INV-LEU916 Wannestrasse 8, 1854 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-LEU916
Signatur Archivplan:LEU916
Titel:Wannestrasse 8
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Strassenseitige Eingangsfront, Ansicht von Westen (2014)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Leutwil
Adresse:Wannestrasse 8
Versicherungs-Nr.:22
Parzellen-Nr.:76
Koordinate E:2655501
Koordinate N:1240472
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2655501&y=1240472

Chronologie

Entstehungszeitraum:1854
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus mit Gewerbelokal

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2015

Dokumentation

Würdigung:Aus einem Bauernhaus hervorgegangene Wohn- und Produktionsstätte der Zigarrenfabrik Graf, welche 1876 als erste von drei Tabakverarbeitungsbetrieben in der Gemeinde gegründet wurde. Als wichtiger Zeuge der im 19. Jahrhundert für das wirtschaftliche Leben in Leutwil bedeutenden Tabakindustrie kommt dem stattlichen biedermeierlichen Mauerbau eine erhebliche lokalgeschichtliche Bedeutung zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Gemäss Brandkataster wurde das Gebäude 1854 als "Wohnhaus mit gewölbtem und Tremkeller samt Scheune" für Jakob Gloor, Fabrikant, erbaut. 1870 wird die "Einrichtung des oberen Stocks zur Wohnung" angeführt, 1874 hat man "die Scheune in eine Tabakfabrik umgebaut und um 15 Fuss verlängert" [1].
Es ist davon auszugehen, dass die 1876 von Jacob Graf jun. gegründete und im Handelsregister eingetragene erste Zigarrenfabrik von Leutwil zumindest seit 1882 an diesem Standort betrieben wurde [2]. Auf einem Briefkopf von 1915 anschaulich dargestellt sind die Verhältnisse mit der als Wohnhaus (links) und Fabrik (rechts) genutzten Hauptliegenschaft und einem angeblich als Lagerschuppen dienenden Nebengebäude (vgl. Bilddokumentation). Gemäss einer Beschreibung aus dem Jahr 1956 waren im Wohnteil oben und unten je drei Räume eingerichtet. "Unten befanden sich das Wohnzimmer, die Küche und eine weiteres Zimmer. Im oberen Stock gab es ein Badezimmer, was damals laut Aussage der Arbeiterin noch keine Selbstverständlichkeit war, sowie zwei weitere Zimmer. Auf der Fabrikseite sei im oberen Stock die Packstube gewesen, wo die Stumpen verpackt wurden. Unten seien die Frauen gesessen, welche die Stumpen herstellten. auf dem Flur habe sich ein Lavabo befunden, um die Hände zu waschen und hinter dem Haus habe es ein Plumpsklo für die Angestellten gegeben." [3]
Bis zu seiner Schliessung 1966 blieb der Fabrikbetrieb in diesem Gebäude bestehen. Seither wird die Liegenschaft ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt. Im Obergeschoss des ehemaligen Fabrikteils ist heute eine moderne Wohnung eingebaut
Beschreibung:Der längliche, unter einem mittelsteilen Satteldach geborgene Mauerbau ist mit der Trauffront leicht abgewinkelt an die Wannestrasse gebaut, welche früher die Verkehrsverbindung nach Boniswil bildete. Die strassenseitige Eingangsfront dominiert ein breitbehäbiger Zwerchgiebel, welcher unter dem nachträglich angefügten Balkon zwei Eingänge aufnimmt. Die linke Haustür erschliesst über einen Stichgang den alten Wohnteil, welcher strassenseitig die Küche mit Essecke, auf der südgerichteten Rückseite die Stube und Nebenstube sowie im Obergeschoss die Schlafräume umfasst. Von der historischen Wohnungsausstattung ist noch der grosse, hellblaue Biedermeierofen mit zugehöriger Sitzkunst erhalten.
Westlich schliessen an den Wohnteil die aus dem ehemaligen Scheunentrakt hervorgegangenen Fabrikationsräume der Zigarrenfabrik an. Anlässlich des 1874 vorgenommenen Umbaus wurden die Fassaden in Anlehnung an den alten biedermeierlichen Wohnteil ebenfalls massiv gemauert und in rhythmischer Abfolge mit Einzel- und Zwillingsfenstern besetzt. Von der Einrichtung der bis 1966 genutzten Fabrikräume ist heute allerdings nicht mehr viel erkennbar.
Ungewöhnlich und wohl auf die spezielle Nutzungsgeschichte zurückzuführen ist die Anordnung der Kellerräume. An beiden Stirnseiten des Hauses – sowohl unter dem alten Wohnteil als auch unter dem Fabrikationsteil – erstrecken sich quer zur Firstlinie tonnengewölbte Keller, welche über einen längs der nördlichen Trauffassade geführten Gang miteinander verbunden sind und über einen gemeinsamen Innenabgang verfügen.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0248-0251: Brandkataster Leutwil 1850-1938.
[2] Zu den verwandtschftlichen Beziehungen der Familien Gloor und Graf vgl. Wespi 2011, S. 49-50, 54-57.
[3] Interview mit Helen Spörri vom 22.7.2011 (zit. aus Wespi 2011, S. 56).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Literatur:- Janine Wespi Zhang, Ein Leben von, für und mit dem Tabak – Die Tabakindustrie in Leutwil, Masterarbeit Universität Bern 2011 (Typoskript).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0248-0251: Brandkataster Leutwil 1850-1938.
- vamus Industriekultur Nr. 584: Zigarrenfabrik Graf.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=129237
 

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