Identifikation |
Signatur: | INV-RUA909 |
Signatur Archivplan: | RUA909 |
Titel: | Hauptstrasse 12 |
Ansichtsbild: |
|
Bildlegende: | Ansicht von Südwesten (2018) |
Bezirk: | Brugg |
Gemeinde: | Rüfenach |
Ortsteil / Weiler / Flurname: | Rüfenach |
Adresse: | Hauptstrasse 12 |
Versicherungs-Nr.: | 6 |
Parzellen-Nr.: | 78 |
Koordinate E: | 2657720 |
Koordinate N: | 1262188 |
|
Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1821 - 1822 |
Grundlage Datierung: | Literatur |
Nutzungen: | Diente kurz nach der Erbauung bis 1881 als Pinte. |
|
Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
|
Dokumentation |
Würdigung: | Stattlicher spätklassizistisch-biedermeierlicher Vielzweckbau, der 1821-22 für Jakob Meyer, einen der Haupterben des Rüfenacher Fabrikanten und Kaufmanns Heinrich Meyer, erbaut wurde und von 1823 bis 1881 unter neuen Eigentümern eine Pintwirtschaft beherbergte. Der Mauerbau zeigt eine traufbetonte Fassadengestaltung mit den für Juragiebelhäuser charakteristischen Korbbogenportalen am Ökonomietrakt und einem grosszügigen, zur Strasse hin mit sechs eng gesetzten Fensterachsen ausgestatteten Wohnteil. Sorgfältige Hausteinarbeiten und ein aussergewöhnlich hoher Gewölbekeller zeichnen den langgezogenen, den Strassenraum prägenden Bau am südlichen Dorfeingang aus. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das Bauernhaus wurde 1821-22 für Jakob Meyer, einen von vier Grossneffen und Haupterben des Rüfenacher Bauwollhändlers und Fabrikanten Heinrich Meyer, erbaut. Während seine beiden Brüder Johannes und Samuel in die Firma ihres Grossonkels eintraten, sollte Jakob sich der Landwirtschaft widmen. Die Erbschaft machte die Errichtung eines stattlichen Bauernhauses möglich. Landkauf, Bau und Verwaltung erfolgten jedoch durch den mit der Familie befreundeten und als Vormund eingesetzten Ammann Jakob Tanner, da man Jakob selbst die Verwaltung des Erbes nicht zutraute. Nach der Fertigstellung wohnte Jakob nur kurze Zeit darin. Sein Bruder Samuel, der Schwager und Tanner wirkten über die folgenden Jahre anlässlich verschiedener Streitigkeiten und Ereignisse darauf hin, ihn für blödsinnig zu erklären und auf diese Weise aus allen weiteren Geschäften im Zusammenhang mit dem Nachlass auszuschliessen, was 1828 schliesslich gelang. Tanner, der den Hof bereits seit 1823 gepachtet hatte und darin die kurz davor in einem benachbarten Haus von ihm gegründete erste Pintwirtschaft des Dorfes betrieb, übernahm in nun selbst. Bis zu ihrer Schliessung 1881 führten noch zwei Generationen Tanner die Wirtschaft weiter [1]. 1940 erhielt der Scheunentrakt auf der Rückseite einen rechtwinklig anschliessenden Anbau. Eine sorgfältige Aussenrenovation fand 1986 statt. Der Wohnteil wurde 1996 einem durchgreifenden Umbau unterzogen, bei dem die bauzeitliche Innenausstattung, bestehend aus Brettertäfer mit Felderteilung und Füllungstüren mit Messingbeschlägen im Stil Louis XVI, verloren ging. Vollständig modernisiert wurde auch der für stattliche Häuser zeittypische, mit Muschelkalkplatten belegte und mit einer profilierten Gipsdecke ausgestattete durchlaufende Korridor, von dem aus neben der Küche im Hinterhaus eine Treppe ins Obergeschoss führte. Äusserlich sichtbar wirkte sich die gleichzeitige Einrichtung einer dritten Wohnung im Dachgeschoss aus, in deren Zusammengang nach beiden Seiten Schleppgauben und stirnseitig ein Balkon ergänzt wurden. Im Jahr 2000 erfolgte die Umnutzung der Scheune als Laden und Lagerraum. |
Beschreibung: | Der längs zur Strasse nach Riniken gestellte Baukörper markiert am südlichen Ortseingang von Rüfenach den Beginn der historischen Bebauung. Der unter einem geraden Satteldach mit knappen giebelseitigen Anschlüssen geborgene Vielzweckbau reiht sich mit seiner muralen Erscheinung in die Tradition der Juragiebelhäuser. Er gliedert sich in einen grosszügigen südseitigen Wohnteil und einen nach Norden anschliessenden Ökonomietrakt mit der geläufigen dreiteiligen Nutzungsabfolge Tenn, Futtertenn und aussenliegender Stall. Der zweigeschossige Wohnteil zeigt eine streng axiale Fassadengliederung im spätklassizistisch-biedermeierlichen Stil, wobei die nach Westen, zur Strasse hin ausgerichtete Traufseite als repräsentative Hauptfassade ausgebildet ist. Sie ist mit sechs dicht aufeinanderfolgenden Fensterachsen besetzt, von welchen die innere im Erdgeschoss den Hauseingang aufnimmt. Die gefalzten, aus Muschelkalk gehauenen Fenstergewände zeichnen sich durch wulstig profilierte Gesimse aus. Der über eine dreiseitige Freitreppe mit profilierten Stufen zugängliche Vordereingang wird in der Mitte des Sturzes durch eine schlusssteinartige Verzierung akzentuiert. Schlusssteine und Bogenanfänger zieren auch die steinernen Korbbogenportale der Tenneinfahrten. Die im Sockelbereich zum Schutz vor Beschädigungen durch Fuhrwerke beidseitig angebrachten Radabweiser sind in eleganter, dreiviertelplastischer Form als Teil des unteren Gewändestücks gearbeitet. Besonders eindrücklich ist das als gemeinsames Bauteil beider Gewände gearbeitete Werkstück, das aus einem grossen Muschelkalkblock mit zwei Radabweisern besteht. Das Dreschtenn besitzt noch das hölzerne Tor aus der Bauzeit, das sich in ein Bogensegment mit Sonnenmotiv und zwei Torflügeln mit rautenförmiger Aufdoppelung gliedert. Die rechteckigen Einfassungen von Stalleingang und zugehörigem Fenster sind erneuert. Jeweils axial über den verschiedenen Zugängen und dem Stallfenster verteilen sich am Heubergeraum vier kleine, ebenfalls mit Muschelkalk eingefasste und ehemals mit Jalousieläden verschlossene Rechtecköffnungen (heute Bretterläden). Die nach Süden gewandte Giebelfassade des Wohnteils weist an beiden Wohngeschossen und im unteren Dachgeschoss je zwei axial angeordnete Fenster auf und ganz oben im Giebelfeld ein etwas kleiner dimensioniertes Rechtecklicht. Die rückwärtige Trauffassade ist mit drei Fensterachsen spärlicher belichtet. Die Gewände weisen hier keine vorspringenden Gesimse auf. Auch die Einfassung des Hintereingangs und die Stufen der zugehörigen Freitreppe sind schlicht gehalten. Die rückseitige Ausfahrt des Dreschtenns ist als kleiner dimensioniertes Korbbogenportal gestaltet. Der Heubergeraum wird auf dieser Seite durch eine hölzerne Wand mit schräg verlaufenden Lamellen belüftet. An der nördlichen, scheunenseitigen Stirnfront klingt mit drei Oculi im Giebelfeld noch die spätbarock geprägte Bauweise der Zeit um 1800 nach. Im Innern des Gebäudes hat sich das historische Dachwerk, bestehend aus einer Sparrenkonstruktion mit liegendem Stuhl, weitgehend erhalten. Eine bis zum First hochgezogene Bruchsteinmauer trennt den Ökonomie- vom Wohnteil. Letzterer umfasst in den beiden Hauptgeschossen zwei Stockwerkswohnungen, von welchen die untere einst die Wirtschaft enthielt. Der ehemals entlang dem Tenn durchlaufende Korridor ist seit dem letzten Umbau gekürzt und zu einem Treppenhaus verbreitert. Die ursprüngliche Raumstruktur mit Stube und Nebenstube(n) im Vorderhaus sowie Küche und Kammer im Hinterhaus ist nur noch fragmentarisch vorhanden. Im ausgebauten Dachgeschoss befindet sich heute eine dritte Wohnung. Auf der Rückseite des Wohnteils führt eine lange Treppe mit Kalksteinstufen in den quer zum First verlaufenden Gewölbekeller. Der Eingang bewahrt noch die aus der Bauzeit stammende zweiflüglige Brettertür mit Einschubleisten, handgeschmiedeten Langbändern und fischgratförmiger Aufdoppelung. Der Raum weist eine eindrückliche Scheitelhöhe von vier Metern auf. |
Anmerkungen: | [1] Baumann 1998, S. 175-178. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Literatur: | - Max Baumann, Rein und Rüfenach. Die Geschichte zweier Gemeinden und ihrer unfreiwilligen Vereinigung, Baden 1998, S. 175-178, 199. - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002, S. 131 (Abb. 219). - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 72. |
Quellen: | - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv. - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar IV-21/5. - Archiv Schweizerische Bauernhausforschung. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
|
|
URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=134354 |
|
Social Media |
Share | |
|