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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1847 - 1848 |
Grundlage Datierung: | Brandkataster |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Teil einer Baugruppe |
Weitere Teile der Baugruppe: | BES907, BES921 |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Repräsentatives Wohnhaus, Villa |
Epoche / Baustil (Stufe 3): | Biedermeier |
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Dokumentation |
Würdigung: | Spätklassizistisch-biedermeierliches Wohnhaus, das 1847/48 für Johann Jakob Eichenberger erbaut wurde. Das stattliche, zeittypisch streng gegliederte Gebäude verweist auf die ersten wirtschaftlichen Erfolge wie auch den repräsentativen Anspruch seines Erbauers, der als Pionier der Beinwiler Zigarrenindustrie wenige Jahre zuvor den neuen Gewerbezweig im Dorf eingeführt hatte. Es ist am Äusseren weitgehend intakt erhalten und bewahrt auch noch Teile seiner einfachen Ausstattung. Zusammen mit der weiter nördlich gelegenen Tabakscheune (Bauinventarobjekt BES907) und den seeseits der Luzernerstrasse gelegenen Fabrikgebäuden (Bauinventarobjekt BES921) bildet das Fabrikantenwohnhaus eine geschlossene Baugruppe. Gleichzeitig gehört es zu einem grösserem Ensemble ähnlich gestalteter Bauten entlang der Luzernerstrasse (Bauinventarobjekte BES932, 934-936), welche den Aufschwung des Fabrikdorfs im mittleren 19. Jahrhundert anschaulich dokumentieren und das Ortsbild von Beinwil am See bis heute massgeblich prägen. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Gemäss Angabe im Brandkataster wurde das Gebäude 1847/48 für Johann Jakob Eichenberger (1821-1895) erbaut, wobei der Eintrag ein „zweistöckiges Wohnhaus von Mauer, 2 gewölbte Keller, gemauerte Fronten, unter Ziegeldach“ nennt [1]. Der Bauherr hatte erst 1841 nach dem Vorbild des Menzikers Samuel Weber die Zigarrenindustrie im Dorf eingeführt und gilt damit als Pionier der für Beinwil in der zweiten Hälfte des 19. Jh. prägenden Gewerbes [2]. Nachdem Eichenberger seine „Zigarrenstube“ zunächst in zwei Bauernhäusern eingerichtet hatte, diente unter anderem auch das Dachgeschoss des Neubaus an der Luzernerstrasse als Fabrikationslokal. Den Aufschwung der Firma in den darauffolgenden Jahrzehnten dokumentieren weitere Gebäude in der näheren Umgebung, so insbesondere die benachbarte Tabakscheune (Bauinventarobjekt BES907) und der seeseits der Luzernerstrasse gelegene Komplex von Fabrikbauten (Bauinventarobjekt BES921). 1882 ging die Firma in die Hände der Söhne Eduard und Theodor Eichenberger über. Um 1900 erhielt das Haus einen neuen Verputz mit Bänderung im Erdgeschoss; um 1930/40 wurde es rückwärtig um einen Laubenvorbau erweitert. In jüngerer Zeit erfolgten nur kleinere Innenumbauten. |
Beschreibung: | Das stattliche Wohnhaus ist in zeittypisch strengen und schlichten, spätklassizistisch-biedermeierlichen Architekturformen gehalten. Es erhebt sich bergseits der Luzernerstrasse, wo es zusammen mit der weiter nördlich gelegenen Tabakscheune (Bauinventarobjekt BES907) und deren Nebengebäude (Vers.-Nr. 111) eine zusammenhängende, hofartige Anlage bildet, der seeseits der Luzernerstrasse die Fabrikgebäude gegenüberstehen (Bauinventarobjekt BES921). Im weiteren Umfeld gehört das Gebäude zu einem grösseren Ensemble ähnlich gestalteter und in denselben Jahrzehnten entstandener Häuser entlang der Luzernerstrasse (Bauinventarobjekte BES932, 934-936). Der zweigeschossige verputzte Mauerbau wird von fünf auf drei Fensterachsen gegliedert und trägt ein mittelsteiles, gerades Satteldach. In der traufseitigen Schaufassade wendet sich ein dreiachsiger Mittelrisalit zur Strasse, der von einem Quergiebel mit klassizistisch ausgeschiedenem Frontispiz abgeschlossen wird. Über dem Erdgeschoss umfängt ein Gesimsband den Baukörper; seitlich wird die Strassenfront von zwei schwach profilierten Pilastern gerahmt. Der heutige Verputz, welcher das Erdgeschoss mit einer Bänderung als Sockel auszeichnet, stammt aus der Zeit um 1900. Die Einzelfenster sitzen in gefalzten Muschelkalkgewänden mit Blockbänken, von denen jene im Obergeschoss der Strassenfront mit profilierten Verdachungen akzentuiert sind. Sie tragen durchwegs hölzerne Jalousieläden. Der strassenseitige – wegen dem unmittelbar vor dem Haus gelegenen Trassee der Seetalbahn heute nicht mehr benutzte – Hauseingang besitzt ein profiliertes Gewände und wird von einer kurzen Freitreppe erschlossen; die Haustür stammt aus dem früheren 20. Jh. Im Obergeschoss ist die Mittelachse durch eine subtil differenzierte Fensterverdachung und einen Balkon mit Schmiedeeisengeländer in Entsprechung zu jenem im Erdgeschoss akzentuiert. Ein zeittypisches Schmuckelement sind die Lünetten (Halbrundfenster) unter dem Giebel des Mittelrisalits wie auch des Hauptdaches. An der rückwärtigen Traufseite ist dem Haus im Obergeschoss ein Lauben- und Balkonvorbau vorgelagert, der nach seinen Bauformen aus der Zeit um 1930/40 stammt (nicht Bestandteil des Schutzumfangs). Darunter liegt mittig der Hintereingang, der über eine kurze Freitreppe mit filigranem Eisengeländer erreicht wird und heute als hauptsächlicher Hauseingang dient. Im Inneren gliedern sich die Räume nach einem zeittypischen Schema zu beiden Seiten eines durchgehenden Quergangs samt Treppe ins Obergeschoss. Erhalten hat sich in den erdgeschossigen Wohnräumen einfaches gestemmtes Täfer samt entsprechenden Türen und Decken, im nordseitigen Zimmer eine einfache Balkendecke mit Deckleisten. Die Böden sind hier durchgehend erneuert. Der Kachelofen wurde schon vor geraumer Zeit entfernt. Die Zimmer des Obergeschosses besitzen zum Teil noch einfache bauzeitliche Weichholz-Riemenböden; die Wände waren vielleicht schon ursprünglich ohne Täfer, was beides auf eine gewisse Sparsamkeit in der Ausstattung weist. Das Südostzimmer ist an der Decke mit einer wohl wenig später ergänzten Stuckrosette verziert. Das geräumige Dachgeschoss ist als ein einziger, durchgehender Raum ohne Mansarden eingerichtet und diente ursprünglich zur Zigarrenfabrikation. Zwei gewölbte Keller mit Innenzugang liegen auf der Strassenseite und mit firstparalleler Richtung beidseits des Mittelgangs. |
Anmerkungen: | [1] Staatsarchiv Aargau, BA.05/0067, Bezirksamt Kulm, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1829-1850; CA.0001/0220-0223, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1850-1938. [2] Vgl. zu J.J. Eichenberger und seiner Firma Gautschi 1985, S. 167-175; Andreas Steigmeier, Blauer Dunst. Zigarren aus der Schweiz gestern und heute, Baden 2002, insbes. S. 17f., 41.; VAMUS, Datenbank Industriekultur: http://www.vamus.ch/industriekultur/index.cfm, Art. 'Eichenberger J. J., Eduard Eichenberger Söhne' (Zugriff 23.11.2016); Gautschi 1985, S. 167-175 u. Tf. 10. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Literatur: | - Karl Gautschi, Beinwil am See. Das Dorf im Wandel der Zeit, verf. im Auftrag des Gemeinderats Beinwil am See, Beinwil am See [1985], Tf. 10. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, BA.05/0067, Bezirksamt Kulm, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1829-1850; CA.0001/0220-0223, Brandkataster Gemeinde Beinwil am See, 1850-1938. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=131013 |
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