INV-WIN943 Ländestrasse 17, 1850 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-WIN943
Signatur Archivplan:WIN943
Titel:Ländestrasse 17
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2016)
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Windisch
Ortsteil / Weiler / Flurname:Unterwindisch
Adresse:Ländestrasse 17
Versicherungs-Nr.:27
Parzellen-Nr.:1872
Koordinate E:2659572
Koordinate N:1259305
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2659572&y=1259305

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1850
Grundlage Datierung:Schätzung
Nutzungen:1866 Kaufladen, ab 1872 Consumgenossenschaft Windisch

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:WIN018-022, WIN910A-914, GEB906, 907, 909, 912
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus mit Gewerbelokal
Epoche / Baustil (Stufe 3):Biedermeier

Dokumentation

Würdigung:Kurz vor 1850 entstandenes biedermeierliches Wohnhaus, das seit 1866 einen Kaufladen beherbergte. Der Kernbau umfasst die westlichen fünf Fensterachsen des traufständig an die Ländestrasse gestellten Baukörpers, der zunächst rückwärtig angebaut und dann um zwei Fensterachsen verlängert wurde. Der Kaufladen der „Consumgenossenschaft Windisch“, der in Fabriknähe gut gelegen war, wurde 1930 in den neuen Kopfbau an der Ostseite verlegt. Das Haus dokumentiert damit als gewerbegeschichtlicher Zeuge das unmittelbare Umfeld der Spinnerei Kunz (Kantonale Denkmalschutzobjekte WIN018-022, Bauinventarobjekte WIN909–914, GEB906–909, 912), welche die Entwicklung von Windisch im 19. Jahrhundert wesentlich prägte. Vor allem beim Blick von Westen aus der Ländestrasse tritt das sanft renovierte und fachgerecht umgebaute Gebäude zusammen mit den Fabrikbauten prominent in Erscheinung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Wohnhaus wird im ersten verfügbaren Brandkataster von 1850 samt einem „Anbau mit Zimmern“ als bestehend erwähnt. Es dürfte gemäss seinen biedermeierlichen Bauformen kurz zuvor entstanden sein und folglich wenig später den rückwärtigen Quergiebelanbau erhalten haben. 1866 vermerkt der Brandkataster die Einrichtung eines Kaufladens und eine „Verbesserung“ des Gebäudes, worunter vielleicht die Erweiterung um die beiden östlichen Fensterachsen des Kernbaus zu verstehen ist [1]. Nur wenig später wurde im Jahr 1872 der „Consum-Verein Windisch“ gegründet, der fortan den nahe der Fabrik gelegenen Verkaufsladen führte. Dabei handelte es sich um eine Selbsthilfegenossenschaft für die Spinnereiarbeiter, die allerdings weitgehend von den Fabrikherren abhängig war. Mittlerweile in „Consum-Genossenschaft Windisch“ umbenannt, übernahm sie 1892 das Gebäude in ihr Eigentum [2]. Nach Ausweis der Bauformen wohl um 1930 wurde an die Stirnseite des Kernbaus ein etwas höherer Quertrakt angebaut, der auch ein neues und wesentlich grösseres Ladenlokal enthielt.
Im Zusammenhang mit der 1977 realisierten Reihenhaussiedlung in der unmittelbaren Nachbarschaft (Ländestrasse 13-13e/15-15c) erwarb das Architekturbüro Metron auch das Haus Ländestrasse 17, um es sanft zu renovieren und im Stockwerkeigentum weiterzuverkaufen [3].
Beschreibung:Das Wohnhaus mit ehemaligen Ladenlokal steht auf der von der Reuss abgewandten Seite der Ländestrasse unmittelbar vor dem Fabrikareal der ehemaligen Spinnerei Kunz. Durch seine leichte Schrägstellung tritt es bei der Ankunft über die Ländestrasse vor dem Hintergrund der Fabrikgebäude prominent in Erscheinung. Mit seinen unterschiedlichen Teilen zeigt das Gebäude seine sukzessive Entstehung. Der Kernbau ist ein zweigeschossiger Biedermeierbau von fünf auf zwei Fensterachsen, der traufseitig an die Ländestrasse gestellt ist. Er besass ursprünglich einen strassenseitigen Eingang in der Mittelachse und wurde in späterer Zeit um zwei Fensterachsen ostwärts auf seine heutige Länge erweitert (vgl. Bilddokumentation). Gemäss Angabe im Brandkataster wohl noch etwas älter ist der rückwärtige Quergiebelanbau, der mit der westlichen Stirnseite in einer Flucht liegt. Die Einzelfenster werden von einfachen, gefalzten Steingewänden gerahmt und besitzen hölzerne Jalousieläden. Über den Kammern des ersten Dachgeschosses belichtet eine zeittypische Lünette (Halbrundfenster) das obere Dachgeschoss. Das Satteldach besitzt nur strassenseitig einen leichten Knick, während es rückwärtig wohl durch eine nachträgliche Anhebung begradigt wurde.
Deutlich jünger als der Kernbau und seine Anbauten ist der Quertrakt, der um 1930 in einer zeittypischen konservativen Formensprache erbaut wurde und zur Spinnerei hin als Quertrakt in Erscheinung tritt. Der zweigeschossige verputzte Mauerbau besitzt ein ausgebautes Dachgeschoss und wird von einem geknickten Satteldach abgeschlossen, das sich mit seiner markanten Giebelfront zur Strasse wendet. Im Erdgeschoss lag ursprünglich der Verkaufsladen. Erhalten ist die grosse Schaufensteröffnung zur Strasse, die über einen Storen mit Blechvordächlein verfügt. Der Laden besass zwei Eingänge, die in origineller Lage in den Baukörper einspringend an den abgeschrägten Gebäudeecken liegen. Die Fenster des ersten Obergeschosses sind in zeittypischer Weise gedrungen proportioniert und werden von einem Sohlbankgesimse zusammengefasst. Erhalten sind neben den hölzernen Jalousieläden auch die bauzeitlichen Eingangstüren, von denen eine heute als Gartenausgang dient.
Auf der Rückseite umfassen die Gebäude L-förmig einen Hof. Der um 1930 entstandene Kopfbau ist wie an der Strassenseite dreiachsig befenstert. Benachbart liegt im Kernbau der Eingang in das Treppenhaus, während die Erdgeschosswohnungen direkt von aussen zugänglich sind. Dem Westteil des Kernbaus und dem nur gerade zimmertiefen, nordwestlichen Quergiebelanbau ist im Obergeschoss eine durchgehende Laube vorgelagert.
Das Innere ist in mehrere Wohnungen unterteilt, die noch weitgehend die alte, wenngleich einfache Ausstattung zeigen. Im ehemaligen Ladenlokal sind die freistehenden Betonstützen und -unterzüge sichtbar belassen. Die über dem ehemaligen Laden liegende Obergeschosswohnung des Kopfbaus ist mit gepflegten Schreinerarbeiten aus der Entstehungszeit ausgestattet. Das Dachgeschoss wurde um 2015 neu ausgebaut. Das Treppenhaus, das im verlängerten Bereich des Kernbaus liegt, besitzt ein schön gearbeitetes Staketengeländer. Die Obergeschosswohnung des Kernbau zeigt noch einfaches gestemmtes und Krallentäfer wohl aus der Zeit um 1900.
Der westlich vor dem Haus gelegene Vorgarten besitzt eine Einfriedung aus einem Schmiedeeisenzaun und einem einfachen, heute aber selten gewordenen Zaun aus gekreuzten Blechstäben.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA. 0001/0214-0217; Brandkataster Gemeinde Windisch, 1850-1938.
[2] Vgl. zum „Consum-Verein“ Baumann 1983, S. 587–591.
[3] Freundliche Mitteilung einer Eigentümerin; zur Siedlung vgl. Meyrat-Schlee / Henz 1978, Gmür 1978, Kurz et al. 2003, S. 161.
Erwähnung in anderen Inventaren:– Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Literatur:– Otti Gmür, Wohn-Bau-Experimente der Metron-Architektengruppe, in: werk-archithese, 65. Jg., 1978, S. 61-67 (zum Kontext).
– Ellen Meyrat-Schlee / Alexander Henz, Metron-News. Erfahrungsbericht über drei Reihenhaus-Siedlungen der Metron-Gruppe, in: werk-archithese, 65. Jg., 1978, S. 30-33 (zum Kontext).
– Daniel Kurz et al. (Hrsg.), Metron. Planen und Bauen 1965-2003, Zürich 2003, S. 161 (zum Kontext).
Quellen:– Staatsarchiv Aargau, CA. 0001/0214-0217; Brandkataster Gemeinde Windisch, 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=130283
 

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