INV-BZB911 Mühle Kirchbözberg 10, 1638 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-BZB911
Signatur Archivplan:BZB911
Titel:Mühle Kirchbözberg 10
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2018)
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Bözberg
Ehem. Gemeinde:Unterbözberg (bis 31.12.2012)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Unterbözberg
Adresse:Kirchbözberg 10
Versicherungs-Nr.:43
Parzellen-Nr.:71
Koordinate E:2654768
Koordinate N:1260458

Chronologie

Entstehungszeitraum:1638
Grundlage Datierung:Inschrift (ehem. Eingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:BZB912, BZB913
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2019

Dokumentation

Inschriften:1638 (ehem. Eingang); 1771 (Dachbalken)
Würdigung:1638 und 1771 datiertes Wohnhaus des am Itelebach gelegenen historischen Mühlenensembles, von dem noch ein zweites, westlich benachbartes jüngeres Wohnhaus mit Gewölbekeller (Bauinventarobjekt BZB912) sowie Reste der ehemaligen Öle mit angebauter Ökonomie in südwestlich abgesetzter Lage (Bauinventarobjekt BZB913) erhalten sind. Bei der "Itelemühle" handelte es sich um einen geschichtsträchtigen Gewerbebetrieb, der trotz des Verlusts wesentlicher Bestandteile (Mühlengebäude, grosse Mühlenscheune sowie talabwärts gelegene Beimühle) seinen historischen Zeugenwert und einen erheblichen Situationswert am Taleingang bewahrt hat. Beide Wohnhäuser haben in jüngerer Zeit eine sorgfältige Renovation erfahren.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Existenz einer Mühle in Kirchbözberg, nordwestlich des Kirchenbezirks am Eingang zum Iteletal gelegen, lässt sich bis ins 14. Jh. zurückverfolgen [1]. Die ersten namhaft bezeugten Müller im 16. Jh. hiessen Heinrich und Hans Merz. Anfangs des 17. Jh. war der nachmalige Untervogt Conrad Herzog hier ansässig. Möglicherweise war er der Erbauer des am Sockel mit 1638 datierten älteren Wohnhauses.
Nach mehreren Handänderungen ging der Mühlenbetrieb 1680 an Kaspar Dambach von Densbüren über. Die Familie Dambach bestimmte die Geschicke der Mühle in Kirchbözberg über sieben Generationen hinweg bis 1916, als die Liegenschaft an Gottlieb Bossard überging. Während dieser Zeit baute die Müller-Dynastie Dambach den Mühlenbetrieb sukzessive aus und gelangte so zu einem beträchtlichen Wohlstand, welcher es ihr ermöglichte, zusätzliche Mühlen in Dintikon (1864) und Villmergen (1876) zu erwerben.
Zu den wichtigsten betrieblichen Innovationen gehörte 1763 der Bau einer Öltrotte südwestlich der Hauptmühle am Zufahrtsweg zum Pfarrhof (Bauinventarobjekt BZB913). Nur kurze Zeit danach erfolgte die bauliche Erneuerung des alten Wohnhauses, die mit einer Bauinschrift und der Jahreszahl 1771 auf eher unübliche Art am Dachgebälk dokumentiert ist. Schliesslich wurde 1789 westlich des Wohnhauses ein Speichergebäude mit geräumigem Gewölbekeller erbaut (Bauinventarobjekt BZB912/heutiges Wohnhaus Kirchbözberg 11).
Im 18./19. Jh. erlebte die Mühle in Kirchbözberg ihre wirtschaftliche Blüte. Stets war der Mühle auch ein Bauernbetrieb angeschlossen, dessen Viehstand 1794 drei Kühe, drei Kälber, acht Schweine, drei Stuten und zwei Esel betrug. Auch gehörte eine kleine Pintenwirtschaft hinzu, wo die Kunden mit Speise und Trank versorgt wurden.
Als letzte grössere Bautätigkeit wurde um 1830 das jüngere Wohnhaus Kirchbözberg 11 über dem Gewölbekeller von 1789 errichtet (Bauinventarobjekt BZB912). Die damaligen Verhältnisse mit den beiden Wohnhäusern, dem ans alte Wohnhaus anschliessenden Mühlenbau und der südseitig vor den beiden Wohnhäusern stehenden Mühlenscheune sind auf einem Wasserwerksplan von 1861 und auf historischen Fotoaufnahmen anschaulich dargestellt (vgl. Fotodokumentation).
Mit dem Rückgang des Getreideanbaus und der Abnahme der Selbstversorgerwirtschaft büsste die Bözberger Mühle allmählich an Bedeutung ein. Bereits 1892 wurde der Betrieb der Öle eingestellt und das obere Wasserwerk mitsamt dem Wasserrad abgebrochen. In den 1920er Jahren wurde der Mühlenbetrieb eingestellt. Der Abbruch des nordseitig angebauten Mühlenbaus erfolgte 1927. Schliesslich wurde 1960 die südlich vor den beiden Wohnhäusern stehende Mühlenscheune abgetragen.
Vor einigen Jahren wurde mit der schrittweisen Renovation des alten Mühlen-Wohnhauses begonnen.
Beschreibung:Das alte Mühlewohnhaus erhebt sich als massiv gemauerter Baukörper zweigeschossig unter einem Süd-Nord-gerichteten Giebeldach. Bis zu dessen Abbruch 1927 schloss auf der Nordseite die eigentliche Mühle als eigenständiger Baukörper mit leicht gestaffeltem First an (vgl. historische Aufnahme in der Bilddokumentation). Am verbliebenen Wohnhaus sind die Sockelzone mit dem Gewölbekeller und zumindest Teile des aufgehenden Mauerwerks noch dem Ursprungsbau von 1638 zuzuordnen. So haben sich an der strassenseitigen Westfassade Reste eines ehemaligen Ausseneingangs erhalten. Das nachträglich vermauerte Türgewände aus gelblichem Kalkstein zeigt am ausgesparten Oberlicht die eingemeisselte Jahreszahl 1638 nebst einem Steinmetzzeichen. Auch die rückwärtige, zum ehemaligen Mühlengebäude gerichtete Giebelmauer verfügt noch über ältere, mit kräftigen Steingewänden versehene Lichtöffnungen. In der südlichen Giebelmauer wurden anlässlich der jüngeren Renovationsarbeiten Reste eines kräftigen Fenstersimses entdeckt, welcher früher wohl zu einem spätgotischen Reihenfenster gehörte.
Die bestehende südliche Stubenfront mit den axial gesetzten Einzelfenstern und der aussenseitigen Haustür dürfte einer grösseren Umbauphase von 1771 zuzuordnen sein. Hierzu gehört auch die intakt erhaltene Dachkonstruktion mit kräftigen liegenden Stuhljochen und gezapften Kopfhölzern. Als bemerkenswertes Zeugnis ist an einem Spannriegel die bislang nicht identifizierte Bauinschrift "HADBBM 1771 HF BZM" eingekerbt.
Das Hausinnere zeigt eine etwas ungewöhnliche Raumorganisation mit entlang der westlichen Trauffassade geführtem Gang. Von hier gelangt man in die mittig gelegene Küche, welche sich quer zum First erstreckt. Die rückwärtig anschliessenden Räume dienten früher wohl zur Vorratshaltung (heute Wohn- und Sanitärräume). Die südseitig gelegenen Stuben sind heute zu einem grossen Wohnraum zusammengefasst. Das Obergeschoss weist ein ähnliches Grundrissmuster mit breiter mittiger Erschliessungszone und beidseits angeordneten Räumen auf. Im östlichen Bereich des Hauses verläuft parallel zum First ein hoher, nordseitig zugänglicher Gewölbekeller, der wohl dem Ursprungsbau von 1638 zuzuordnen ist.
Der Innenausbau umfasst nebst modernen Ausstattungselementen auch Versatzstücke aus dem Haus und wiederverwendete historische Bauteile. So wurde ein vom Abbruch gefährdeter stattlicher Kachelofen aus dem Gasthof "Löwen" in Gränichen (Bauinventarobjekt GRA903) fachgerecht abgetragen und in etwas abgeänderter Form als Turmofen wiederaufgebaut [2].
Anmerkungen:[1] Zur Geschichte der Mühle in Kirchbözberg vgl. Baumann 1998, S. 535-546.
[2] Zum Prunkofen von Gränichen vgl. Räber 2002, S. 196-197.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A.
Literatur:- Max Baumann, Leben auf dem Bözberg, Die Geschichte der Gemeinden Gallenkirch, Linn, Ober- und Unterbözberg, Stilli 1998.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, Bezirksamt Brugg Zw 1942.0001 (4481): Brandkataster Gemeinde Bözberg 1829; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0121: Brandkataster Gemeinde Bözberg 1850; CA.0001/0198-0200: Brandkataster Gemeinde Unterbözberg 1875-1938 (alte Vers.-Nrn.: 1829: 153; 1850: 188; 1875: 111; 1899: 43).
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar Unterbözberg, IV-28/7.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=134770
 

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