INV-SSI904 Altes Schulhaus, 1813 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-SSI904
Signatur Archivplan:SSI904
Titel:Altes Schulhaus
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Osten (2017)
Bezirk:Zurzach
Gemeinde:Schneisingen
Ortsteil / Weiler / Flurname:Mittelschneisingen
Adresse:Zelglistrasse 1
Versicherungs-Nr.:67
Parzellen-Nr.:613
Koordinate E:2669501
Koordinate N:1263650

Chronologie

Entstehungszeitraum:1813
Grundlage Datierung:Literatur
Nutzungen:1897 Verkauf in Privateigentum und Umnutzung als Wohnhaus

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:SSI002
Nutzung (Stufe 1):Öffentliche Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Schulhaus

Dokumentation

Autorschaft:Hans Jakob Scheublin, Baumeister, Kaiserstuhl
Würdigung:1813 von der Gemeinde errichtetes erstes Schulhaus, das in eigenwilliger Disposition quer an das Chorhaupt der barocken Antoniuskapelle gefügt wurde und seit 1897 als Wohnhaus dient. Der Walmdachbau ist über einem massiven Sockelgeschoss in Fachwerk aufgeführt; er wurde nachträglich mit einem Besenwurf-Verputz samt Eckquaderung versehen und zeigt sorgfältig instrumentierte hölzerne Fenstereinfassungen, was ihm ein spätklassizistisches Gepräge verleiht. In seiner prominenten Lage an der Strassenkreuzung im alten Dorfkern von Mittelschneisingen bildet das Gebäude zusammen mit der Kapelle (Kantonales Denkmalschutzobjekt SSI002) eine für das Ortsbild überaus wichtige Baugruppe, die als direktes Gegenüber des „Löwen“, des Gemeindehauses sowie des Bauernhauses Dorfstrasse 40 (Bauinventarobjekte SSI903, 905, 906) fungiert.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Aufgrund des ersten kantonalen Schulgesetzes von 1805, welches die allgemeine Schulpflicht einführte und alle Gemeinden zum Bau eines eigenen Schulhauses verpflichtete, errichtete man in Schneisingen 1812/13 mit finanzieller Unterstützung des Kantons das heute noch bestehende erste Schulhaus [1]. Dieses kam in den Ortsteil Mittelschneisingen zu liegen, wo man es in höchst eigenwilliger Weise direkt an das Chorhaupt der Antoniuskapelle (Kantonales Denkmalschutzobjekt SSI902) fügte. Diese war 1667 unter Pfarrer Johann Georg Stressler durch Baumeister Hans Jakob Scheublin aus Kaiserstuhl erbaut worden war und hatte ihrerseits einen Vorgängerbau ersetzt. Plan und Ausführung des Schulhauses übertrug man dem einheimischen Zimmermann Peter Schlund, der gleichzeitig auch den Dachstuhl über der Antoniuskapelle erneuerte. Im ersten Obergeschoss des Neubaus lag das Schulzimmer; ein weiterer Raum diente wohl als Gemeindekanzlei. Das Erdgeschoss war für die Unterbringung von Feuerspritze und Leichenwagen eingerichtet. Gemäss dem ersten verfügbaren Brandkatastereintrag von 1851 mass das Gebäude damals 41 auf 26 Fuss (12.3 x 7.8 Meter) und entsprach damit bereits der heutigen Ausdehnung; man kann folglich davon ausgehen, dass das asymmetrische Dach von Anfang an bestand und nicht Resultat einer Erweiterung war [2].
Spätestens seit 1846 und über die ganze zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinweg forderten Bezirksschulrat und Erziehungsdirektion wiederholt die Einrichtung einer zweiten Abteilung und später den Bau eines neuen Schulhauses, zumal das Gebäude mit weit mehr als hundert Kindern in einer einzigen Gesamtschule auch nach damaligen Massstäben vollkommen überfüllt war. Die Gemeinde hingegen bemühte sich, wie dies auch andernorts zu beobachten ist, die Forderungen wegen der hohen Kosten abzuwenden oder hinauszuschieben [3]. 1847 und 1864 erfolgten Renovationen des Schulhauses. 1868 musste die Gemeinde auf Anordnung des Kantons einen zweiten Lehrer anstellen, um die Gesamtschule in eine Unter- und Oberschule zu teilen. 1875/76 wurde das wohl im zweiten Obergeschoss gelegene Zimmer der Unterschule auf Kosten der bisherigen Arbeitsschule vergrössert. Letztere verlegte man hingegen in die „hintere, heitere, geräumige, heitzbare, von dem Wirtshauslokale ganz entfernte Stube“ des Löwen, wie man die Vorbehalte der kantonalen Behörden gegenüber der Nähe zum Wirtsbetrieb zu entkräften versuchte [4].
Nach dem Bau des neuen Schulhauses (Bauinventarobjekt SSI903) 1896/97 wurde das Alte Schulhaus an den Kaufmann Franz Xaver Rohner veräussert, der das Gebäude in den oberen Etagen zu Wohnzwecken umbauen liess und im Erdgeschoss einen Kolonialwarenladen einrichtete. Bis 1983 befand sich ein von verschiedenen Nachfolgerinnen betriebenes Lebensmittelgeschäft im Haus [5]. Gemäss einer Aufnahme aus dem frühen 20. Jh. zeigte sich das Gebäude damals in den Obergeschosses noch mit Sichtfachwerk, was wohl dem bauzeitlichen Zustand entsprach (vgl. Bilddokumentation) [6]. Wenig später muss der bestehende Besenwurf-Verputz mit Eckquaderung entstanden sein.
Die westlich anschliessende Kapelle steht seit 1963 unter Kantonalem Denkmalschutz. 1970/71 sowie 2009 erfolgten Gesamtrenovationen der Kapelle unter Begleitung der Kantonalen Denkmalpflege [7].
Beschreibung:Das Alte Schulhaus ist in eigenwilliger Disposition direkt an die barocke St. Antonius-Kapelle (Kantonales Denkmalschutzobjekt SSI002) angebaut, wobei der quer zur Kapelle gerichtete Baukörper in exzentrischer Lage an deren Chorhaupt stösst. Zusammen bilden die beiden Gebäude eine markante Baugruppe, die in der Nachbarschaft des „Löwen“, des Gemeindehauses sowie des Bauernhauses Dorfstrasse 40 (Bauinventarobjekte SSI903, 905, 906) eine überaus prominente Stelle im Ortsbild von Mittelschneisingen einnimmt. Das heute spätklassizistisch geprägte Alte Schulhaus besteht aus einem hohen, gemauerten Sockelgeschoss und einem in Fachwerk errichteten, nachträglich verputzten Oberbau. Es wird von einem geknickten Vollwalmdach abgeschlossen, dessen unregelmässige Form vom rückwärtig angebauten Kapellendach herrührt. Das erste Obergeschoss liegt dabei mit der rückwärtig angebauten Kapelle auf gleichem Niveau, so dass das Sockelgeschoss nur hangabwärts nach Süden und Osten freiliegt. Die leicht unregelmässig angelegte, vierachsige Hauptfassade ist nach Osten zur Strassenkreuzung gerichtet; von der Schladstrasse und von Oberschneisingen her treten hingegen die schmalen zweiachsig befensterten Stirnseiten in Erscheinung. Die Fenster werden von sorgfältig gestalteten Holzeinfassungen gerahmt, die im ersten Obergeschoss durch profilierte Verdachungen hervorgehoben sind. Der Besenwurf-Verputz mit Eckquaderung stammt aus dem frühen 20. Jh.; davor zeigte der Oberbau Sichtfachwerk, wie es in der Gegend im 19. Jh. verbreitet war [8]. Das von einem Gurtgesims abgeschlossene Sockelgeschoss entspricht in den Öffnungen noch der Grunddisposition des nach 1897 eingebauten Ladenlokals, wobei die Segmentbogenöffnungen später zu Rechtecken reduziert wurden. Der Eingang zu den Wohngeschossen liegt im ersten Obergeschoss der hangseitigen nördlichen Schmalseite und ist über eine Freitreppe zu erreichen.
Die Erschliessung erfolgt in den Wohngeschossen durch einen Stichgang in Firstrichtung. Das Hausinnere besitzt keine älteren Ausstattungsteile (Inneres gemäss Kurzinventar 1993).
Anmerkungen:[1] Baugeschichte nach Pirovano 1987, S. 129-131; Brian Scherer / Meier / Steigmeier 2003, S. 110; Schwitter 2013, S. 166-168.
[2] Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0747-0749, Brandkataster Gemeinde Schneisingen, 1851-1938.
[3] Brian Scherer / Meier / Steigmeier 2003, S. 108-113.
[4] Brian Scherer / Meier / Steigmeier 2003, S. 113.
[5] Schwitter 2013, S. 173; Brian Scherer / Meier / Steigmeier 2003, S. 123f.
[6] Abgeb. bei Brian Scherer / Meier / Steigmeier 2003, S. 124 mit Entstehungsjahr 1922; evtl. etwas älter.
[7] Zu den Renovationen vgl. Schwitter 2013; Akten im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege.
[8] Vgl. Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 99f., 107., u.a. mit dem Beispiel Dorfstrasse 52 (Vers.-Nr. 51) von 1856 aus Schneisingen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Literatur:- Herbert Schwitter, „Heiliger Antonius, bitte für uns!“ Die Kapelle St. Antonius in Schneisingen, in: Beiträge zur Geschichte des Bezirks Zurzach, 7, 2013, S. 159-184.
- Sarah Brian Scherer / Bruno Meier / Andreas Steigmeier Schneisingen – von der Frühgeschichte bis zur Gegenwart, Baden 2003, S. 108-113, 124.
- Vincenzo Pirovano-Thalmann, Pfarreigeschichte von Schneisingen/Siglistorf, [Schneisingen 1987], S. 129-131.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0747-0749, Brandkataster Gemeinde Schneisingen, 1851-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Denkmalschutzakten.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=132155
 

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