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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1827 - 1828 |
Grundlage Datierung: | Literatur |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Repräsentatives Wohnhaus, Villa |
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Dokumentation |
Würdigung: | Prominent über dem Dorf gelegenes klassizistisches Bürgerhaus, das 1827-28 durch Fürsprecher Johann Dössekel erstellt wurde. Der Aufenthalt des deutschen Dichters Josef Viktor Scheffel 1864-65 verhalf der Liegenschaft zur volkstümlichen Bezeichnung "Scheffelhaus". Das Gebäude hat sein äusseres Erscheinungsbild, die innere Raumstruktur und wesentliche Teile der historischen Ausstattung bewahrt. Die illustre Besitzergeschichte und das hohe Mass an Authentizität machen das Haus zu einem wertvollen Zeitzeugen der ländlichen Oberschicht. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das stattliche Landhaus wurde 1827-28 durch Fürsprecher, Grossrat und Nationalrat Johann Dössekel (1789-1853) – angeblich anstelle eines alten Strohdachhauses – erstellt [1]. Sein Sohn, der Literat und Oberrichter Johann Eduard Dössekel, war mit dem deutschen Dichter Josef Viktor Scheffel (1826-1886), dem Autor des "Trompeters von Säckingen", eng befreundet. Von 1864 bis 1865 war Scheffel auf dem Seoner Berg wohnhaft, woran eine Gedenktafel über dem Hauseingang erinnert [2]. 1873 gelangte die Liegenschaft in die Hände des Basler Seidenfabrikanten Bischoff. Nach dessen frühen Tod 1885 blieb seine Frau Albertine Bischoff, weitherum bekannt und im Dorf "Bischöffin" genannt, bis zu ihrem Ableben 1916 hier wohnhaft. Später ging das Anwesen an Gemeindeschreiber Gottlieb Hürzeler, den Grossvater der heutigen Eigentümerin, über. |
Beschreibung: | Das "Scheffelhaus" ist ein grosszügiger, zeittypisch schlicht gehaltener klassizistischer Mauerbau mit geradem Walmdach. Quadrierte Ecklisenen fassen den 5 x 3 Achsen zählenden Baukörper, dessen rückwärtiger Treppenhausrisalit mit einem Mansarddach versehen ist. Die Mittelachse der strassenseitigen Eingangsfront betont ein flacher Giebeldachaufbau mit Stichbogenlicht (Zwickelfelder modern verglast). An der Rückseite springt ein breiter Treppenhausrisalit mit barockisierend geschweifter Mansardhaube vor. Die Türrahmungen und die gefalzten Fenstergewände bestehen gleich wie die Sockelverkleidung und die mächtige, zweiläufige Steintreppe zum strassenseitigen Hauseingang aus Muschelkalk. Dieser verfügt über eine profilierte steinerne Verdachung nach klassizistischem Muster. Das sorgfältig gearbeitete doppelflüglige Eichentürblatt weist gestemmte Füllungen und einen beschnitzten Kämpfer auf. Etwas einfacher gehalten ist das Türblatt des ebenso grosszügig dimensionierten Hintereingangs. Der geräumige Mittelgang führt rückwärtig ins Treppenhaus, das über Zwischenpodeste mit Toiletten und Abstellräumen verfügt. Sorgfältig gearbeitete zweifeldrige Zimmertüren aus Nussbaumholz mit zugehörigen Messingbeschlägen öffnen sich auf die beidseits des Flurs angeordneten Räume. Von den strassenseitigen Stuben ist die nördliche von der Küche her beheizbar. Der schlanke, aus grünen Füll- und weissen Frieskacheln aufgesetzte Kastenofen steht auf gerillten Sandsteinfüsschen. Wie der Sockelkranz zeigen diese eine kunstvolle Marmorierung, welche ein kostbareres Material vortäuscht. Der jüngere Kastenofen, welcher die beiden südseitigen Zimmer erwärmt, wird vom Korridor her beschickt. Die Stuben im Erdgeschoss zeigen an Wänden und Decken zeittypisch schlichtes, ungestrichenes Feldertäfer. Die Korridore weisen einfache Gipsdecken mit profilierten Stuckleisten auf. Die Fliesenböden sind eine Zutat aus der Zeit um 1900, vermutlich auch der eiserne Sparherd in der Küche. Unter dem Haus erstreckt sich ein grosser, U-förmig angelegter Keller mit Kreuzgewölben (Inneres gemäss Kurzinventar von 1998). Zur Liegenschaft gehört eine grosszügige Umgebung mit südwestlich angelegtem Bauerngarten und hohen Nadelbäumen. An der Stelle eines ehemaligen Nebengebäudes ist kürzlich ein moderner eingeschossiger Flachdachbau errichtet worden. |
Anmerkungen: | [1] Zur Person von Johann Dössekel und zur Besitzergeschichte des Hauses vgl. Windfelder/Müller/Wyrsch/Lenzin 1992, S. 103-104; Müri 1981. [2] Über das Haus schrieb Scheffel: "In geringer Entfernung vom Dorfe liegt das Haus auf der sanft ansteigenden westlichen Thalwand; der Vater des Oberrichters, der gleichfalls Jurist war, hatte es erbaut. Aus dem blauen Zimmer, dessen Fenster nach Osten und Norden gehen, sehe ich auf die nahe Vestung Lenzburg und den Jura, sowie auf die hinter diesem verdämmernden Züge des heimischen Schwarzwaldes"; zit. nach Bosch 1966. |
Literatur: | - A. Müri, Das Dichterhaus an der Retterswilerstrasse in Seon, in: Seener Spiegel 1981, S. 4-22. - Reinhold Bosch, Seon, in: Der Seetaler, Jubiläumsbeilage 1966. - Günter Windfelder/Felix Müller/Willi Wyrsch/René Lenzin, Seon – eine Dorfgeschichte, Seon 1992. - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 58. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0450-0453: Brandkataster Gemeinde Seon 1850-1938. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=126449 |
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