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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 19th cent. |
Grundlage Datierung: | Schätzung |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
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Schutz / Status |
Status Bauinventar: | Neuaufnahme Bauinventar 2014 |
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Dokumentation |
Inschriften: | "S 1870 K" (Kellereingang); "1880" (Hauseingang) |
Würdigung: | Stattliches steinernes Bauernhaus aus der Zeit um 1870/80, das in seiner Grundanlage auf einen hölzernen, strohgedeckten Vorgängerbau zurückgeht. Das Gebäude steht stellvertretend für die im Laufe des 19. Jahrhunderts in der Region erfolgte Ablösung der hölzernen Strohdachhäuser durch ziegelgedeckte Mauerbauten. In der Raumkonstellation mit strassenseitigen Wohnräumen, mittiger Küche und rückwärtigem, halbgeschossig versetztem und mit einem Gewölbekeller ausgestatteten „Stock“ (= massiv gemauerter, feuersicherer Einbau in strohgedeckten Holzhäusern) ist das Gebäude noch dem Typus des Strohdachhauses verpflichtet. Demgegenüber zeigt es ein unverwechselbares spätklassizistisch-biedermeierliches Fassadenbild aus dem 19. Jahrhundert. Als Zeuge der alten Wohnungsausstattung ist in der Stube ein hellblauer Kachelofen mit Sitzkunst und in der Küche ein Eisenherd mit Rauchfang erhalten. Das grosszügige, gepflegte Gebäude mit vorgelagertem Bauerngarten ist prägender Bestandteil der zeilenförmigen historischen Bebauung von Untermuhen. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das Gebäude weist eine interessante, wenn auch nicht in allen Teilen geklärte Baugeschichte auf. In den ersten Brandkatastereinträgen von 1809 und 1824 wird es als „Haus und Scheuerwerk von Holz nebst einem gemauerten Stock, mit Strohdach“ aufgeführt. Als erster Eigentümer ist 1809 Bernhard Hilfiker, Schmid, überliefert [1]. Schwach erkennbare Initialen "RH" an einer Binnenmauer dürften auf dessen Sohn Rudolf Hilfiker verweisen, der 1820 nach einer eigentumsrechtlichen Aufteilung als Miteigentümer aufgeführt wird (siehe Bilddokumentation). 1822 gelangte die Liegenschaft an Samuel Künzli, in dessen Familie sie bis ins 20. Jh. verblieb. Vom einstigen Strohdachhaus ist die Grundanlage des Wohnteils mit strassenseitigen Wohnräumen, mittiger Küche und rückwärtigem, halbgeschossig versetztem „Stock“ erhalten [2]. Ebenso wurden vereinzelte rauchgeschwärzte Dachhölzer bei der späteren Erneuerung des Dachgerüstes wiederverwendet. Im Laufe des 19. Jh. fand dann eine kontinuierliche Umwandlung des vormals hölzernen Strohdachhauses zum bestehenden biedermeierlichen Mauerbau statt, ein Vorgang, der für die Region als typisch zu bezeichnen ist. Vorerst wohl wurde der Wohnteil gänzlich aufgemauert und mit einer charakteristischen axialen Befensterung versehen. Diese vermutlich über mehrere Jahre sich hinziehende Veränderung ist am Kellereingang mit "S 1870 K" (SK = Samuel Künzli) und am Hauseingang mit "1880" dokumentiert. Aus der gleichen Zeit dürften der hellblaue Kachelofen mit Sitzkunst in der Stube und der eiserne Sparherd in der Küche stammen. Der Wechsel des Dachbelages von Stroh auf Ziegel ging laut Brandkataster etwas später, um 1900, vor sich. Damit verbunden war eine namhafte Erhöhung des Versicherungswertes von 5‘100 Fr. auf 15‘200 Fr. Damals erhielt das Haus eine neue Dachform und Konstruktion, unter teilweiser Wiederverwendung der alten, rauchgeschwärzten Rafen. Ebenfalls in dieser Zeit ist die Neugestaltung des Scheunentrakts mit Tenn, Stall, Futtertenn und Remise zu vermuten. Eine lokalgeschichtliche Randnotiz bildet die Erwähnung des Muhener Kartonfabrikanten Emil Knoblauch als Eigentümer der Liegenschaft um 1925 [3]. Ob Knoblauch tatsächlich hier gewohnt hat, muss an dieser Stelle offen bleiben. |
Beschreibung: | Das grossvolumige Gebäude steht, um eine Gebäudetiefe zurückversetzt, in West-Ost-Ausrichtung traufständig zur Hardstrasse. Es ist Teil einer alten zeilenartigen Bebauung in Untermuhen, die sich vom Schwabistal her als Querriegel in die Schwemmlandebene des Suhrentals erstreckt. In unmittelbarer Nachbarschaft sind mit dem Strohdachmuseum (Kantonales Denkmalschutzobjekt MUH004) und dem Bauernhaus Hardstrasse 10 (Bauinventarobjekt MUH902) zwei weitere, historisch wertvolle ländliche Bauten erhalten. Wohn- und Ökonomieteil ruhen unter einem grossflächigen, durch keinerlei Aufbauten gestörten Satteldach. Der massiv gemauerte Wohnteil zeigt an der südlichen, strassenzugewandten Schaufront fünf regelmässig verteilte Fensterachsen, während die ebenso stattliche Stirnfront dreiachsig ausgebildet ist. Die Hausecken sind mit aufgeputzten Eckquadern gefasst, die Fenstergewände bestehen aus sorgfältig behauenem Muschelkalk. Dasselbe gilt für den scheunenseitig gelegenen Hauseingang, welcher am Sturz die Jahreszahl „1880“ trägt und das originale Türblatt mit eiserner Fenstervergitterung bewahrt. Das Hausinnere erschliesst ein dem Tenn entlang verlaufender Quergang, in dessen rückwärtigem Bereich sich der Treppenaufgang ins Obergeschoss und der Zugang in den unter dem „Stock“ gelegenen, halbgeschossig eingetieften Gewölbekeller befinden. Beim Kellereingang handelt es sich um ein grosszügiges, leicht abgefastes Rechteckportal mit der oben erwähnten Sturzinschrift "S 1870 K". Die Küche ist in der typischen Konstellation der älteren Häuser als unter dem First verlaufender Mittelkorridor ausgebildet. Rückwärtig schliesst der Bereich des „Stocks“ an, während auf der strassenseitigen, südgerichteten Vorderfront die Hauptwohnräume Stube und Nebenstube (heute zusammengelegt) angeordnet sind. Als zeittypische Wohnungsausstattung des 19. Jh. hat sich in der Stube ein hellblauer, mit weissem Kranzgesims versehener Biedermeier-Kachelofen samt zugehöriger Sitzkunst erhalten. Das küchenseitige Pendant bildet der eiserne Kochherd mit Rauchfang und seitlicher Kachelofeneinfeuerung. Im Obergeschoss, welches zeitweise wohl als eigenständige Wohnung genutzt wurde, befindet sich ein typengleicher hellblauer Sitzofen biedermeierlicher Prägung. Östlich schliesst an den Wohnteil ein ausgedehnter Ökonomietrakt in der Abfolge Tenn, Stall, Futtertenn und Remise an, welcher den gehobenen sozialen Status der früheren Eigentümer vor Augen führt. Als Gerüstkonstruktion mit bretterverschalten Aussenwänden, grossflächigen hölzernen Toren und in Mauerteilen am Stall zeigt er eine zeittypische, schnörkellose Gestaltung des späteren 19. Jh., welche aber auffallend sorgfältig ausgeführt ist. Im grosszügig dimensionierten Stall hat sich mit dem Läger aus gerippten Tonplatten und der Futterkrippe mit Holzgitter eine zeittypische Ausstattung aus dem frühen 20. Jh. erhalten. Nördlich schliesst an den Hauptbaukörper ein Schopfanbau jüngeren Datums an (kein Bestandteil des Schutzumfangs). Der südlich vorgelagerte Bauerngarten und der umgebende Baumbestand tragen zum authentischen Erscheinungsbild der ländlich-bäuerlichen Liegenschaft bei. |
Anmerkungen: | [1] Staatsarchiv Aargau, ZwA 1936.0001/0220-0223: Brandkataster 1809-1899. [2] Insofern bestehen in der Grundanlage gewisse Ähnlichkeiten zum benachbarten Strohdachmuseum (Kantonales Schutzobjekt MUH001). Vgl. Räber 2002, S. 284 (Abb. 567). [3] Die Kartonfabrik in Muhen wurde 1852 von Jakob Knoblauch gegründet und später durch den Sohn Emil Knoblauch (geb. 1880) weitergeführt. In einem Brandkatastereintrag von 1925 wird Emil Knoblauch als Eigentümer der Liegenschaft Hardstrasse 20 verzeichnet. |
Literatur: | - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002. - Heinz Baumann/Walter Widmer, Weisch no? Alte Photographien aus dem Uerken-, Suhren- und Ruedertal, Schöftland 1981, S. 125. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, ZwA 1936.0001/0220-0223: Brandkataster 1809-1899; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0022: Brandkataster Muhen 1899-1938. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=126310 |
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