INV-OFT943 Gygerweg 5, 1901 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-OFT943
Signatur Archivplan:OFT943
Titel:Gygerweg 5
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Osten (2017)
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Oftringen
Adresse:Gygerweg 5
Versicherungs-Nr.:538
Parzellen-Nr.:1645
Koordinate E:2638034
Koordinate N:1238169

Chronologie

Entstehungszeitraum:1901
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2017

Dokumentation

Würdigung:1901 für Zimmermeister Heinrich Gyger erbaute Späthistorismus-Villa, die durch ihre reichen Ziermotive in den Formen des Schweizer Holzstils auffällt. Der in zeittypischer Weise unregelmässig-malerisch gegliederte Baukörper besitzt einen gemauerten Sockel und einen hölzernen Oberbau, der von einer bewegten Dachlandschaft mit allseitigen Quergiebeln abgeschlossen wird; als Hauptakzent ist ein Turm mit hohem Spitzhelm an die Südfassade gestellt. Mit dem üppig geschmückten und bis heute intakt erhaltenen Holzwerk, das gesägte, gedrechselte wie auch beschnitzte Partien besitzt und am strassenseitigen Balkon etwa orientalische Motive verwendet, konnte der Bauherr in der Nachbarschaft zur eigenen Schreinerei und Zimmerei die Kunstfertigkeit seines Betriebs demonstrieren. Als Vertreter des gehobenen Wohnhausbaus in der Zeit um 1900 kommt dem Gebäude ein erheblicher Zeugenwert zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Villa wurde gemäss Angabe im Brandkataster 1901 für Zimmermeister Heinrich Gyger-Brack (1865-1925) erbaut [1]. Dieser führte in der unmittelbaren Nachbarschaft eine Mechanische Zimmerei und Schreinerei, welche vermutlich die Holzarbeiten der Villa ausführte und deren Kunstfertigkeit mit dem üppig geschmückten Wohnhaus demonstriert werden sollte [2]. Für das Projekt zog man wohl einen Architekten bei, der allerdings nicht bekannt ist.
Beschreibung:Die stattlich dimensionierte Villa erhebt sich in einem grosszügigen Gartengrundstück zwischen der Aarburger- und der Bündtenstrasse, unmittelbar an Grenze zu Zofingen. Es handelt sich um einen malerisch-unregelmässig gegliederten Späthistorismusbau, der durch seine überaus reichen Dekorationsmotive in den Formen des Schweizer Holzstils auffällt. Der Baukörper, der sich auf annähernd quadratischem Grundriss erhebt, besteht aus einem gemauerten Sockelgeschoss und einem eingeschossigen hölzernen Oberbau samt voll ausgebautem Kniestock. Er ist in zeittypischer Weise in Risalite und Vorbauten aufgelöst und wird von einer entsprechend bewegten Dachlandschaft abgeschlossen. Als Hauptakzent ist südostseitig ein polygonaler Turm mit Spitzhelm an das Haus geschoben, der zum Gygerweg hin von einem Quergiebel und einem Obergeschossbalkon gerahmt wird. Die übrigen drei Fassaden sind durch jeweils einen asymmetrisch angeordneten Quergiebel akzentuiert.
Der glatt verputzte erdgeschossige Sockel ist mit grossen Segmentbogenfenstern versehen, die von Sandsteingewänden mit Schlussstein, Bogenanfängern und rustizierten Keilsteinen gerahmt werden; zumindest teilweise besitzen sie noch die bauzeitlichen hölzernen Rollläden. Noch aufwendiger gestaltet sind die hohen Treppenhausfenster, welche durch gemeinsame Gewändeprofile verbunden sind und den gleichfalls gemauerten Turmschaft dreiseitig umfassen. Der Sockel des Turmschafts, der den Hauseingang fasst, wird an den Kanten von grob bossierten Hausteinquadern betont. Der wohl als Ständerkonstruktion ausgeführte hölzerne Oberbau ist zwischen konsolenverzierten Ecklisenen mit einer horizontalen Verbretterung versehen. Die Brüstungszone, die sich auf einen Konsolenfries stützt, ist ringsum in der Art eines „Abwurfs“ (Regendachreihen an ostschweizerischen Schindelhäusern) mit Holzschindeln verrandet. Über einem aufwendigen Sohlbankgesims – eigentlich einem Motiv aus dem Steinbau – setzen grosszügige, annähernd quadratische Fensteröffnungen auf, die von geschweiften Holzeinfassungen mit profilierten Verdachungen gerahmt werden und noch die bauzeitlichen hölzernen Jalousieläden tragen (Fenster mit innenliegenden Sprossen erneuert). Auf Kniestockhöhe umfängt ein konsolengeschmückter Bogenfries den gesamten Baukörper.
Eine noch reichere Gliederung zeigt das Holzwerk an den Quergiebeln, der Turmstube sowie dem Balkon und einem weiteren Vorbau. Drei der vier Quergiebel werden in identischer Gestaltung von einem knappen Krüppelwalm abgeschlossen; das Fluggespärre ist auf volutenfömige Büge abgestützt und mit gedrechselten wie auch gesägten Ziermotiven belebt. Der südwestseitige Quergiebel besitzt demgegenüber ein Gehrschilddach mit Ründe. Der laubenartig ausgebildete südostseitige Balkon fällt durch die orientalisch inspirierte Gestaltung mit hufeisenartig gestelzten, sich überschneidenden Bogenmotiven und gitterförmigen halbtransparenten Füllungen auf. Die Turmstube wiederum übersetzt mit gebauchten Halbsäulen, Gesimsprofilen und gefelderten Brüstungen Formen der nordeuropäischen Renaissance in den Holzbau.
Die komplex erscheinende Dachlandschaft besteht aus einem gekappten Zeltdach mit flacher geneigtem Aufsatz und vierseitig anstossenden Quergiebeln. Die Dachflächen sind mit Biberschwanzziegeln doppelt eingedeckt. Der Turm besitzt einen gleichfalls ziegelgedeckten polygonalen Helm mit stark geknickten Aufschieblingen. Die Quergiebel werden von Firstknäufen überhöht, während auf dem Hauptdach ein hoher Blitzableiter und auf der Turmspitze eine Wetterfahne sitzen. An der kaum einsehbaren Nordwestseite sind jüngere Anbauten an das Haus gefügt. Die Dachflächen sind insbesondere rückwärtig von nachträglichen Aufbauten und Fenstern besetzt. (Hausinneres nicht gesehen.)Zum Gygerweg hin besitzt der Garten noch seine bauzeitliche, in Jugendstilformen gestaltete Einfriedigung. Die Mauerpfosten sind mit stilisierten Flügelformen verziert und von haubenartigen Aufsätzen abgeschlossen; der Schmiedeeisenzaun ist im Lebhag kaum sichtbar. In der Achse des Hauseingangs öffnet sich ein floral verziertes Schmiedeeisentor.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau; CA.0001/0636-0639, Brandkataster Gemeinde Oftringen, 1850-1938; Lebensdaten nach Illustrierte schweizerische Handwerker-Zeitung, 41. Jg. (1925), S. 549.
[2] Vgl. Schweizerisches Handelsamtsblatt, Nr. 23, 18.1.1906, S. 91. In der Illustrierten schweizerischen Handwerker-Zeitung, 36. Jg. (1920), S. 46 ist die Teilnahme an der „Raumkunst-Ausstellung“ im Gewerbemuseum Aarau genannt.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau; CA.0001/0636-0639, Brandkataster Gemeinde Oftringen, 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=133148
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds