INV-TUR906 Baumwollspinnerei Kappeler-Bebié, 1826-1827 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-TUR906
Signatur Archivplan:TUR906
Titel:Baumwollspinnerei Kappeler-Bebié
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Osten (2015)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Turgi
Adresse:Spinnereistrasse 5a, b
Versicherungs-Nr.:90
Parzellen-Nr.:106
Koordinate E:2661504
Koordinate N:1260904
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2661504&y=1260904

Chronologie

Entstehungszeitraum:1826 - 1827
Grundlage Datierung:Literatur
Nutzungen:1842 Firmenteilung, 1962 Übergang an BBC (heute ABB)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:TUR907-909
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Fabrikgebäude, Manufakturgebäude

Dokumentation

Würdigung:Grossvolumiges Fabrikgebäude, das in die Anfangszeit der 1826/27 von den Gebrüdern Bebié gegründeten Spinnereien zurückreicht und bis zum Ende des 19. Jh. sukzessive erweitert wurde. Der imposante, langgestreckte Giebeldachbau ist ein charakteristischer Vertreter der frühen Fabrikarchitektur und eines der grossmassstäblichsten Gebäude seiner Baugattung im Kanton Aargau. Er tritt weithin in Erscheinung und besitzt daher einen hohen Situationswert nicht nur für das Ortsbild von Turgi, sondern auch für das grossräumige Landschaftsbild im untersten Teil des Limmattals. Zusammen mit seinen Nebenbauten (Bauinventarobjekte TUR907-909) nimmt das Fabrikgebäude neben der Kunz'schen Spinnerei in Windisch (Denkmalschutzobjekte WIN018-022, Bauinventarobjekte WIN909-913) als einer der frühesten und besterhaltenen Fabrikkomplexe in der Industriegeschichte des Aargaus eine besondere Stellung ein.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Geschichte der Turgemer Fabriken ist im Kunstdenkmälerband von Peter Hoegger beschrieben: „1826 wurde der Spinnereibesitzer Heinrich Bebié aus Oberengstringen auf die unbesiedelte, mit Gestrüpp überwachsene Landzunge im Limmatbecken von Turgi aufmerksam und veranlasste seine Söhne zum Kauf des industriell nutzbaren Landes. Gleichen Jahres begannen die Brüder Heinrich jun., Kaspar und Rudolf mit dem Bau einer ‚mechanischen Spinnerey-Fabrik-Anstalt‘ samt zugehörigem Pächterhaus. 1833 wurde die Fabrik durch einen westseitigen Anbau umfangmässig verdoppelt (Firmenname: Gebr. Bebié). Ende 1842 kam es, verursacht durch die von Heinrich erfundene Fabrikation der Kardengarnituren, zur Teilung der Firma: Rudolf Bebié übernahm den älteren Fabrikteil von 1827, Heinrich den jüngeren von 1833 und Kaspar das Stammhaus in Oberengstringen.
Nach dem Tode Rudolfs, 1855, ging der ältere Teilen an dessen Tochtermann Ludwig Kappeler aus Baden über, der ihn seinerseits 1894 an den Gemahl seiner Tochter Katharina, den aus dem Friaul zugewanderten Patrizierspross Peter Zai, vererbte (Firmenbezeichnung: L. Kappeler-Bebiés Erben). Zai, Sohn eines Garibaldianers, gelang in den krisenhaften achtziger Jahren eine erfolgreiche Umgestaltung der Spinnerei (unter anderem Bau eines Turbinenhauses neben der Wasserradkammer). In der ‚Schiffmühle‘, am jenseitigen Limmatufer in Untersiggenthal, gründete er 1895 eine elektrochemische Fabrik mit Sitz in Turgi, die ihre Kraft aus einem eigenen Elektrizitätswerk bezog (später Elektrochemie Turgi, heute Teil der Chemie Uetikon A.G.). Die Leitung der Spinnerei übernahmen später Zais Sohn Louis (Umwandlung in eine Aktiengesellschaft) und seine Enkel Rudolf und Guido; dem elektrochemischen Unternehmen stand seit 1897 der Schwiegersohn Peter Zais, Dr. Hans Landolt, als Direktor vor.
Der mit dem jüngeren Fabrikteil in Turgi verbundene Heinrich Bebié erwarb 1846 die dem Ruin entgegentreibende Baumwollspinnerei Richner in Rupperswil hinzu. Nach seinem Tode im Jahre 1860 traten seine Söhne Hermann, Edelbert und Edmund ins Geschäft ein; von 1883 bis 1911 führte letzterer die Firma allein (Bezeichnung: Edmund Bebié). Edmunds Söhne erbten mit dem Werk in Turgi auch eine 1896 gegründete Zweigniederlassung in La Farga bei Barcelona und die 1901 vom Vater übernommene Feinspinnerei und -Weberei in Linthal (Firmenbezeichnung: Bebié & Co.). 1962 gelangten beide Fabrikzweige der Bebié in die Hand der A.G. Brown Boveri & Co., die den Maschinenpark liquidierte und die Belegschaft ihrem Betrieb integrierte [heute ABB].“ [1]
Entwicklung der Fabrikgebäude am Limmatkanal: „Das östliche der drei axial aneinandergereihten Fabrikationsgebäude reicht in die Geburtsstunde des Industriefleckens, 1826/27, zurück und stand nach der Firmenteilung von 1842 unter der Leitung des Familienzweiges von Rudolf Bebié. Das mittlere Gebäude wurde 1833 ausgeführt und bildete später das Erbteil der Linie von Heinrich Bebié. Der Westbau entstand kurz nach einem Fabrikbrand 1879. Eine aus brandschutztechnischen Gründen zwischen dem mittleren und dem westlichen Bau ausgesparte Lücke wurde später durch einen zweiachsigen Verbindungsbau geschlossen.“ [2]
Um 1990 wurden die Bauten des kleinen Kraftwerks über dem Limmatkanal abgebrochen [3]. Heute dienen die Fabrikgebäude der ABB als Werkstätten und Büros.
Beschreibung:Die Fabrikgebäude, die als grossvolumige Zeile im Limmattal bei Turgi weithin prominent in Erscheinung treten, sind im Kunstdenkmälerband von Peter Hoegger beschrieben: „Ost- und Mittelbau sind beide sechsgeschossig und zählen traufseitig je 13 monoton gesetzte Fensterachsen. Ihre heute von Vorbauten verdeckten, einstmals fünfachsigen Stirnfassaden hatten je einen über mehrere Geschosse durchlaufenden Mittelerker und eine dreizonige Giebelbefensterung. Auf dem Ostbau liegt noch das originale, schwach geknickte Sparrendach mit breiter südseitiger Lüftungsgaube; der Mittelbau trägt, vermutlich seit dem Brand, eine Rafenlage mit niedrigerem First. Die riesenhaften, nach reinem Nützlichkeitsprinzip gestalteten Fassaden erwecken den Eindruck kompromissloser Strenge.“ [4]
Über dem Limmatkanal lagen unmittelbar nördlich der Fabrikbauten die heute verschwunden Turbinenhäuser des späten 19. Jh.
Anmerkungen:[1] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 132f.
[2] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 143.
[3] Vgl. Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 154, Anm. 36; Akten im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege.
[4] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 143.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung, Erhaltungsziel A.
- Gemeinde Turgi. Kommunales Inventar Bauten und Anlagen, bearbeitet durch das Büro Arcoplan, 1993, Nr. 7.1.
Literatur:- Adolf und Jürg Haller, Chronik von Turgi. Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Gemeinde Turgi, Turgi 1984, S. 50-55.
- Peter Hoegger, Die Landgemeinden des Limmattals, des Surbtals, des Aaretals und des Unteren Reusstals sowie das Kloster Fahr (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band VII), Basel 1995, S. 132f. (zur Unternehmung), 143, 144 (Abb.).
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 136.
- Verweben. Siedlungsentwicklung und historische Identität in der Gemeinde Turgi, hrsg. von der Gemeinde Turgi, Turgi 2014, S. 40-43.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Archiv; Diskussionen zum Kraftwerk Bebié, um 1980-90.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
DOK-TUR839.007 Ehem. Spinnerei Bebié (Dossier (Dokumentationsobjekte))

siehe auch:
DOK-TUR839.014 Fabrikationsgebäude der ehem. Spinnereien, 1826-1879 (Dossier (Dokumentationsobjekte))
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=129078
 

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