspiegeln die in Etappen erfolgte Umnutzung und Erweiterung des Komplexes als Zigarrenfabrik.
Das Erscheinungsbild der Anlage prägt vor allem der jüngste, giebelständige Baukörper, der 1920 unter Verwendung expressiver neubarocker Stilelemente errichtet wurde. Die grosszügigen Fensteröffnungen, welche das Obergeschoss als Hauptgeschoss auszeichnen, sind im oberen Teil der Gewände mit einem strahlenförmigen Fugenstrich und schräg geschnittenen Schlusssteinen gestaltet. Im Erdgeschoss sind die unregelmässig verteilten Fenster weniger hoch und etwas einfacher gehalten. Ein geschwungener Sturz auf der strassenseitigen Stirnfront verrät, dass sich hier wie im Süden ehemals ein direkter Eingang befand. Im Giebelfeld waren einst drei Okuli eingelassen, von welchen sich dasjenige unter dem First erhalten hat (vgl. Ansicht um 1930, Fotodokumentation). Das steile, in der Mitte geknickte Satteldach trägt noch die bauzeitliche Doppeldeckung aus Biberschwanzziegeln und wird von einem profilierten Traufgesims begleitet. Es ist an der Stirnfront mit einem vorspringenden, verkröpften Gehrschild akzentuiert, welcher in eine turmspitzenartigen Erhöhung mit schmiedeeisernem Aufsatz ausläuft. Beidseits des Firsts sorgt ein schmaler, zweigeschossiger Quergiebel mit geschweiftem Satteldach für die Belichtung der Dachräume.
Der nach Süden anschliessende Querbau von 1908 zählt ebenfalls drei auf fünf Achsen, die von breiten Fenstern mit durchlaufendem Sohlbankgesims am ersten Obergeschoss eingenommen werden. Der Dachraum wird durch ein dreiteiliges Fenster im Giebelfeld sowie traufseitige Ochsenaugen belichtet, welche in die Hohlkehle unter dem Dach geschnitten sind. In der nördlichsten Fensterachse liegt hofseitig der Haupteingang des Gebäudekomplexes, während das Treppenhaus in der rückseitigen Verlängerung als Seitenrisalit mit geradem Satteldach in Erscheinung tritt. Im Schutz des breiten, auf geschnitzten Konsolen ruhenden Vordachs hat sich die bauzeitliche Eichentür mit handgeschmiedeten Fischbändern und einem schuppenförmigen Fenster mit Gitter im geometrischen Jugend- bzw. Heimatstil erhalten.
Der etwas versteckte älteste Baukörper von 1890 gestaltet sich unter einem geknickten Satteldach asymmetrisch mit unregelmässig verteilten Rechteckfenstern und Türen, was auf nachträgliche Veränderungen zurückzuführen ist. Die Erdgeschossfenster sind auf der Rückseite als Zwillingsfenster ausgebildet. Einzig im Giebelfeld des schlichten Gebäudes kommen die historistischen Tendenzen der Entstehungszeit in Form eines neugotischen Staffelfensters und einer Lünette zum Ausdruck.
An Ausstattungsteilen haben sich im Innern das Treppenhaus mit bauzeitlichem Zementfliesenboden, hölzerner Wangentreppe mit gedrechselten Staketen und Antrittspfosten sowie teilweise ältere Füllungstüren erhalten. Im Obergeschoss des südlichen Flügels steht mitten im Raum eine gusseiserne Säule mit üppig verziertem Kapitell als Unterzugsstütze.
Anmerkungen:[1] Rekonstruktion der Baugeschichte gemäss Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938.
[2] Steiner 1995, S. 409.
[3] Steiner 1995, S. 599.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Literatur:- Peter Steiner, Reinach. 1000 Jahre Geschichte, Reinach 1995, S. 409, 599 (Abb.).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938.
- Historische Vereinigung Wynental, Fotoarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=121998
 

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