INV-TEU902 Schlossgasse 24, 1800 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-TEU902
Signatur Archivplan:TEU902
Titel:Schlossgasse 24
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Norden, Zustand nach der Renovation (Aufnahme 2005)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Teufenthal (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Schloss
Adresse:Schlossgasse 24
Versicherungs-Nr.:86
Parzellen-Nr.:644
Koordinate E:2651403
Koordinate N:1242403

Chronologie

Entstehungszeitraum:1800
Grundlage Datierung:Inschrift (Hauseingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:TEU001
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus

Dokumentation

Inschriften:"18 HREBR 00" (Hauseingang)
Würdigung:Auf den Fundamenten einer spätmittelalterlichen Schlosskapelle errichtetes bäuerliches Wohnhaus, welches in der bestehenden Form mit klassizistischer axialer Befensterung und behäbigem Gehrschilddach samt Ründe aus der Zeit von 1800 stammt. Im Sockelbereich und an der nordöstlichen Trauffassade sind noch verschiedene ältere Baufragmente erkennbar, welche die komplexe Baugeschichte des Gebäudes vor Augen führen. Anlässlich einer umfassenden Renovation 2002–2005 konnten die Spuren der Kapelle im Sockelgeschoss und auch wesentliche Teile des Bauernhauses von 1800 bewahrt werden. Heute präsentiert sich der stattliche Baukörper als prägender und unverzichtbarer Bestandteil der Gesamtanlage von Schloss Trostburg, deren Hauptgebäude unter kantonalem Denkmalschutz stehen (TEU001).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das mit 1800 datierte Wohnhaus erhebt sich auf den Funda¬menten einer spätmittelalterlichen Kapelle, welche 1491 vom damaligen Schlossherrn Hans von Hallwil – seit 1486 Besitzer der Trostburg – gestiftet wurde [1]. Die Kapelle erhielt ihren Standort nordöstlich der damaligen Vorburg, wo 1494 vorerst ein Wohnturm entstand und dieser sukzessive zum heutigen „Hallwilhaus“ erweitert wurde (Kantonales Denkmalschutzobjekt TEU001).
Um die Mitte des 17. Jh. wurde Schloss Trostburg von der bernischen Herrschaft an die ursprünglich aus Bayern stammende Familie Karsthofer veräussert. Diese gab das Anwesen 1704 an Peter Nobs weiter. Durch Einheirat in die Familie Nobs gelangte die Schlossdomäne Mitte des 18. Jh. stückweise an Jakob Walti von Dürrenäsch, Heinrich Eichenberger von Beinwil am See und Hans Rudolf Weber von Menziken. Dabei übernahm die Familie Walti das eigentliche Schlossgebäude, während die Familie Weber ein Bauerngut am Fusse des Schlosshügels bewirtschaftete (heutige Liegenschaft Schlossgasse 19). Die Familie Eichenberger aber dürfte nach der 1767 erfolgten Eheschliessung Wohnsitz im „Trostburg-Bauernhaus“ an der Schlossgasse 24 genommen haben. So wird Heinrich Eichenbergers Sohn Rudolf Eichenberger (1770-1844) in einem Liegenschaftsverzeichnis von 1798 als „Trostburgbauer“ aufgeführt. Gemäss den Aufzeichnungen war er damals Besitzer eines zweistöckigen gemauerten Bauernhaues mit gewölbtem Keller, zu dem Anteile an der grossen, damals noch strohgedeckten „Schlossscheune“ (Vorgängerbau des nördlich gelegenen Ökonomiegebäudes Vers.-Nr. 84) sowie an einer Weintrotte gehörten.
Die Baugeschichte des auf Fundamenten der spätmittelalterlichen Kapelle stehenden Bauernhauses ist nicht abschliessend geklärt. Ins Mauerwerk integrierte ältere Bauteile lassen indessen auf die Existenz eines Wohngebäudes zumindest seit dem 18. Jh. schliessen. Sein heutiges Erscheinungsbild als klassizistisch geprägter Mauerbau mit axialer Befensterung, Gehrschilddach und Ründe aber dürfte das Gebäude anlässlich eines umfassenden Umbaus um 1800 erhalten haben, welcher mit der Türinschrift „18 HREBR 00“ (HREBR = Hans Rudolf Eichenberger) bezeugt ist.
Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1828 ist von einem „Wohnhaus von Stein, 2 Stock hoch, mit gewölbtem Keller und Ziegeldach“, in Besitz des obgenannten Rudolf Eichenberger, die Rede [2]. In der Folge verblieb die Liegenschaft in den Händen der Familie Eichenberger, welche im Laufe der Jahre nur geringfügige bauliche Veränderungen vornehmen liess.
1999 wurde die Trostburg mitsamt dem Bauernhaus von Ernst Brunner erworben. Dieser hat das inzwischen stark vernachlässigte Gebäude 2002–2005 einer umfassenden Renovation unterzogen.
Beschreibung:Das von weither sichtbare Gebäude nimmt die nördliche Ecke der kompakt auf einem Hügel stehenden Schlossanlage ein, wo es auf Resten der alten Ringmauer steht. Es erhebt sich als stattlicher kubischer Mauerbau unter leicht geknicktem Gehrschilddach, das in eher ungewöhnlicher Kombination mit Ründe und Klebdach ausgestattet ist (neue Lukarnenaufbauten). Während die talwärts nach Nordwesten gerichtete Stirnfront in klassizistischer Manier der Zeit um 1800 mit streng symmetrischen Fensterachsen in Erscheinung tritt, zeugen die verschiedenen Mauereinschlüsse an der nordöstlichen Traufwand von einer vielschichtigen, weit zurückreichenden baulichen Entwicklung.

Anlässlich der jüngsten Renovationsarbeiten konnten die Überreste der aus dem späten 15. Jh. stammenden ehemaligen Schlosskapelle bauarchäologisch untersucht werden [3]. Der kleine Sakralbau, welcher den nordöstlichen Bereich des heutigen Hausgrundrisses einnimmt, setzte sich aus einem Laienraum und einem Chor zusammen; unterteilt waren diese durch eine spitzbogige Chorbogenwand, von der noch vorkragende Mauerzungen erhalten sind. Die 1.20 m dicken Aussenmauern waren aus Sandsteinquadern gefügt. Der Zugang in den Kapellenraum erfolgte über eine heute zugemauerte Rundbogentür an der Nordfassade, von der Leibung und Schwelle erhalten sind (Nr. 4 auf dem archäologischen Befundplan). Daneben findet sich ein ebenfalls zugemauertes Spitzbogenfenster (Nr. 5), welches teils mit roter Farbe verziert war. Der Laienraum (Nr. 1) besass eine Grundfläche von 4.6 x 5.7 m und schloss mit einem Tonnengewölbe. An der Rückwand fand man Spuren einer hölzernen Empore (Nr. 7), welche vermutlich über einen Hocheingang mit Aussentreppe erschlossen war. Der 4.6 x 4 m messende Chor (Nr. 2) lag ursprünglich drei Stufen höher als der Laienraum und besass einen dreiseitigen Abschluss (Nr. 8). Reste des Deckengewölbes deuten auf ein ehemaliges Kreuzrippengewölbe hin. Eine Nische in der südlichen Chorwand enthielt vermutlich ein Sakramentshäuschen (Nr. 9). An den Innenwänden konnten Spuren von Wandmalereien, bestehend aus einem roten Kleeblattkreuz und einem grünen Blattkranz, freigelegt werden (Nr. 10). Bislang ungeklärt ist die Zweckbestimmung einer im oberen Bereich der Nordfassade eingelassenen Schlüsselscharte (Nr. 11); entweder wurde diese nachträglich als Spolie eingebaut oder aber sie stammt aus der Zeit des Kapellenbaus und mag als Hinweis dienen, dass dem Gebäude nebst der sakralen Bedeutung immer auch eine Wehrfunktion zugekommen ist. Ebenso unklar ist das Alter einer in die Aussenwand eingelassenen kleinen Wappentafel über dem alten Kapelleneingang (Nr. 12).
Nachträglich in die alten, inzwischen zugemauerten Wandöffnungen der Kapelle eingelassene kleinere Fenster dürften aus der Zeit nach 1529 stammen, als die Trostburger Kapelle ihre sakrale Bedeutung im Zuge der Reformation eingebüsst hatte. Damals wurde anstelle des aufgehobenen Nordeingangs ein neuer, südseitiger Eingang ausgebrochen. Mit dem Einzug eines hölzernen Zwischenbodens schuf man übereinanderliegende (Wohn)-Räume und belichtete diese mit zusätzlichen Fensteröffnungen. Die interne Verbindung der beiden Geschosse wurde über eine Wendeltreppe in der Südwestecke sichergestellt. Die archäologischen Befunde erlauben allerdings kein klares Bild über die Verhältnisse nach Aufhebung der Kapellenfunktion. Spätestens seit Mitte des 18. Jh. aber wurde das Gebäude als Wohnhaus des "Trostburgbauern" genutzt (vgl. Bau- und Nutzungsgeschichte).
Mit Ausnahme der Kapellenreste im Sockelbereich und der vielgestaltigen nordöstlichen Traufwand dürfte der heute bestehende Baukörper mehrheitlich aus dem umfassenden Umbau von 1800 hervorgegangen sein. Das Mauerwerk ist rundum aus massiven Sandsteinblöcken gefügt. Rechteckige Fenster- und Türgewände aus Sandstein finden sich nicht nur an den streng axial gestalteten Stirnseiten des Hauses, sondern auch an der südwestlichen, zum „Hallwilhaus“ gewandten Trauffront. Hier befindet sich in der seitlich versetzten Mittelachse der Hauseingang, welcher über eine zweiarmige Freitreppe erreichbar ist. Am Türsturz ist in erhabenem Relief die bereits erwähnte Bauinschrift "18 HREBR 00" (Hans Rudolf Eichenberger) zu lesen. Wohl aus der gleichen Zeit stammt das sorgfältig restaurierte eichene Türblatt mit Rautenfüllungen und holzgesprosstem Oberlicht.
Die innere Erschliessung erfolgt über einen kurzen Stichgang, der sich auf die südwestlich gelegene Stube und geradeaus in die Küche öffnet. Die frühere Raumdisposition mit Stube und davon abgetrennter Nebenstube sowie Küche und rückwärtigem Vorratsraum wurde anlässlich der jüngsten Renovation weitgehend aufgehoben. Unmittelbar neben dem Eingang befindet sich der als Wendeltreppe neu gestaltete Aufgang ins Obergeschoss. Das heute ausgebaute Dachgeschoss wird als grossräumiger Schlafbereich genutzt. Offen zutage tritt hier die gut erhaltene Dachkonstruktion aus der Zeit um 1800, welche von ausladenden liegenden Stuhljochen gestützt wird. An historischer Ausstattung erhalten sind die Sichtbalkendecken mit Schiebeböden, einige Türen sowie ein grosser grüner Kachelofen mit Sitzkunst sowie aus älteren grünen Kacheln bestehender Feuerwand in der Stube.

Östlich des Wohnhauses steht auf der gegenüberliegenden Seite der Schlosseinfahrt ein Nebengebäude (Vers.-Nr. 85), welches seit jeher zur bäuerlichen Liegenschaft gehörte. Das von 1850 stammende Waschhaus mit Speicher/Werkstatt im Obergeschoss sowie angebautem Schweinestall hat 2002-2005 eine tiefgreifende Renovation erfahren. Dabei konnte das massiv gemauerte Sockelgeschoss beibehalten werden, der stark renovationsbedürftige Oberbaus aber wurde unter teilweiser Verwendung von Altholz vollständig erneuert (Nebengebäude nicht Teil des Schutzumfangs).
Anmerkungen:[1] Zur Geschichte von Schloss Trostburg vgl. Bolliger/Widmer-Dean 2005.
[2] Staatsarchiv Aargau, BA.05.0080: Brandkataster Teufenthal 1829-1950; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0278-0281: Brandkataster Teufenthal 1850-1938.
[3] Bauärchäologische Untersuchung durch Peter Frey, Kantonsarchäologie Aargau (Resultate zusammengefasst in Bolliger/Widmer 2005, S. 73-78).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Literatur:- Rolf Bolliger/Markus Widmer-Dean, Trostburg – Liebegg, Menziken 2005.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 48.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, BA.05.0080: Brandkataster Teufenthal 1829-1950; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0278-0281: Brandkataster Teufenthal 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=136410
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds