INV-SEO929 Oholten 7, 1868 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-SEO929
Signatur Archivplan:SEO929
Titel:Oholten 7
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Süden (2014)
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Seon
Adresse:Oholten 7
Versicherungs-Nr.:145
Parzellen-Nr.:3591
Koordinate E:2655307
Koordinate N:1245214
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2655307&y=1245214

Chronologie

Entstehungszeitraum:1868
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bürohaus, privates Verwaltungsgebäude

Dokumentation

Würdigung:Um 1868 entstandenes Wohnhaus und Verwaltungsgebäude der in den 1830er Jahren am Aabach gegründeten Baumwoll-Buntweberei. Der stattliche, spätklassizistisch-biedermeierlich geprägte Mauerbau hat sein zeittypisches Erscheinungsbild mit der streng axialen Fassadengestaltung bis auf den heutigen Tag bewahrt. Die südgerichtete Schaufront, die durch einen Mittelrisalit mit Zwerchgiebel ausgezeichnet wird, erhielt um 1920 eine prestigeträchtige Aufmachung durch ein Portal mit üppiger Kunststeinrahmung. Als ältestem Bauzeugen der Industrieanlage Oholten kommt dem Gebäude eine besondere nutzungsgeschichtliche Bedeutung zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Mit der Gründung der oberen und der unteren Baumwollspinnerei am "Bidibach" (1823 bzw. 1834) setzte in Seon die mechanische Baumwollverarbeitung ein [1]. 1836 gründete die Firma Siebenmann u. Co. aus Aarau in Oholten oberhalb der Sigismühle eine mechanische Baumwoll-Buntweberei, die "Webi" [2]. 1854 wurde die Radrechtskonzession erteilt [3]. Ab 1860 gehörte die Weberei einem Johann Jakob Widmer aus Seon. Dieser liess 1868 das bestehende Wohnhaus und Verwaltungsgebäude Vers.-Nr. 145 erstellen.
1851 ging die Firma an den Sohn Ernst Widmer über. Nach einem Konkurs 1894 musste sie von der Bank in Zofingen als Hauptgläubigerin übernommen werden. 1895 konnte das Unternehmen an Rudolf Müller-Glatthaar, Wirt und Händler aus Flawil, verkauft werden [4]. Bis zur Betriebseinstellung 1995 bestand sie als Buntweberei Müller & Cie AG [5].
Im Laufe der Zeit machte die "Webi" eine grosse betriebliche und bauliche Entwicklung durch. Erwähnenswert ist die Errichtung der ersten Sheddachbauten 1914. Das um die Mitte des 19.Jh. entstandene monumentale Buntwebereigebäude, ein langgestreckter dreigeschossiger Mauerbau, wurde 1954 abgebrochen. Als ältester Bauzeuge überdauert hat das Wohn- und Verwaltungsgebäude von 1868.
Beschreibung:Das giebelständig zur Strasse und zum Aabach gelegene Gebäude ist ein zweigeschossiger spätklassizistischer Mauerbau mit schwach geneigtem, ungebrochenem Giebeldach. Die nach Süden gerichtete, hofseitige Schaufassade zählt sieben Fensterachsen, von denen die mittleren drei als überhöhter Risalit unter einem Zwerchgiebel zusammengefasst sind. Den Baukubus gliedern gequaderte Ecklisenen und ein Gurtgesims aus Muschelkalk. Die ebenfalls aus Muschelkalk gehauenen Fenstergewände sind profiliert und mit Blockgesimsen ausgestattet. Im Bereich des Risalits erfahren sie durch klassizistisch profilierte Verdachungen eine zusätzliche Auszeichnung. Das aus Kunststein gefertigte Hauptportal, welches mit flankierenden Pilastern und profilierter Verdachung die Mittelachse der Eingangsfassade einnimmt, ist eine spätere Zutat aus der Zeit um 1920. Die Funktion des Gebäudes ("Bureaux")" ist im Türsturz eingemeisselt. Die drei kreisrunden Lichter ("Oculi") sind im Risalitgiebel und im Ostgiebel noch vollzählig vorhanden, während sie am Westgiebel durch spätere Fenstereinbauten teilweise ersetzt wurden. Eine spätere Zutat ist auch das Zwillingsfenster im Erdgeschoss der talseitigen Stirnfront. Westseitig ist dem Hauptbaukörper ein jüngerer eingeschossiger Gebäudetrakt angefügt. Rückwärtig Erweiterung des Altbaus durch einen Flachdachanbau.
Das Parterre beherbergt Büroräume, im Obergeschoss und im ausgebauten Dachgeschoss sind Wohnungen untergebracht. Den durchlaufenden Korridor im Erdgeschoss (Muschelkalkplatten mit nachträglichem Fliesenbelag) begleitet ein ehemals offenes hölzernes Treppenhaus aus der Bauzeit. Rechterhand gelangt man neben dem Hauptportal in das ehemalige Direktionszimmer, das eine schlichte Stuckdecke und türhohes Wandtäfer aus dem frühen 20.Jh. bewahrt. Der Stichgang im Obergeschoss ist mit Sandsteinplatten ausgelegt. In den Wohnungen haben sich einfache Feldertäfer und Tafelparkette erhalten. Hangseitig verfügen die Keller noch über die ursprünglichen Tonnengewölbe, in den talseitigen Gewölbekellern wurden Garagen eingerichtet.
Anmerkungen:[1] Zur Industrialisierung am Aabach und speziell in Seon vgl. Badertscher 1997, S. 24-66; Windfelder/Müller/Wyrsch/Lenzin 1992, S. 131-139. Vgl. auch Bauinventarobjekte SEO925 und SEO926.
[2] Auf der Michaeliskarte von 1840 sind am Standort Oholten noch keine Gebäude eingezeichnet.
[3] Um 1871 waren zwei Turbinen als mechanische Antriebe vorhanden. 1896 ersetzte man sie durch eine Francis-Turbine. "Mit ihr gewann man Gleichstrom, der in Akkumulatoren gespeichert wurde, um die Beleuchtung sicherzustellen, aber weiterhin wurde auch mechanische Energie genutzt und über eine Königswelle auf die Stockwerke verteilt und von dort mit Transmissionen an die einzelnen Maschinen transportiert. 1943 baute man eine neue Turbine (Vertikal-Kaplanturbine von Escher Wyss mit 112 PS) mit Generator ein" (Badertscher 1997, S.47).
[4] Rudolf Müller-Glatthaar ist auch der Erbauer der Villa Bianca von 1903 (Bauinventarobjekt SEO910).
[5] Ausführliche Betriebsgeschichte der "Webi" Oholten in www.vamus.ch/industriekultur
Literatur:- Günter Windfelder/Felix Müller/Willi Wyrsch/René Lenzin, Seon – eine Dorfgeschichte, Seon 1992, S. 135-136.
- Kurt Badertscher, Mühlen am Aabach, in: Lenzburger Neujahrsblätter 1997, S. 24-66.
- Die "Wäbi" 1945-192, in: Seener Spiegel 1998/99, S. 4-15.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0450-0453: Brandkataster Gemeinde Seon 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=126460
 

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