INV-BUS915 Ev.-ref. Pfarrkirche, 1949-1950 (Dossier (Platzhalter))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-BUS915
Signatur Archivplan:BUS915
Titel:Ev.-ref. Pfarrkirche
Bezirk:Aarau
Gemeinde:Buchs (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Mitteldorf
Adresse:Postweg 1
Versicherungs-Nr.:972
Parzellen-Nr.:570
Koordinate E:2647771
Koordinate N:1248903

Chronologie

Entstehungszeitraum:1949 - 1950
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Sakrale Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Kirche (ev.-ref.)
Epoche / Baustil (Stufe 3):Konservative Moderne

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2019

Dokumentation

Autorschaft:Alfred (1900-1953) und Heinrich (1901-1982) Oeschger, Architekten, Zürich
Würdigung:1949/50 von den Zürcher Architekten Alfred und Heinrich Oeschger errichtete Pfarrkirche, deren Bau mit der Einrichtung einer eigenen Kirchgemeinde Buchs-Rohr im Zusammenhang stand. Mit Anleihen bei der modernen wie auch der traditionalistischen Richtung in der Architektur der 1940er Jahre folgt der Entwurf dem damals beliebten «Landistil». Es handelt sich um einen verputzten Mauerbau, der in seiner Konzeption ein vergleichsweise konventionelles, axialsymmetrischen Langbauschema durch asymmetrische Elemente aufbricht. Vor allem besticht er durch seine auf den ersten Blick unscheinbare, aber sorgfältige Detaillierung, wobei die samt den Leuchtkörpern intakt erhaltene bauzeitliche Ausstattung heute als Rarität gelten kann. Auf dem spitzwinklig zur Mitteldorfstrasse hin zulaufenden Grundstück definiert der Kirchenbau einen von einer Baumgruppe abgeschlossenen Vorplatz, wodurch ihm ein hoher Situationswert zukommt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Auch nachdem Buchs 1810 politisch verselbständigt worden war, blieb das Dorf weiterhin nach Suhr kirchgenössig [1]. Bestrebungen zur Abtrennung resultierten 1926 in der Einrichtung eines Seelsorgekreises Buchs-Rohr und in der Gründung eines Kirchenbaufonds für die beiden Gemeinden. Im gleichen Jahr erhielt Buchs einen eigenen Friedhof, nachdem man die Toten bis dahin in Suhr bestattet hatte. 1942 wurde zur Vorbereitung des Kirchenbaus der Reformierte Kirchgenossenverein gegründet, der das benötigte Bauland erwarb. Nach einem Kirchgemeindeversammlungsbeschluss von 1944 und der Zustimmung durch den Grossen Rat erfolgte per Anfang 1946 die Abtrennung der Kirchgemeinde Buchs-Rohr von der Muttergemeinde Suhr. Aus einem bereits 1945 veranstalteten Projektwettbewerb mit zehn Teilnehmern gingen die Gebrüder Alfred (1900-1953) und Heinrich (1901-1982) Oeschger in Zürich als Sieger hervor; deren bekanntestes Werk bildet der wenige Jahre später erbaute Flughafen Zürich-Kloten [2]. 1949 war Baubeginn; 1950 konnte der Neubau eingeweiht werden. Den Taufstein schuf der bekannte Wettinger Bildhauer Eduard Spörri (1901-1995) [3]. Der Entwurf zum Wandteppich stammte von dem in Buchs aufgewachsenen und an der Zürcher Kunstgewerbeschule tätigen Grafiker Ernst Keller (1861-1968); die Ausführung erfolgte 1951 durch die Textilgestalterin Elsi Giauque (1900-1989) und ihre Mitarbeiterin Käthi Wenger in Ligerz [4]. Die Firma Metzler lieferte die ebenfalls 1951 aufgestellte Orgel, Rüetschi in Aarau das Geläute. Erst 1971 folgte die grossformatige Glasmalerei des bekannten Aarauer Malers, Glasmalers und Illustrators Felix Hoffmann (1911-1975) an der östlichen Chorseite [5].
Parallel zum Kirchenbau hatte man als Pfarrhaus eine private Liegenschaft am Birkenweg westlich der Eisenbahnlinie erworben (Birkenweg 7, Vers.-Nr. 439). 1960 erhielt auch die Gemeinde Rohr eine eigene Pfarrkirche, 1963 errichtete man ein weiteres Pfarrhaus im Ausserdorf (Rohrerstrasse 12, Vers.-Nr. 1402, Architekten Zschokke & Riklin, Aarau, Spezialinventar Sakralbauten ab 1900, SAK-BUS004).
Um 1980/90 wurde in der Pfarrkirche unter Ersatz des ursprünglichen Bodenbelags eine Fussbodenheizung eingebaut. 1999 stellte man auf dem Vorplatz die «Bronzewelle» des Lenzburger Bildhauers Ernst Häusermann auf [6]. 2006 erfolgte eine teilweise Innenrenovation des Gebäudes, bei der man das Kirchenschiff über der Balkendecke dämmte und die Pfarrräumlichkeiten südlich des Turms ebenfalls mit einer Innenwärmedämmung und neuen Fenstern versah [7]. Zur Zeit werden Möglichkeiten für eine Verbesserung der Beleuchtungssituation unter Erhalt der bauzeitlichen Beleuchtungskörper geprüft.
Beschreibung:Die reformierte Pfarrkirche erhebt sich in südlicher Richtung etwas zurückversetzt von der Mitteldorfstrasse, wo sie mit ihrem um einige Treppenstufen erhöhten Vorbereich auf dem spitz zur Strasse hin zulaufenden Grundstück eine Platzsituation definiert. Der verputzte Mauerbau ist mit seiner Verbindung moderner und traditioneller Architekturformen dem damals beliebten «Landistil» zuzuordnen. Ganz dieser Richtung entspricht auch der offensichtliche Wunsch der Architekten, die axialsymmetrische Grunddisposition des Kirchenschiffs durch verschiedene gestalterische Elemente aufzubrechen. So ist etwa der Turm in asymmetrischer Lage als quer gerichteter Baukörper an die Westflanke des Langbaus gerückt, wobei das zeittypisch flach geneigte Satteldach des Kirchenschiffs ein Echo in dem um 90 Grad abgedrehten Turmdach findet. Chorseitig ist der Baukörper des Kirchenschiffs seitlich verbreitert, um die Pfarräumlichkeiten aufzunehmen. Ein weiter südwärts anschliessender eingeschossiger Saaltrakt war als Gelenkstelle Pfarrhaus gedacht, das schliesslich nicht nach dem ursprünglichen Projekt und erst sehr viel später realisiert wurde.
Einer axialsymmetrischen Grunddisposition folgt die Hauptfassade, die mit einer grossen, trichterförmig eingeschnittenen Rosette und einer Vorhalle zum Vorplatz und zur Strasse gerichtet ist. Das ziegelgedeckte Pultdach der Vorhalle wird von quer gerichteten Muschelkalkpfeilern mit abgeschrägten Kanten und zwei seitlichen, aus demselben Material aufgemauerten Wandscheiben gestützt. Darunter öffnet sich, wiederum asymmetrisch zur Seite gerückt, der segmentbogige Haupteingang mit wuchtigen, gefelderten Türblättern, begleitet von quadratischen Fensterchen und einer analog dimensionierten Vitrine. Die östliche Schiffwand ist bis auf den kunstverglasten Chorbereich gänzlich fensterlos, während sich auf der Westseite neben dem Turm vier hohe Fensterschlitze öffnen.
Der als Betonskelettbau realisierte, ebenfalls verputzte Turm ist in den unteren Geschossen als massiver Baukörper mit auffällig kleinen Treppenhausfensterchen ausgebildet. Die Schallgeschosse waren ursprünglich zwischen den vertikalen Rippen offen und wurden nachträglich aus akustischen Gründen durch Metalllamellen verschlossen. Den Blickfang bilden vier grosse, in Dunkelrot und Gold gehaltene Zifferblätter, von denen die beiden längsseitigen wiederum asymmetrisch an die Turmkante gerückt sind. Zwischen den Turm und den Kirchgemeindesaal, der in gleicher Flucht ebenfalls vor die Schiffwand vorgerückt ist, spannt sich eine kurze Eingangslaube in analoger Gestaltung zur grösseren Vorhalle. Eine Segmentbogentür im Turmschaft gibt Zutritt zu den Pfarrräumlichkeiten.
Im ansonsten konventionell disponierten Kirchenschiff fällt wiederum die asymmetrische Brechung insbesondere durch den nur einseitig eingezogenen Chorbereich und die nach beiden Seiten differenzierte Befensterung auf. Der Zugang erfolgt unter einer Empore, die an ihrer Westseite die Orgel aufnimmt, während der grössere, zum Saal hin weiter vorkragende Bereich bestuhlt ist. Weitgehend intakt erhalten ist die bauzeitliche Ausstattung, die durch eine sorgfältige Detaillierung und handwerkliche Ausführung auffällt. Die Schiffwände sind hell verputzt und setzen sich farblich von der wuchtigen, am Heimatstil orientierten Balkendecke aus unbehandeltem Weichholz ab. Die als Seltenheit ebenfalls original erhaltenen Beleuchtungskörper gliedern sich in eine Reihe einflammiger Wandleuchter mit Messingarm und Glasaufsatz zur Linken, einen grossen, aus denselben Bauteilen konstruierten Leuchter über dem Abendmahlstisch und eine Reihe abgehängter Blech-Pendelleuchten zur Rechten. Der polierte Kalksteinboden, der heute noch im erhöhten Chorbereich besteht, bedeckte ursprünglich vielleicht auch das Kirchenschiff. Letzteres zeigt heute einen Bodenbelag aus Terrakottaplatten, der vom Einbau einer Fussbodenheizung um 1980/90 stammt.
Abendmahlstisch und Bankreihen sind betont urtümlich-wuchtige Möbelstücke; feingliedriger detailliert sind die ebenfalls holzsichtige Kanzel, die Emporenbrüstung und die Türblätter. An der Chor-Stirnwand hängt ein vom Grafiker Ernst Keller entworfener Wandteppich mit dem Bibelspruch «Einer ist Euer Meister[,] Christus[,] ihr aber seid Brüder», welcher mit der von Keller auch in der Plakatkunst gepflegten Fokussierung auf die Typografie an die Betonung der Schrift in der reformierten Konfession anschliesst [8]. Das grosse Fenster in der östlichen Chorflanke fasst seit 1971 eine von Felix Hoffmann geschaffene, in starken Buntfarben gehaltene Glasmalerei zum biblischen Gleichnis vom Grossen Gastmahl, die vom Künstler mit der Darstellung eines Autos und von Hippies bewusst in die Gegenwart versetzt wurde [9]. Der achteckige Taufstein von Eduard Spörri hat Kelchform und ist an der Oberkante mit den Evangelistensymbolen geschmückt.
Die Pfarrräumlichkeiten sind mit Schreinerarbeiten und einem Kalksteinboden in den Erschliessungsbereichen in Entsprechung zum Kirchenraum ebenfalls sorgfältig detailliert. Der Kirchgemeindesaal besitzt eine gotisierende hölzerne Flachtonne. Im Inneren des Turms ist die aussen verputzte Betonkonstruktion zu erkennen. Als Glockenstuhl dienen Rippen des Betonskeletts, an denen die Auflager der eisernen Glockenjoche befestigt sind. Das Geläute besteht aus fünf Glocken [10].
Der zusammen mit der Kirche gestaltete Vorplatz ist zur Mitteldorfstrasse hin von einer niedrigen Terrassenmauer abgeschlossen, in der sich nach beiden Seiten breite Treppenaufgänge öffnen. Die Spitze des Grundstücks wird von einer markanten Baumgruppe eingenommen. Seitlich vor der Kirche ist ein konischer, achteckiger Muschelkalkbrunnen aufgestellt.
Anmerkungen:[1] Geschichtliches nach Byland 1960, S. 118; ders. 1982, S. 86f.; Widmer-Dean / Richner 2010, S. 273-276; Reformierte Kirchen im Aargau, Art ‘Kirche Buchs’; Spezialinventar Sakralbauten 2009.
[2] Zu den Gebrüdern Oeschger vgl. Isabelle Rucki / Dorothee Huber (Hg.), Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 404f. (Giovanni Menghini).
[3] Zu Eduard Spörri vgl. SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz: http://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4001640 (Stand 2018).
[4] Zu Ernst Keller vgl. SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz: http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4025602 (Stand 2018); Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Art. ‘Ernst Keller’ (2007): http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D27865.php; zu Elsi Giauque SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz: http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4002024 (Stand 2017).
[5] Zu Felix Hoffmann vgl. SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz: http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4025400 (Fassung 2011). Seit 2014 sind sechs reformierte Kirchen in der näheren Umgebung von Aarau durch den «Felix Hoffmann-Weg» verbunden und entsprechend dokumentiert; vgl. http://www.ref-kirchen-ag.ch/wege/felix-hoffmann-weg.php (Zugriff 1.2.2019).
[6] Vgl. Informationsblatt «Die Bronzewelle», 2016, in der Kirche.
[7] Pläne im Kirchgemeindearchiv und freundl. Auskünfte gemäss Spezialinventar Sakralbauten 2009.
[8] Vgl. Informationsblatt «Der grosse Wandtepprich», 2016, in der Kirche.
[9] Vgl. Byland 1982, S. 87f.
[10] Details bei Byland 1960, S. 118.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Spezialinventar Sakralbauten ab 1900, SAK-BUS005 (2009).
Literatur:- Reformierte Kirchen im Aargau, Art. ‘Kirche Buchs’ (Béatrice Wehrli / Barbara Tobler): http://www.ref-kirchen-ag.ch/kirchen/buchs/ (Zugriff 31.1.2019).
- Roland Bialek, Informationsblätter «Der Kirchenraum», «Der grosse Wandtepprich», «Das Felix Hoffmann-Fenster», «Die Bronzewelle», 2016, aufliegend in der Kirche.
- Markus Widmer-Dean / Raoul Richner, Dorf und Gemeinde Buchs, Buchs 2010, S. 273-276.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. d. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 29.
- Max Byland, Die Gemeinde Buchs. Vom Bauerndorf zur Industriegemeinde, Buchs 1982, S. 85-90.
- Max Byland, Alt-Buchs, [Buchs] 1960, S. 118.
Quellen:- Archiv Kirchgemeinde Buchs: Baupläne und Renovationen.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

Related units of description

Related units of description:Mutiert nach:
DSI-BUS006 Postweg 1, Ev.-ref. Pfarrkirche, 1950 (Dossier (Denkmalschutzinventar))
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=134521
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds