INV-UKU915A Mühle KWC-Areal, 1851 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-UKU915A
Signatur Archivplan:UKU915A
Titel:Mühle KWC-Areal
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Östliche Hauptfront des Mühlen-Kernbaus (2016)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Unterkulm
Adresse:Hauptstrasse 57
Versicherungs-Nr.:125
Parzellen-Nr.:254
Koordinate E:2650926
Koordinate N:1240554
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2650926&y=1240554

Chronologie

Entstehungszeitraum:1851
Grundlage Datierung:Inschrift (Fassade); Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:UKU915B
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Mühle

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2016

Dokumentation

Inschriften:"IRMZ / 1851" (Zwerchgiebel)
Würdigung:Am Standort einer abgebrannten Baumwollspinnerei entstandenes Mühlengebäude von 1851, welches die eigentliche Keimzelle des KWC-Areals bildet. Nach der Gründung der mechanischen Werkstätte durch Adolf Karrer 1874 folgte eine sukzessive Entwicklung des Areals zu einer ausgedehnten Industrieanlage mit Sheddachbauten. Im Hinblick auf die Realisierung eines neuen Wohn- und Gewerbequartiers wurden 2016 grosse Teile des Industriekomplexes abgebrochen. Davon ausgenommen waren lediglich der hier beschriebenen Mühlen-Kernbau von 1851 sowie das 1896 entstanden Giessereigebäude und heutige KWC-Museum (Bauinventarobjekt UKU915B). Diese beiden Gebäudeteile sollen als historische Reminiszenzen in die Neuüberbauung integriert werden.
Bau- und Nutzungsgeschichte:In Unterkulm existierte vermutlich schon seit dem Mittelalter eine Mühle [1]. An diesem älteren Standort, der so genannten "Oberen Mühle", sind das erheblich veränderte Mühlengebäude (Gerbergasse 69) sowie der 1778 als stattliches Müllerhaus erbaute "Lindenhof" (kantonales Denkmalschutzobjekt UKU004) heute noch vorhanden.
1851 kam mit dem Bau der hier beschriebenen "Neumühle" oder "unteren Mühle" kurzzeitig ein zweiter Mühlenbetrieb hinzu. Bauherr war Rudolf Müller (1801-1885), der gegen den heftigen Widerstand der Wynentaler Müller sein Konzessionsrecht vom Oberkulmer Schweiniboden hierher übertragen liess [2]. Das neue Mühlengebäude kam an den nördlichen Dorfrand, an der Stelle einer 1848 abgebrannten Spinnereifabrik, zu stehen. Der Neueintrag im Brandkataster von 1852 vermerkt "ein 2-stöckiges Wohnhaus mit Mühle samt Triebwerk, einer Röndle und einem Mahlgang, Bäckerei und angebautem Staubhaus, von Stein, mit Ziegeldach und gewölbtem Keller" [3]. Die räumlichen Verhältnisse mit Mühlengebäude und leicht zurückversetzter freistehender Scheune sind auf einem Wasserwerksplan von 1857 anschaulich dargestellt (siehe Fotodokumentation). Bereits 1853 hatte Jakob Müller (1825-1894), der Sohn von Rudolf Müller, den Betrieb übernommen.
Die Gründe für den 1873 erfolgten Verkauf der Mühlenliegenschaft an den Teufenthaler Musikdosenfabrikanten Adolf Karrer (1845-1895) sind nicht bekannt. Noch im gleichen Jahr erhielt der neue Besitzer die Erlaubnis, einen südlichen Erweiterungsbau für die mechanische Werkstätte zu errichten; dieser wurde vorerst eingeschossig aufgeführt und später aufgestockt. 1875 hat man im alten Mühlengebäude eine mechanische Schreinerei eingerichtet. Bereits 1880 kam eine Giesserei hinzu, welche vorerst nördlich des Hauptgebäudes an die zu Arbeiterwohnungen umgewandelte ehemalige Scheune angegliedert wurde. 1896 folgte der Bau einer neuen Giesserei und mechanischen Werkstätte auf der gegenüberliegenden Strassenseite (Bauinventarobjekt UKU915B). Die frühe bauliche Entwicklung des Areals ist anhand von Wasserwerksplänen von 1877, 1882 und 1906 sowie einer Zeichnung von 1897 gut nachvollziehbar (siehe Fotodokumentation).
Als sich gegen Ende des 19. Jh. der Niedergang der Musikdosenherstellung abzeichnete, fand unter der Leitung der Witwe des verstorbenen Adolf Karrer eine umfassende Umstrukturierung des Betriebes zur Möbel- und Parkettherstellung sowie zur Armaturenfabrikation statt. Nach der 1916 erfolgten Gründung der Kollektivfirma KWC (Karrer, Weber & Cie.) erlebte der Betrieb einen enormen Aufschwung, der sich in ausgedehnten Neubauten und Gebäudeerweiterungen niederschlug. Eine Luftaufnahme von 1974 zeigt das Fabrikareal der KWC mit dem alten Mühlengebäude samt Erweiterung im Zentrum, umgeben von ausgedehnten Sheddachbauten und einem modernen Verwaltungsgebäude von 1969 (siehe Fotodokumentation).
In Zusammenhang mit der Betriebsverlagerung in einen Neubau östlich der Wyna soll ab 2017 auf dem alten KWC-Areal ein gemischtes Wohn- und Gewerbequartier entstehen. Von den bestehenden Gebäuden werden lediglich die Mühle von 1851 sowie die als Firmenmuseum genutzte ehemalige Giesserei von 1896 in die Neuüberbauung einbezogen.
Beschreibung:Bei der Mühle von 1851 handelt es sich um einen schlichten zweigeschossigen Mauerbau spätklassizistisch-biedermeierlicher Prägung, geborgen unter einem mittelsteilen, geraden Satteldach. Die nach Osten zur alten Dorfstrasse (heutiger Fabrikweg) gerichtete Hauptfassade ist mit fünf Achsen mit Rechteckfenstern regelmässig gegliedert. Wie aus einer alten Zeichnung zu entnehmen ist, befanden sich früher hier zwei Eingänge: ein ebenerdiger in der Mittelachse und ein seitlicher, leicht erhöhter, welcher über eine Aussentreppe zu erreichen war. Nach der Realisierung des südlichen Anbaus 1874 wurden diese beiden Zugänge aufgehoben und die Erschliessung in den Anbau verlegt [4]. Geblieben ist der die Mittelachse betonende Zwerchgiebel, der von einem sorgfältig gestalteten Zwillingsfenster mit profiliertem Sturzgesims und der Bauinschrift "IRMZ / 1851" nebst Mühlrad und Blumendarstellung in einem runden Feld besetzt ist. Darüber finden sich zwei halbkreisförmige Lüftungsöffnungen (Lünetten) als zeittypische Gestaltungselemente des 19. Jh.
Im Zuge der späteren Eingliederung in die sukzessive sich ausdehnende Fabrikanlage wurden die restlichen Fassaden des Mühlen-Kernbaus stärker verändert. Ebenso ist von der ehemaligen Raumteilung und der Mühleneinrichtung nichts mehr vorhanden. Erhalten geblieben ist hingegen die bauzeitliche Dachkonstruktion mit liegendem Stuhl und gezapften Kopfhölzern.
Anmerkungen:[1] Zur Mühlengeschichte in Unterkulm vgl. Richner 2007/08, S. 224-236; Siegrist 1957, S. 237.
[2] Richner 2007/08, S. 216-221, 233; Siegrist 1957, S. 247-249.
[3] Staatsarchiv Aargau, BA.05.0081: Brandkataster Unterkulm 1829-1847; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0282-0285: Brandkataster Unterkulm 1850-1938.
[4] Eine diesbezügliche Sturzinschrift "AD.KA./1874" befand sich am Eingang des südlichen Gebäudeflügels, welcher 2016 abgebrochen wurde.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Literatur:- Jean Jacques Siegrist, Die Gemeinde Unterkulm und das Kirchspiel Kulm, ein Beitrag zur Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Wynentals, Aarau 1957.
- Raoul Richner, Die Mühlen in Unterkulm, in: die Mühlen im Wynental und seiner Umgebung, Jahresschrift der Historischen Vereinigung Wynental 2007/2008.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, BA.05.0081: Brandkataster Unterkulm 1829-1847; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0282-0285: Brandkataster Unterkulm 1850-1938.
- Staatsarchiv Aargau, DB.W01/003601: Verificationsverbal und Wasserwerkpläne.
- www.vamus.ch/industriekultur
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=131129
 

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