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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1804 |
Grundlage Datierung: | Schriftliche Quelle |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Repräsentatives Wohnhaus, Villa |
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Dokumentation |
Würdigung: | Kurz nach 1804 errichtetes Patrizierhaus bernischer Prägung, das Julia Salomea May und ihrem Gatten Albrecht Benoit von Brandis als Wohnsitz diente. Der originelle Mauerbau mit Mansarddach und auffälligen Säulenarkaden ist in seinem äusseren Erscheinungsbild weitgehend erhalten, während das Innere in Laufe der Zeit erhebliche Veränderungen und Modernisierungen erfahren hat. Aufgrund seiner räumlichen Nähe und besitzergeschichtlichen Zugehörigkeit zum Schloss (Kantonales Denkmalschutzobjekt SCL003-005) kommt dem Gebäude eine erhebliche lokalgeschichtliche Bedeutung zu. Mit dem gegenüberliegenden Bürgerhaus Luzernerstrasse 4 (Bauinventarobjekt SCL910) und der "Gerbi" Picardiestrasse 1 (Kantonales Denkmalschutzobjekt SCL009) bildet es den westlichen Auftakt der historischen Bebauung von Schöftland.
Das Hauptgebäude ist kommunal schutzwürdig. Eine allfällige Erweiterung des Schutzumfangs (rückwärtige Nebengebäude, Verbindungstrakt) ist im Rahmen eines künftigen Bauvorhabens festzulegen. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Julia Salomea von May (1765-1840) erwarb im Jahre 1804 das im Baumgarten des Schlosses stehende "Sennhaus" von ihrem Bruder Gottlieb. Dieser hatte die Schlossdomäne Schöftland 1803 nach dem Hinschied der Mutter übernommen, doch zog er schon 1811 mit seiner Familie nach Büren. Die neue Besitzerin des "Sennhauses" liess das Gebäude "kurz nach 1804 umbauen und geschmackvoll einrichten" [1]. 1810 heiratete Julia Salomea von May in zweiter Ehe Albrecht Benoit von Brandis, einen Obersten der Berner Miliz. Dieser verwaltete die inzwischen verpachteten Güter in Schöftland. Nach einer Aufzeichnung aus dem Jahr 1823 bewohnte das Ehepaar Benoit - May "das neue Haus am Ende des Schlossbaumgartens" [2]. 1846 ging die Liegenschaft an Eduard von May über. Dessen Söhne veräusserten 1877 das Schloss samt Nebengebäude an den Zigarrenfabrikanten Jakob Lüthy-Lüthy. 1883 gelangte das Wohnhaus May an dessen Schwiegersohn, Sattler Rudolf Neeser. In seiner heutigen Gestalt dürfte das Gebäude auf einen Neubau oder aber grösseren Umbau um 1804 zurückgehen. Inwieweit noch Bausubstanz des Vorgängerbaus ("Sennhauses") vorhanden ist, könnte nur durch eine eingehende Bauuntersuchung festgestellt werden. Im den ersten verfügbaren Brandkatastereinträgen von 1829 und 1850 wird das Gebäude als "Wohnhaus von Mauer und Rieg, 2 Stock hoch, mit 2 gewölbten Kellern, Mansarden- Ziegeldach und 3-seitiger Säulengalerie" beschrieben [3]. Bei der Übernahme der Liegenschaft 1883 liess Rudolf Neeser auf der Ostseite eine kleine, eingeschossige Sattlerwerkstatt mit Flachdach und Balkon erstellen, welche später als Bett- und Möbelmagazin diente (vgl. historische Fotoaufnahme in der Bilddokumentation). In den 1940er Jahren fand eine namhafte Erweiterung durch einen heute noch bestehenden Flachdachanbau statt [4]. Das von der Strasse abgewandte Nebengebäude mit laubenartigem Verbindungstrakt zum Hauptgebäude wird im Brandkataster ebenfalls schon 1883 erwähnt. Verschiedene nachträgliche Erweiterungen haben es zu einem beachtlichen Gebäudekomplex anwachsen lassen. |
Beschreibung: | Das markant am Eingang der Picardiestrasse gelegene Wohnhaus repräsentiert den Typus eines "patrizischen Landhauses" mit vornehmem Mansarddach" [5]. Der gut proportionierte, zweigeschossige Mauerbau zeigt axial gegliederte Fassaden mit gefugten Ecklisenen aus Sandstein. Der ursprünglich dreiseitig angelegte Säulengang besteht hat auf der West- und rückwärtigen Nordfassade noch Bestand, wogegen er auf der Ostseite im Gefolge des Sattlereianbaus entfernt wurde. Auf der westlichen, von der Strasse her einsehbaren Schmalseite wurden Säulen aus Muschelkalk verwendet, während auf der Rückseite Holz zur Anwendung gelangte. Die Kapitelle und Gebälke sind beidseitig in Holz gearbeitet, die Balkenlagen der Veranden liegen auf Kalksteinkonsolen auf. Die westliche Schmalseite, als schindelverkleidete Veranda ausgebildet. Sie bewahrt wie die rückwärtige offene Laubenfront in grossen Teilen noch ihr originales Aussehen. Das Erdgeschoss des ehemaligen Patrizierhauses, welches wohl nie zu Wohnzwecken diente, wird von beiden Schmalseiten her betreten. Der heute unterteilte Raum weist ein nachträglich eingebautes Stützensystem aus Eisenträgern und Gusseisensäulen auf, welches wie die Fenster aus der Zeit um 1900 stammen dürfte (Verhältnisse im Erdgeschoss gemäss Kurzinventar von 1991). Das Obergeschoss verfügt über einen nordseitigen Laubeneingang direkt in die Küche sowie über einen Nebeneingang über die westseitige Veranda. Die historischen Ausstattungsteile (klassizistisches Wandtäfer mit profiliertem, verkröpftem Gesimse; pilasterartige Friestäferbretter; Feldertüren mit originalen Beschlägen; Jugendstil-Kachelofen in der Stube) sind bedauerlicherweise einer Innenrenovation um 2000 zum Opfer gefallen (vgl. Kurzinventar von 1998). Das Mansarddach ist vollständig zu Wohnzwecken ausgebaut und ebenfalls modernisiert. Quer zum First erstrecken sich zwei rückwärtig zugängliche Gewölbekeller, welche womöglich noch vom Vorgängerbau stammen (der eine mit neu betoniertem Gewölbe).
Westlich des Hauses steht an der Strasse ein zur Liegenschaft gehörender Brunnen aus Muschelkalk, welcher am Trog erhebliche Schäden aufweist. |
Anmerkungen: | [1] Zur Nutzungsgeschichte vgl. Holliger 1992, S. 70-71; Meyer 1918. [2] Das von Oberst Benoit verfasste Schriftstück kam bei einer Renovation des Schlosses in der Helmspitze des Schneggen zum Vorschein (vgl. Holliger 1992, S.75f-76. [3] Staatsarchiv Aargau, BA.05.0079: Brandassekuranz Schöftland/Bezirksamt Kulm 1829; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0274-0277: Brandkataster Schöftland 1850-1938. [4] Baugesuchsakten Gemeindearchiv Schöftland. [5] Stettler 1948 (Kdm. Aargau I), S. 232. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. |
Literatur: | - Christian Holliger, Schöftland. Geschichte und Geschichten, Schöftland 1992. - Reinhard Meyer, Die May auf Schloss Schöftland in den letzten Zeiten des alten Bern, Aarau 1918. - Michael Stettler, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1948. - Heinz Baumann/Walter Widmer, Weisch no? Alte Photographien aus dem Ueker-, Suhren- und Ruedertal, Schöftland 1981, S. 71. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, BA.05.0079: Brandassekuranz Schöftland/Bezirksamt Kulm 1829; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0274-0277: Brandkataster Schöftland 1850-1938. - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=128342 |
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