INV-BRU940 Doppelvilla Stapferstrasse 18/20, 1910 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-BRU940
Signatur Archivplan:BRU940
Titel:Doppelvilla Stapferstrasse 18/20
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Nordosten (2015)
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Brugg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Innenstadt
Versicherungs-Nr.:806, 824
Parzellen-Nr.:699, 700
Koordinate E:2657860
Koordinate N:1259338
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2657860&y=1259338

Chronologie

Entstehungszeitraum:1910
Grundlage Datierung:Baugesuch

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa
Epoche / Baustil (Stufe 3):Heimatstil

Dokumentation

Würdigung:1910 wohl nach Plänen des bekannten Brugger Architekten Albert Froelich erbaute Doppelvilla in gepflegten Heimatstilformen, die durch ein vielfältiges Fassadenbild und eine sorgfältig artikulierte Dachlandschaft auffällt. Das Gebäude besteht aus zwei im Inneren spiegelbildlich identischen Haushälften, die durch Abtreppung der Bauflucht und die um 90 Grad gegeneinander gedrehte Anordnung des Mansarddachs auch als zwei unterschiedliche Baukörper in Erscheinung treten. Der Entwurf folgt in Gesamtkonzeption, Dachform wie auch den Details zwei anderen Villen, welche der damals in Berlin tätige Architekt kurz zuvor ebenfalls in seiner Heimatstadt realisiert hatte. Nachdem von diesen eine abgebrochen und die andere stark umgestaltet ist, zeigt das hier beschriebene Gebäude in seiner äusseren Erscheinung als einziges noch weitgehend den bauzeitlichen Zustand. Als Vertreter des gepflegten Wohnbaus kurz nach 1900 und Werk des wohl bedeutendsten Brugger Architekten kommt dem Gebäude trotz der Veränderungen im Inneren ein erheblicher architekturgeschichtlicher Zeugenwert zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Doppelvilla wurde 1910 durch das Baugeschäft Gentsch, Strasser & Co. auf eigene Rechnung erbaut [1]. Die Pläne lassen sich mit einiger Sicherheit dem bekannten, damals in Charlottenburg (Berlin) und später auch in Zürich tätigen Brugger Architekten Albert Froelich zuschreiben, zumal sich das Projekt in Gesamtgliederung wie in den Detailformen sehr weitgehend an zwei andere Wohnhäuser desselben Architekten anlehnt, das heute stark veränderte „Jägerhaus Rothpletz“ (Baslerstrasse 8) und die abgebrochene „Villa Oehler“ unmittelbar nördlich der katholischen Kirche [2]. Froelich, der auf den Plänen nicht genannt ist, fungierte denn auch in anderen Fällen als anonymer Projektverfasser für dasselbe Baugeschäft [3]. Bewohner der südlichen Haushälfte war vielleicht schon unmittelbar nach der Fertigstellung Heinrich Bircher-Steiner, Direktor des Portland-Cement-Werks Würenlingen-Siggenthal [4].
1919 entstanden ein Gartenhaus an der Schmalseite der nördlichen Haushälfte und eine freistehende Autogarage zur südlichen Haushälfte, 1923 ein Verandavorbau vor der südlichen Haushälfte [5]. Um 2010 erfolgte ein durchgreifender Umbau der seit 2005 zum Kinderheim Brugg gehörenden Doppelvilla, wobei in beiden Häusern unter Erhaltung der Raumstruktur und einiger weniger Ausstattungselemente Wohnräume für das Heim eingerichtet wurden. Gleichzeitig wurde ein neuer Anbau an der Südwestseite realisiert.
Beschreibung:Die in Heimatstilformen gehaltene Doppelvilla besteht aus zwei identisch dimensionierten, zweigeschossigen Haushälften, die durch Dachgestaltung und Volumetrie asymmetrisch in zwei unterschiedliche Baukörper gegliedert sind. In ihrer Flucht leicht versetzt, zeigt sich an beiden Längsseiten jeweils der vorspringende Hausteil mit einem Mansardgiebel, der zurückspringende mit traufständigem Mansardwalmdach zeigt. In zeittypischer Weise und analog den beiden ebenfalls von Froelich erbauten Villen Oehler und „Jägerhaus Rothpletz“ ist das Obergeschoss ganz in das grosse Volumen des Mansarddachs einbezogen, welches die beiden Haushälften gleichzeitig zu einer Einheit zusammenfasst. Das Erdgeschoss und die Giebelflächen sind als Mauerbau mit Besenwurf gestaltet. Sie setzen auf einem hohen Sockel auf, dessen grob bossiertes Kalksteinmauerwerk an den Gebäudekanten und unter einigen Erdgeschossfenstern unregelmässig in die darüberliegende Fassadenzone ausgreift.
Durch eine ganze Reihe verschiedener Fensterformen und -grössen entsteht ein lebendiges Erscheinungsbild, wobei die betont flächige Ausgestaltung der Fassaden gleichzeitig die gewünschte einheitliche Wirkung des Baukörpers wahren. Die zur Strasse gerichtete Ostfassade wird von drei breiten Rundbogenöffnungen belebt, von denen die beiden äusseren jeweils die Eingangslauben der beiden Haushälften aufnehmen, während die dritte ein optisches Gegengewicht innerhalb der linken Doppelhaushälfte bildet. Charakteristische Elemente sind hier auch drei kleinere Rundbogenfensterchen, die mit einer durchlaufenden Fensterbank zu einer Gruppe zusammengefasst und leicht asymmetrisch in die Fassadenfläche gesetzt sind. Die zurückspringende rechte Fassadenhälfte zeigt demgegenüber zwei dreiteilige Fenster, von denen eines als segmentbogiger Erker ausgebildet ist. Die Giebelfläche ist im ersten Obergeschoss mit paarweise angeordneten rechteckigen Einzelfenstern besetzt, im zweiten Dachgeschoss mit Doppelfenstern, über denen jeweils eine Klebdachreihe sitzt. Im Mansardgeschoss der traufständigen Haushälfte sitzt eine breite Lukarne, die mit ihrem halb abgeschleppten, halb giebelförmigen Dach spiegelbildlich die Dachform des Doppelhauses wiederholt. Die grossen Erdgeschossfenster besitzen sorgfältig erneuerte Holzrolläden, die in ihrer Ausführung dem ursprünglichen Bestand entsprechen; die Jalousieläden der Obergeschosse wurden in Metall ersetzt. Die kleinen Erdgeschossfensterchen sind mit schönen, neobarock stilisierte Schmiedeeisengittern verschlossen.
An der nach Westen gerichteten Gartenseite des Gebäudes ist die vorspringende nördliche Haushälfte mit vierteiligen Reihenfenster akzentuiert, von denen eines als Rechteckerker ausgebildet ist. Die Giebelfläche folgt mit Fenstern und Klebdachreihen jener an der Strassenfront. An den beiden Schmalseiten hingegen sind die Fassaden nur bis in das Mansardgeschoss hinaufgezogen, während der obere Teil des Daches abgewalmt ist. Vor der nördlichen Schmalseite liegt ein kleines verglastes Gartenhaus, das als Holzbau aufgeführt ist und mit einem durchgehenden Giebeldach über einem blendbogenverzierten Durchgang an das Haupthaus anschliesst. Vor der Südwestecke des Hauses liegt heute ein eingeschossiger Anbau, der sich mit seiner strengen Beton- und Glaskonstruktion vom Altbau absetzt und als Erweiterung des Aufenthaltsbereichs dient (nicht Teil des Schutzumfangs). Das Dach ist seit dem Umbau um 2010 mit neuen Biberschwanzziegeln eingedeckt. Die ursprünglich vorhandenen Ochsenaugen knapp unter dem First sind verschwunden.
Im Inneren sind die beiden Haushälfte spiegelbildlich identisch organisiert: Von der Eingangslaube gelangt man durch einen Windfang über Eck in eine zentrale Halle, an deren Aussenseite zu den Schmalseiten hin jeweils die dreiläufig abgewinkelte Treppe zur Diele des Obergeschosses führt. Von der ursprünglichen Ausstattung sind die beiden Treppen samt Geländern an den Obergeschossdielen erhalten: in der nördlichen Haushälfte ein strenges Staketengeländer mit stelenartigem Antrittspfosten, in der südlichen Haushälfte Brettbaluster mit volutenförmig endendem Handlauf. Die übrigen Räume sind nur in ihrer Grundanlage erhalten. Ein Durchbruch durch die ehemaligen Küchen verbindet heute zudem die beiden Häuser.
Von der Doppelvilla leicht abgesetzt steht südlich ein Garagengebäude von 1919, das sich als Mauerbau mit Besenwurf und Krüppelwalmdach an die Gestaltung des Wohnhauses anlehnt.
Der Strasse entlang zieht sich ein Gartenzaun, der im Bereich des südlichen Hauses noch die schönen bauzeitlichen Kunststeinpfosten samt profilierten Abdeckplatten bewahrt.
Anmerkungen:[1] Pläne im Baugesuchsarchiv.
[2] Zu beiden Objekten vgl. SBZ 1910, S. 185-187, Tff. 38 u. 41; zu Albert Froelich (1876-1953), der in Brugg neben Wohnhäusern als seien wichtigstene die Abdankungshalle (1904), das Stapfer-Schulhaus (1909) und das Vindonissa-Museum (1911) realisierte, vgl. Haefeli-Sonin / Speich 1996, S. 20-23 u. Rucki / Huber 1998, S. 193f.
[3] Vgl. etwa die Randbebauung des Bahnhofplatzes (Bauinventarobjekte BRU922/923).
[4] Vgl. Baueingabepläne von 1919 und 1923 im Baugesuchsarchiv; zu Heinrich Bircher vgl. HLS.
[5] Pläne im Baugesuchsarchiv.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Literatur:- Brugger Bauten, ausgeführt von Arch. Alb. Frölich, Brugg und Charlottenburg, in: Schweizerische Bauzeitung (SBZ), Bd. 56 (1910), S. 170-172, 185-187, Tff. 34-41, hier S. 185-187, Tff. 38 u. 41 (Vergleichsbeispiele).
- Zuzana Haefeli-Sonin / Klaus Speich, Das Vindonissa-Museum in Brugg. Architekturführer (Schweizerische Kunstführer, Nr. 589), Bern 1996, S. 20-23 (zum Architekten).
- Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Art. ‚Heinrich Bircher‘ (2002): http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D29548.php (zum ersten Bewohner).
- Isabelle Rucki / Dorothee Huber, Architektenlexikon der Schweiz, 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 193f. (zum Architekten).
Quellen:- Stadt Brugg, Baugesuchsarchiv; Baupläne 1910, Umbaupläne 1919ff.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=129728
 

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