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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1893 |
Grundlage Datierung: | Brandkataster |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Wohnhaus |
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Dokumentation |
Autorschaft: | Gottlieb Gautschi |
Würdigung: | Arbeiterhaus mit zwei Stockwerkswohnungen und kleinem Ökonomietrakt, das durch eine differenzierte Raumstruktur und geschickte Ausnutzung des bescheidenen Volumens überzeugt. Der Bau konnte bis heute seine äussere Erscheinung mit zeittypischen Details bewahren und weist im Innern mit Sichtbalkendecken, Täfer und Füllungstüren noch wesentliche Teile der ursprünglichen Ausstattung auf. Damit ist das Arbeiterhaus das letzte weitgehend intakt erhaltene Einzelobjekt dieses wirtschafts- und sozialgeschichtlich aussagekräftigen Quartiers. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das Arbeiterhaus mit zwei Stockwerkswohnungen und gemeinsamer Erschliessung (Hauseingang und Treppenhaus) wurde 1893 von Gottlieb Gautschi mit spekulativen Absichten erstellt und noch im selben Jahr an den Kaminfeger Samuel Haller verkauft [1]. Es gehört zu einer Gruppe von insgesamt zehn Häusern gleichen Typs, die zwischen 1886 und 1894 auf diese Weise an der Florastrasse und Baselgasse entstanden und den Charakter des neuen Quartiers prägten. Von Gautschi, der als Fuhrmann in Basel tätig war, leitete sich in der Folge auch der Name "Baselgasse" ab. |
Beschreibung: | Das Arbeiterhaus säumt mit einem gleich konzipierten Gebäude die Westseite der Florastrasse, welche bis zur Bebauung der angrenzenden Grundstücke nur als schmaler Verbindungsweg zwischen Sandgasse und Baselgasse bestand. Der aus verputztem Fachwerk unter geradem Satteldach erstellte Bau ist eingeschossig, wobei zwei mittig angelegte Giebelaufbauten im originalerweise ausgebauten Dachgeschoss zusätzlichen Raum schaffen. Im nördlichen Drittel befindet sich eine bretterverschalte Scheune mit grossem bauzeitlichem Scheunentor, welche an der nördlichen Giebelseite nachträglich mit Faserzementschindeln verkleidet wurde. Über die Rückfront des Hauses zieht sich eine laubenbreite Raumschicht, die ehemals als reine Holzkonstruktion nur den unteren Wohnteil umfasst haben dürfte und bei der späteren, evtl. in Etappen erfolgten Erweiterung wohl im frühen 20. Jh. ebenfalls mit Faserzementschindeln verkleidet wurde [2]. Der über einem niedrigen Kellersockel leicht erhöhte Hauseingang ist unmittelbar neben dem Scheunentrakt angelegt. Über eine der Fassade entlanggeführte, gemauerte Treppe mit bauzeitlichem Eisengeländer erreicht man ein Podest, das von einem Blechdach mit schmiedeeisernem Zierwerk geschützt wird. Das bauzeitliche Türblatt ist in historistischer Manier mit Füllungen und Aufdoppelungen versehen und besitzt ein kunstvoll vergittertes Türlicht. Der hölzerne Türrahmen wird in gleicher Weise von profilierten Leisten begleitet wie die Einfassungen der Fenster. Letztere sind am Wohnteil in stirnseitig zwei auf traufseitig vier Achsen angelegt, wobei der Quergiebel drei Achsen einnimmt. Zu den sechsteilig sprossierten Fenstern, welche teilweise über Lüftungsflügel verfügen, haben sich noch die alten Vorfenster und teilweise Holzläden mit Jalousien erhalten. Das in seinem Volumen bescheidene Arbeiterhaus birgt zwei Stockwerkswohnungen mit gemeinsamem Erschliessungsbereich. Durch den vorderen Hauseingang gelangt man in einen durchlaufenden Gang mit integrierter Holztreppe ins Obergeschoss. Geradeaus führt eine Tür in die ausgebaute Laube, wo sich auch die Toilette befindet, und von dieser durch den Hinterausgang in den Garten. Trotz kleinräumiger Verhältnisse findet sich die übliche Vierteilung des Grundrisses mit Stube und Nebenstube im ostseitigen, zur Strasse orientierten Vorderhaus sowie Küche und Hinterstube nach Westen zum Garten. Während vor allem in einigen Haupträumen die Decken und teilweise auch die Wände nachträglich neu verkleidet wurden, bergen andere Räume noch schlichtes Feldertäfer und Sichtbalkendecken aus der Bauzeit. Im Obergeschoss hat sich ein für einfachere Ausstattungen typisches Täfer aus überschobenen Brettern erhalten. Vorhanden sind auch zahlreiche originale Füllungstüren. Trotz kleinerer Um- und Einbauten gibt das Arbeiterhaus noch ein authentisches Bild von den ursprünglichen Wohnverhältnissen wieder. Das Gebäude verfügt über zwei Tremkeller (Keller mit Balkendecken). Dank grosszügig dimensionierter Aufzugsöffnungen in den Giebelfeldern eignet sich der niedrige Dachboden zur Lagerung von Brennholz und anderem Material. Die Rafen, welche aussen am Bau wie die Pfetten mit dekorativ ausgesägten Balkenköpfen zutage treten, ruhen auf Mittel- und Fusspfetten, wobei der Dachboden auf Höhe der Mittelpfette eingezogen ist. Die Scheune, welche auch zur Haltung von Kleinvieh genutzt werden konnte, der Nutzgarten und der unter der Laube untergebrachte Schweinestall zeugen von der Selbstverständlichkeit, mit der im späten 19. Jh. noch ein Stück weit Selbstversorgung betrieben wurde. Zur Strasse hat sich die aus einem zeittypischen Eisenzaun bestehende originale Einfriedung erhalten. |
Anmerkungen: | [1] Zusammen mit Baumeister Giger war Gautschi der erste Bauherr in Reinach, der in dieser Art Häuser als Spekulationsobjekte errichtete. Steiner 1995, S. 541. [2] Vgl. die frühere Ansicht eines Arbeiterhauses an der Baselstrasse in der Fotodokumentation. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Literatur: | - Peter Steiner, Reinach. 1000 Jahre Geschichte, Reinach 1995, S. 541. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0261-0264: Brandkataster Gemeinde Reinach 1850-1938. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=121999 |
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