INV-UKU908 Gerbergasse 2, 1819 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-UKU908
Signatur Archivplan:UKU908
Titel:Gerbergasse 2
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südosten (2016)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Unterkulm
Adresse:Gerbergasse 2
Versicherungs-Nr.:92
Parzellen-Nr.:231
Koordinate E:2650917
Koordinate N:1240093
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2650917&y=1240093

Chronologie

Entstehungszeitraum:1819
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Gerberei

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2016

Dokumentation

Inschriften:"FR NOB 1867" (Türsturz Hausinneres)
Würdigung:Wohn- und Gewerbebau, der 1819 in kleineren Ausmassen als Gerberei errichtet und 1867 vergrössert und umgestaltet wurde. Das elegante, bernisch geprägte Mansarddach gibt dem an sich schlichten Gebäude einen gewissen repräsentativen Anstrich. Zwischen der Untervogtei und dem "Lindenhof" (kantonale Denkmalschutzobjekte UKU002 und UKU004) gelegen, kommt ihm auch eine erhebliche Bedeutung im Ortsbild zu. Ergänzender Bestandteil der Liegenschaft ist ein hart an den Lauf der Wyna gestelltes schlichtes Nebengebäude von 1898, welches als Waschhaus und Holzschopf diente.
Bau- und Nutzungsgeschichte:1819 wurde durch Daniel Nobs, wohl einen Verwandten des damaligen Müllers Johann Nobs, nördlich des Mühlengebäudes eine Gerberei errichtet [1]. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1829 ist von einem "Gewerbegebäude mit Wohnung, 2 Stock hoch, von Stein mit Ziegeldach" die Rede; im Eintrag von 1850 wird dieses als "Wohnhaus und Gerberei" bezeichnet [2]. Nach den Massangaben (38 Fuss lang/26 Fuss breit/18 Fuss hoch) dürfte das damalige Gebäude etwas mehr als die Hälfte der heutigen Hauslänge besessen haben. Es ist davon auszugehen, dass der Kernbau von 1819 den westlichen, bachseitigen Teil des bestehenden Baukörpers, bis hin zum zentralen Hauseingang, einnahm. Die Einrichtungen des Gerbereibetriebes sind in den heutigen Verhältnissen nicht mehr nachvollziehbar.
1867 fand unter Friedrich Nobs eine erhebliche Vergrösserung und Umgestaltung des Baukörpers zu den heutigen Verhältnissen statt. Diese Bauphase ist durch eine Inschrift "FR NOB 1867" am Durchgang vom zentralen Hausgang in den westlichen Hausteil belegt. In einem Brandkatastereintrag von 1867 wird ein "Anbau von Mauer und Rieg, 36 Fuss lang, mit zwei gewölbten Kellern", bei gleichzeitiger Erhöhung des Versicherungswertes von vormals 1750 auf neu 5200 Franken, vermerkt. Es dürfte sich hierbei um eine wesentliche Erweiterung und Umgestaltung gehandelt haben, bei der das Gebäude sein heutiges Erscheinungsbild erhielt. Fortan wurden die Räumlichkeiten überwiegend zu Wohnzwecken genutzt. Im strassenseitigen Gebäudeteil hat Mathilde Nobs, die Tochter des letzten Gerbers, vorübergehend ein kleines Verkaufslokal betrieben [3]. Zurzeit ist ein Umbau der leerstehenden Liegenschaft geplant.
Beschreibung:Der langgestreckte gemauerte Baukörper ist mit Firstrichtung West-Ost als Querriegel zwischen die Gerberstrasse und den Lauf der Wyna gestellt. Die beiden Längsfassaden weisen sieben regelmässige Achsen mit Rechteckfenstern auf, die Schmalseiten deren zwei. Über den gesamten Baukörper hinweg sind die Tür- und Fensteröffnungen im Erdgeschoss einheitlich mit Gewänden aus Muschelkalk ausgestattet. Demgegenüber weisen im Obergeschoss und Giebelfeld lediglich die Öffnungen des westlichen Gebäudeteils steinerne Gewände auf, während diejenigen am östlichen Teil in schlichterer Ausführung aus Holz bestehen. Das elegant geschweifte Mansarddach mit Teilwalm wiederum lässt in seinem Aufbau als Sparrenkonstruktion mit liegenden Stuhljochen und gezapften Kopfhölzern keine zeitliche Differenzierung erkennen, so dass von einer einheitlichen Gestaltung wohl in der Ausbauphase des Hauses von 1867 ausgegangen werden kann. Aus dieser Zeit könnten auch die Dachaufbauten stammen, welche ungleichmässig und mit unterschiedlichen Formaten über den Baukörper verteilt sind. Die Mittelachse über den zentralen Eingängen betont auf beiden Seiten eine etwas breitere Lukarne mit beschnitztem Giebelfeld in der Art des Schweizer Holzstils. Im Bereich des östlichen Gebäudeflügels schliessen drei schmalere, ebenfalls in die Fensterachsen gesetzte Lukarnen an, während der westliche Gebäudeteil über keinerlei Aufbauten verfügt. Wohl gleichzeitig wie die Dachaufbauten ist der laubenartige Ausbau im mittleren Bereich der nördlichen Trauffassade entstanden.
Die Haupteingänge an beiden Traufseiten zeigen noch ältere, mit biedermeierlichen Rauten-, Diamantquader- und Rosettenmotiven verzierte Türflügel, wobei der südseitige mit einem ornamentalen eisernen Fenstergitter ausgestattet ist. Durch die beiden Eingänge gelangt man in einen breiten Mittelgang mit Treppe in den Keller und ins Obergeschoss. Der Gang dient zur Binnenerschliessung beider Gebäudeflügel. Als Reminiszenz an die Gebäudeerweiterung von 1867 ist über dem Durchgang in den westlichen Hausteil die Inschrift "FR NOB 1867" (= Friedrich Nobs) angebracht. Die stockwerkweise angeordneten Wohnungen weisen eine gängige Viererteilung auf. Mit Ausnahme eines hellblauen Biedermeierofens mit hellem Kranz ist in den Räumen keine nennenswerte historische Ausstattung mehr vorhanden. Unter dem östlichen, strassenseitigen Gebäudeteil erstrecken sich zwei quer zum First angeordnete tonnengewölbte Keller. Der westliche Gebäudeteil war ursprünglich wohl nicht unterkellert und hat erst in jüngerer Zeit einen Kellerraum mit Betondecke erhalten.
Südwestlich des Hauptbaus steht im rechten Winkel hart an der Wyna ein 1898 als Waschhaus und Holzschopf erstelltes Nebengebäude (Vers.-Nr. 264). Der schlichte, intakt erhaltene Zweckbau ist als Mischkonstruktion aus Fachwerk und Gerüstbau mit vertikaler Bretterschalung errichtet. Er bildet die seitliche Begrenzung des hofartigen südlichen Hausvorplatzes und ist für die Gesamtanlage deshalb von erheblicher situativer Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Siegrist 1957, S. 240.
[2] Staatsarchiv Aargau, BA.05.0081: Brandkataster Unterkulm 1829-1847; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0282-0285: Brandkataster Unterkulm 1850-1938.
[3] Siegrist 1957, S. 241.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Literatur:- Jean Jacques Siegrist, Die Gemeinde Unterkulm und das Kirchspiel Kulm, ein Beitrag zur Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Wynentals, Aarau 1957.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, BA.05.0081: Brandkataster Unterkulm 1829-1847; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0282-0285: Brandkataster Unterkulm 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=131122
 

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