INV-WET967 Gartenstrasse 7, 1906 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-WET967
Signatur Archivplan:WET967
Titel:Gartenstrasse 7
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Westen (2014)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Wettingen
Adresse:Gartenstrasse 7
Versicherungs-Nr.:517
Parzellen-Nr.:2789
Koordinate E:2666524
Koordinate N:1258224
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2666524&y=1258224

Chronologie

Entstehungszeitraum:1906
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2015

Dokumentation

Autorschaft:Simon Tomasi, Bauunternehmer
Würdigung:Das 1906 errichtete Wohnhaus ist ein in der Grundanlage schlichter spätklassizistischer Bau mit zwei gemauerten Geschossen und einem mit Schindeln verkleideten Kniestock unter schwach geneigtem Satteldach. Die streng achsensymmetrisch gegliederten Fassaden wie auch das Dach werden durch diverse Zierformen im Schweizer Holzstil belebt. Blickfang am giebelständigen Gebäude ist der stirnseitig angebrachte zweigeschossige Balkon aus beschnitztem Holz mit dekorativ ausgeschnittenen Brüstungsbrettern. Das Gebäude, das zu Beginn auch als Schreinerei genutzt wurde, gehört zu den ersten Bauten, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts nördlich der Schartenstrasse, nahe der Grenze zu Baden, entstanden sind.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Etablierung der Maschinenfabrik Brown Boveri in Baden im Jahre 1891 verlieh der baulichen Entwicklung des Nachbardorfs Wettingen entscheidende Impulse [1]. Um 1895 begannen sich im Bahnhofquartier und im Langenstein, an der Grenze zwischen Baden und Wettingen, städtebauliche Strukturen herauszubilden. Vorerst erfolgte die Bautätigkeit noch punktuell, später dann mit planmässig angelegten Arbeiterhäusern, einigen Wirtschaften, Wohn- und Geschäftshäusern sowie einzelnen Mehrfamilienhäusern.
Nördlich der Schartenstrasse wuchs die Siedlung ab dem frühen 20. Jh. mit locker gestreuten Wohnhäusern und Gärten immer mehr den vom Weinbau geprägten Lägernhang hinauf. Das Wohnhaus Gartenstrasse 7 wurde 1906 von Bauunternehmer Simon Tomasi in "Stein und Rieg, Holz, Ziegel" erstellt [2]. Offenbar hatte dieser am unteren Lägernhang Bauland für mehrere Liegenschaften erworben. So geht auch das 1903 in ganz anderer Weise gestaltete Wohnhaus Gartenstrasse 5 (Bauinventarobjekt WET966) auf ihn zurück. Laut Brandkataster diente das Gebäude in der Anfangszeit auch als Schreinerei. Die Werkstatt dürfte sich wohl im von der Strasse her ebenerdig zugänglichen Erdgeschoss befunden haben, während im Dachgeschoss das Lager war. Einer historischen Aufnahme zufolge war der Balkonanbau ursprünglich eingeschossig und wurde erst nachträglich aufgestockt. Heute sind im Haus drei Stockwerkswohnungen eingerichtet. Die meisten Erneuerungen dürften mit dem Ausbau des Dachgeschosses zur Wohnung erfolgt sein: Dachisolation, Eindeckung mit neuen Falzziegeln, Ersatz der Holzschindeln durch Faserzementschindeln.
Beschreibung:Das unmittelbar am Hangfuss der Lägern stehende Wohnhaus ist ein kompakter Baukörper mit giebelständiger Ausrichtung zur Strasse. Es erhebt sich mit zwei gemauerten Geschossen und einem Kniestock mit Schindelschirm unter einem schwach geneigten, rückwärtig abgewalmten Satteldach, das beidseits mit einer kleinen Giebellukarne besetzt ist. In der Grundform wie auch in der Detailgestaltung (Dach, Schindelschirm, Balkone bzw. Veranden, Zierelemente) steht der Bau stilistisch den Häusern des Dynamoheims nahe (1978 abgebrochen), die um 1910 an der Seminarstrasse als erste Arbeitersiedlung von der BBC errichtet wurden und sich ebenfalls am Schweizer Holzstil orientierten [3]. Die Fassaden zeigen mit Ausnahme der Rückseite eine regelmässige Gliederung mit drei auf drei Fensterachsen. Den Hauptakzent bildet ein zweigeschossiger, kunstvoll in Holz konstruierter Balkon, der die strassenseitige Mittelachse einnimmt. Kräftige, sorgfältig beschnitzte Büge beidseits des ebenerdigen Eingangs stützen den Vorbau, der hier zugleich die Funktion eines wuchtigen Wetterschutzes übernimmt. Die Brüstungen sind mit schablonenartig ausgeschnittenen Brettern im "Laubsägelistil" versehen. Den oberen Abschluss der in zwei nicht genau identischen Abschnitten gearbeiteten Konstruktion bildet ein schwach geneigtes, pyramidenförmiges Blechdach. Das über den althergebrachten, strassenseitigen Eingang erschlossene Parterre ist auffallend niedrig gehalten. Es ist mit einer Eckquaderung im Verputz sowie mit einem nur vorne und ums Eck angebrachten, kräftig profilierten Gurtgesims zur Abgrenzung vom Obergeschoss als Sockelzone behandelt.
Im Unterschied zu den schlichten gefalzten Fenstergewänden im Parterre weisen die hohen, schlanken Lichter des Obergeschosses unter den Blockgesimsen konsolenartige Fortsätze mit scheibenförmigen Verzierungen auf. Die mittlere, nach Westen ausgerichtete Achse ist an beiden Geschossen durch ein Zwillingsfenster ausgezeichnet. Auf der gegenüber liegenden Traufseite befindet sich am Obergeschoss ein Ausgang, der auf die Dachterrasse über der angebauten Doppelgarage führt. Hangseitig verfügt das Obergeschoss in der Mittelachse über einen eigenen Zugang. Daneben ist ein mit Backsteinen umfasstes, segmentbogiges Zwillingsfenster in die Mauer eingelassen. Abgesehen von diesem sind die Fenster an den unteren Geschossen noch mit den bauzeitlichen Holzläden ausgestattet, die in unterschiedlichem Verhältnis mit Jalousien und kassettierten Füllungen versehen sind.
Über den zwei massiv gemauerten Hauptgeschossen schliesst ein mit Faserzementschindeln verkleideter Kniestock an, der traufseitig über mittige Giebellukarnen und nachträglich eingelassene liegende Dachfenster belichtet wird. Strassenseitig führt ein von Zwillingsfenstern flankierter Ausgang auf den Balkon, während rückwärtig ein Aussenzugang mit Metalltreppe die separate Erschliessung der Dachwohnung sicherstellt.
Der "Laubsägelistil" kommt an den Fenstern in Form von hölzernen Blendrahmen mit organisch geschweiftem Umriss zum Ausdruck. Sowohl am Hauptdach als auch an den Giebellukarnen sind die sichtbaren Balkenenden (Pfetten, Rafen) in zeittypischer Art dekorativ ausgeschnitten. Unter den Pfetten sind schwungvoll profilierte Brettkonsolen angebracht, welche die Konstruktion etwas filigraner erscheinen lassen. Eine besonders sorgfältige Detailgestaltung findet sich am Übergang zwischen dem verputzten Mauerwerk und dem Schindelschirm: Wulstig ausgeschnittene Balkenköpfe, die in regelmässigen Abständen appliziert sind, täuschen die Sichtbarkeit der Balkenlage zwischen den beiden oberen Geschossen vor und verleihen dem Bau einen rustikalen Charakter. Sie sind durch einen hölzernen Rundstab mit eingeschnittener Bänderung miteinander verbunden und bilden ein umlaufendes horizontales Zierelement. Für eine zusätzliche Betonung sorgt der Abschlag darüber, der als untere Zone des Schindelschirms allfälliges Regenwasser mit einem Knick von der Fassade wegführt.
Hausinneres nicht gesehen. Heute sind drei Stockwerkswohnungen mit separaten Wohnungseingängen eingerichtet, wobei die Erdgeschosswohnung über den althergebrachten Hauseingang an der Gartenstrasse und die beiden oberen Wohnungen über je einen hangseitigen Eingang erschlossen sind. Aufgrund der Verteilung der Tür- und Fensteröffnungen ist jeweils von einem Grundriss mit längs gerichtetem Stichgang auszugehen.

Nachträge (Besichtigung vom 23.10.2017):
Das Hausinnere wurde in jüngerer Zeit renoviert und stark umgestaltet. Es ist heute in drei jeweils separat von aussen zugängliche Stockwerkwohnungen geteilt, während die innere Erschliessung aufgehoben wurde. Das früher als Werkstatt eingerichtete Sockelgeschoss ist mit vollständig neuen Oberflächen zu einer kleineren Wohnung ausgebaut. Die Wohnung im Hauptgeschoss besitzt mit Ausnahme einer Zimmertür an Böden, Wänden und Decken durchgehend neue Oberflächen; das Wohnzimmer wurde mit einem Wanddurchbruch vergrössert. Der Kniestock war sicher seit jeher mit Masardenzimmern eingerichtet. Er zeigt noch die alte Raumstruktur und einige Wandschränke, währen die Böden erneuert sind. Das obere Geschoss des hölzernen Balkonvorbaus scheint nach der Konstruktion wenig später aufgesetzt zu sein.
Anmerkungen:[1] Vgl. Hoegger 1995, S. 187 und Anm. 26.
[2] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0069-0072: Brandkataster Wettingen 1899-1938.
[3] Vgl. Meier/Scherer 1981, S. 158-159.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Literatur:- Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 7: Der Bezirk Baden II, Basel 1995, S. 187.
- Eugen Meier/Walter Scherer, Wettingen früher, Baden 1981, S. 158-159.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0069-0072: Brandkataster Wettingen 1899-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=126860
 

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