INV-BZB914 Ursprung 3, 16. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-BZB914
Signatur Archivplan:BZB914
Titel:Ursprung 3
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Gesamtansicht von Südosten (2018)
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Bözberg
Ehem. Gemeinde:Unterbözberg (bis 31.12.2012)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Ursprung
Adresse:Ursprung 3
Versicherungs-Nr.:117
Parzellen-Nr.:386
Koordinate E:2654169
Koordinate N:1259326

Chronologie

Entstehungszeitraum:16th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2019

Dokumentation

Würdigung:Ehemaliges Strohdachhaus, dessen Kern mit Bohlenwänden und kräftigen Hochstüden ausgesprochen urtümlich wirkt und vermutlich noch auf das 16. Jahrhundert zurückgeht. Seine bestehende Ausprägung mit Giebeldach und massiver Stirnmauer dürfte das Gebäude im frühen 18. Jahrhundert erhalten haben, als eine südseitige Erweiterung vorgenommen wurde. Von diesen zwei Bauphasen haben sich im Obergeschoss und im Dachraum des heutigen Wohnteils aussagekräftige Teile der Wand- und Dachkonstruktion erhalten, weshalb dem Haus ein hoher bau- und konstruktionsgeschichtlicher Zeugenwert zuzusprechen ist. Die unteren Wohnräume bewahren noch wesentliche Ausstattungselemente wohl aus dem 19. Jahrhundert. In einem südlich angebauten Gebäudeteil von 1797 war das erste Schulhaus des Ortsteils Ursprung eingerichtet.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das äusserlich eher unauffällige Gebäude offenbart im Innern eine vielschichtige, weit zurückreichende Baugeschichte, die bislang nicht abschliessend geklärt werden konnte. Es ist von einem strohgedeckten Bohlenständerbau mit Kern wohl aus dem 16. Jh. auszugehen, welcher vermutlich im frühen 18. Jh. nach Süden erweitert und mit einer massiven Stirnmauer versehen wurde. Im Brandkataster von 1829 wird das Gebäude mit der damaligen Versicherungsnummer 106 als "zweistöckiges Wohnhaus mit 2 Wohnungen samt Scheuer und Stall von Stein und Holz, mit Strohdach, nebst Tremkeller" beschrieben [1]. Eigentümer des südlichen, grösseren Hausteils war Friedrich Brändli, während Jakob Schälkli den nördlichen, kleineren Hausteil innehatte.
Mit einer eigenen Versicherungsnummer 107 findet im selben Kataster ein "einstöckiges, an den steinernen Giebel von Nr. 106 angebautes Schulhaus von Stein, mit Ziegeldach", in Besitz der Gemeinde Bözberg, Erwähnung.
Gemäss den Recherchen des Historikers Max Baumann wurde das "älteste Schulhaus in Ursprung" 1797 vom damaligen Schulmeister Hans Jakob Brändli auf eigene Kosten erbaut [2]. 1815 ging es an die Gemeinde über, welche 1829 eine geringfügige Erweiterung vornahm. Das Schulhäuschen in Ursprung diente bis 1874 seinem eigentlichen Zweck, als im Ortsteil Ursprung ein neues, grösseres Schulhaus errichtet wurde. In der Folge wurde es eigentumsrechtlich mit dem Hauptgebäude zusammengelegt und ebenso zu Wohnzwecken und als Arbeitsraum genutzt. 2000 fand ein grösserer Umbau mit Erneuerung der maroden Dachkonstruktion statt.
Beschreibung:Das äusserlich eher unscheinbare Gebäude steht im Zentrum des zu Unterbözberg gehörenden Weilers Ursprung, wo es mit Firstrichtung Nord-Süd traufständig zur Strasse ausgerichtet ist. Der Hauptbaukörper mit zweigeschossigem verputztem Wohnteil und in schlichter Gerüstbauweise mit vertikaler Bretterschalung errichtetem Scheunentrakt erhebt sich unter mittelsteilem Giebeldach, das seine bestehende, für ein Strohdachhaus eher untypische Form wohl anlässlich seiner Umdeckung auf Ziegel erhalten hat (Dachhaut und Dachbelag um 2000 erneuert). Die strassenseitige Stubenfront zeigt drei rhythmisch gegliederte Fensterachsen mit unterschiedlich grossen Formaten im Parterre und im Obergeschoss. Der heutige Hauseingang liegt im Bereich des südlichen Schulhausanbaus von 1797. Dieser tritt als eingeschossiger gemauerter Baukörper unter geknicktem Giebeldach in Erscheinung, wobei er sich durch seine geringere Firsthöhe und Gebäudetiefe deutlich vom Hauptgebäude unterscheidet. Die Rückseite des gesamten Gebäudekomplexes wurde im Laufe der Zeit mehrfach verändert und erweitert.
Der grosse baugeschichtliche Zeugenwert des Hauses offenbart sich erst mit dem Blick ins Innere. Über dem Wohnteil haben sich Reste einer rauchgeschwärzten Hochstudkonstruktion erhalten, deren Dimensionen und handwerkliche Ausführung auf eine Entstehung noch im 16. Jh. hindeuten. Zum Dachgerüst des Kernbaus gehören zwei ausnehmend kräftige, teils naturgekrümmte Firstständer, dazu der Unterfirst und einzelne Sperrrafen. Deutlich zu erkennen ist, dass die Originalkonstruktion im oberen Bereich nachträglich gekürzt und mit einer neuen Firstpfette samt Rafenlage ausgestattet wurde (nicht rauchgeschwärzte Hölzer). Zur nördlich anschliessenden Scheune hin hat man die Dachkonstruktion wie auch den Wandaufbau später erneuert, so dass keine konkreten Aussagen zur ursprünglichen Ausgestaltung des Ökonomieteils möglich sind.
Im Dachgebälk gut nachvollziehbar ist eine südseitige Verlängerung des Baukörpers. Kennzeichnend hierfür sind ein dritter, geringer dimensionierter Firstständer und eine Ansatzstelle am Unterfirst. Der verlängerte Unterfirst mündet in eine massiv aufgeführte Stirnmauer aus Kalkbruchsteinen, welche ebenso wie die Holzkonstruktion bieder Bauphasen noch Spuren von Rauchschwärze zeigt. Exemplarisch kann hier also die Entwicklung vom ursprünglich abgewalmten, wohl durchgehend hölzernen Kernbau zum heute bestehenden Baukörper mit massiver südlicher Stirnmauer nachvollzogen werden. Die Erweiterung dürfte im früheren 18. Jh. – mit Sicherheit aber vor dem südseitigen Anbau des Schulhaustraktes 1797 – stattgefunden haben [3].
Namentlich im Obergeschoss des Wohnteils treten die ursprüngliche Wandkonstruktion und die kräftigen Deckenbalkenlagen noch offen zutage. Eine Binnenwand mit grossen liegenden Bohlen dürfte dem Kernbau des 16. Jh. zuzuordnen sein. Altes Ständerwerk mit Nuten weist auf die frühere Existenz einer Bohlenständerkonstruktion auch auf der rückwärtigen Traufseite hin. Andernorts sind rauchgeschwärzte Flechtwerkwände aus Haselruten ins kräftige Ständergerüst eingefügt. Eine holzgenagelte Brettertür und Trennwände aus mächtigen stehenden Bohlen gehören ebenfalls zum historischen Baubestand. Im Erdgeschoss sind die Räume mit Feldertäfer, Riemenböden und geringer dimensionierten Balkendecken wohl aus der Mitte des 19. Jh. ausgestattet. Im ehemaligen Schulzimmer hat sich ein grüner, glatter Kachelofen mit Sitzkunst vermutlich aus der Zeit um 1874 erhalten.
Zur ursprünglichen Raumorganisation des Kernbaus aus dem 16. Jh. lassen sich keine verlässlichen Angaben machen. Mit der südlichen Erweiterung und der Errichtung einer massiven Stirnmauer im 18. Jh. ergab sich dann ein gängiges vierteiliges Nutzungsmuster mit Stube und Nebenstube (heute zusammengelegt) im östlichen, zur Strasse gerichteten Vorderhaus sowie Küche und Kammer im rückwärtigen Bereich. Der damalige Hauseingang dürfte sich auf der Rückseite befunden haben, möglicherweise existierte auch ein Zugang vom Tenn aus. Mit dem Einbezug des ehemaligen Schulhäuschens zu Wohnzwecken ergab sich dann eine neue strassenseitige Erschliessung, welche sowohl die Räume im alten Wohnteil wie auch die früheren Schulzimmer einbezog.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, Brandkataster.
[2] Baumann 1998, S. 305-306.
[3] Eine auffällige typenähnliche Konstellation eines in Mischbauweise als Bohlenständerkonstruktion mit Mauerwerk erstellten, einseitig mit einem Walm und einem Giebel versehenen Strohdachhauses findet sich bei einem Bauernhaus in Birch, welches kurz vor dem Abbruch 1906 dokumentiert wurde. Die entsprechenden Planaufnahmen zeigen eine hölzerne Stubenfront in Kombination mit einer massiven wohnseitigen Giebelmauer, verbunden mit einer klassischen Firstständerkonstruktion und mit einem vierteiligen Grundrissmuster, wie dies in ähnlicher Art beim vorliegenden Haus im Ursprung noch nachvollziehbar ist (vgl. Bilddokumentation).
Literatur:- Max Baumann, Leben auf dem Bözberg, Die Geschichte der Gemeinden Gallenkirch, Linn, Ober- und Unterbözberg, Stilli 1998.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, Bezirksamt Brugg Zw 1942.0001 (4481): Brandkataster Gemeinde Bözberg 1829; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0121: Brandkataster Gemeinde Bözberg 1850; CA.0001/0198-0200: Brandkataster Gemeinde Unterbözberg 1875-1938 (alte Vers.-Nrn.: 1829: 106A/B, 107; 1850: 131, 132; 1875: 53, 54; 1899: 117).
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=134779
 

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