INV-HOL906 Stallscheune Matten 1, 1904 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-HOL906
Signatur Archivplan:HOL906
Titel:Stallscheune Matten 1
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Nordosten (2018)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Holziken
Ortsteil / Weiler / Flurname:Matten
Adresse:Matten 1
Versicherungs-Nr.:67
Parzellen-Nr.:357
Koordinate E:2645012
Koordinate N:1241997

Chronologie

Entstehungszeitraum:1904
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:HOL905 (Bäuerliches Wohnhaus Matten 8), HOL907 (Stallscheune Matten 8), HOL908 (Dreschtenne Matten 1)
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Scheune

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2020

Dokumentation

Inschriften:"J[akob] L[üscher]" und "1904" (am Wappen über dem Tor zum Viehstall)
Würdigung:Eine von zwei stattlichen Stallscheunen, die 1904-05 für die Brüder Jakob und Theodor Lüscher als Ersatz für einen gemeinsam genutzten strohgedeckten Vorgängerbau errichtet wurden. Die winkelförmig zueinander ausgerichteten, unter ausladenden Dächern geborgenen Ökonomiebauten bilden einen prägenden Bestandteil der Hofgruppe Matten. Mit ihren aussergewöhnlich repräsentativen, an die Industriearchitektur des Historismus erinnernden Stirnfronten stellen sie innerhalb ihrer Baugattung eine Seltenheit dar. Über einem Erdgeschoss aus Kalksandstein, welches den Vieh- und Pferdestall, ein Tenn sowie Lagerräume aufnimmt, erhebt sich jeweils der mächtige, in Backstein und Holz errichtete Getreide- und Heubergeraum mit Hocheinfahrt. Die Fassaden sind mit unterschiedlichen Stichbogenöffnungen, backsteinsichtigen Lisenen und Friesen instrumentiert. Die hier beschriebene, zum Wohnhaus Matten 1 (Vers.-Nr. 61) gehörende Scheune besitzt als Rarität noch das mittels Gegengewicht hochziehbare Stalltor, über dem das Aargauer Wappen mit den Initialen "J L" für Jakob Lüscher prangt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die drei Mattenhöfe entstanden im Lauf des 19. und frühen 20. Jh. vermutlich ausgehend von einem älteren, strohgedeckten Vorgängerbau des ganz im Osten gelegenen Vielzweckbaus Matten 6. Im 19. Jh. umfasste die Hofgruppe auch noch mehrere mit Stroh gedeckte Ökonomie- und Nebengebäude, von welchen eines der Vorgängerbau der vorliegenden Scheune war (siehe Michaeliskarte in der Bilddokumentation) [1]. Diese Scheune, die zum Gehöft von Jakob Lüscher, dem Bauherrn des 1830-31 errichteten Wohnhauses Matten 8 gehörte, wurde ab 1853 von den Söhnen Jakob und Heinrich Lüscher zur gemeinsamen Nutzung übernommen und 1863 eigentümerrechtlich in zwei Hälften aufgeteilt. Gleichzeitig liess sich Jakob südlich des Elternhauses ein eigenes Wohnhaus, Matten 1, erbauen. Offenbar hatte Heinrich keine Nachkommen, denn sein Anteil fiel 1878 samt Wohnhaus ebenfalls an den Bruder. 1898 wurden die Höfe den beiden Enkeln überschrieben. Der ältere von beiden, Jakob Lüscher-Lerch, erhielt das väterliche Wohnhaus Matten 1 und die südliche Hälfte der Scheune, der jüngere, Theodor Lüscher, das ehemals dem Onkel und den Grosseltern gehörende Wohnhaus Matten 8 und die nördliche Hälfte der Scheune.
1904-05 wurde die alte, bisher von beiden Parteien gemeinsam genutzte Scheune durch die zwei bestehenden, in Kalksandstein und Backstein aufgeführten Ökonomiebauten ersetzt. Die Pläne stammten von Baumeister Gottlieb Müller aus Zofingen [2]. Beim vorliegenden Gebäude (Vers.-Nr. 67) handelt es sich um die für den älteren der beiden Brüder, Jakob Lüscher, 1904 errichtete Stallscheune. Sie war von Anfang an grosszügiger angelegt als ihr Pendant, das vom jüngeren Bruder Theodor erst nachträglich auf etwa dieselben Abmessungen erweitert wurde, so dass sich heute ähnlich dimensionierte, in der Gestaltung nur leicht variierte Ökonomiebauten gegenüberstehen.
Heute sind im Stall keine Tiere mehr untergebracht.
Beschreibung:Die giebelständig zum Durchgangsweg errichtete Stallscheune bildet den westlichen Abschluss des südlichen Gehöfts, zu dem neben dem Wohnhaus Matten 1 (Vers.-Nr. 61) von 1864 auch eine separate Dreschtenne (Vers.-Nr. 62, Bauinventarobjekt HOL908) von 1871 gehört. Der grossvolumige Baukörper mit dem wuchtigen Satteldach bildet im Zusammenspiel mit der sehr ähnlichen Stallscheune auf der gegenüberliegenden Seite der Fahrstrasse einen markanten Blickfang innerhalb der ländlichen Baugruppe. Aussergewöhnlich ist nebst ihrer imposanten Grösse die gewählte Architektursprache, die ihre Vorbilder ganz offensichtlich unter den Industriebauten und Lokomotivdepots des Historismus findet.
Beide Stallscheunen zeigen ein für die Bauzeit Anfang 20. Jh. typisches Nutzungskonzept mit giebelseitiger Erschliessung sowohl des Viehstalls als auch der Heubühne. Die nördliche Hälfte nimmt hier der aussergewöhnlich grosszügige und für damalige Verhältnisse modern konzipierte Längsstall für das Grossvieh ein. In der südlichen Hälfte schliessen sich ostseitig ein Pferdestall und ein Dreschtenn an. Der restliche ebenerdige Bereich der Scheune dient als Lagerraum, ebenso der kellerartige Raum unter der Hocheinfahrt. Den Baukörper dominiert das mächtige, weit hinabgezogene und unter dem ausladenden Vorscherm als Heubühne ausgebaute Satteldach. Es handelt sich um eine Pfettenrafenkonstruktion mit eindrücklichem Sprengwerk, das eine sorgfältige Ausführung mit beschnitzten Balkenköpfen zeigt. An der Westseite des Hauptbaukörpers sowie entlang der gedeckten Hocheinfahrt sind traufseitige Schopfanbauten vorhanden, von welchen letztere von Anfang an bestanden haben dürften.
Der Stallbereich ist auf allen drei Seiten über einem mit Grobputz abgesetzten Sockel in Kalksandstein aufgeführt. Den oberen Abschluss bildet ein aus Kunststeinelementen gebildetes Gurtgesims, begleitet von einem etwas tiefer herumgeführten Gesims aus vorkragenden Kalksandsteinen. In regelmässigen Abständen sind Fensteröffnungen und Durchgänge gesetzt, die durchwegs mit Stichbogen abschliessen. Zu den Fenstern haben sich die bauzeitlichen Fensterflügel samt Kippflügel und Jalousieläden erhalten, zu den Durchgängen die Brettertüren mit aufgedoppeltem Rahmen. Die Tore zeigen schlichte, aus vertikalen Brettern genagelte Torflügel, nordseitig eine rautenförmige Aufdoppelung, und mehrheitlich in Muschelkalk gearbeitete Radabweiser. Die giebelseitige, nach Norden orientierte Hauptfassade ist mit zwei aussenliegenden Stalleingängen, einem zentralen Einfahrtstor und zwei dazwischen gesetzten Fenstern symmetrisch gegliedert. Die Eingänge für die Kühe sind seitlich mit Werkstücken aus Granit verstärkt.
Darüber ragt die ungewöhnlich hohe Stirnfront des Heubergeraums empor. Die hell verputzte Fläche wird durch sieben Lisenen aus hellorangen Backsteinen gegliedert, während treppenförmig abgestufte Backsteinfriese die Giebel begleiten. Die vier geschmiedeten Klammern, die sonst den Einsatz von Zugstangen verraten, sind hier wohl als reiner Bauschmuck verwendet. Die Mitte der Mauer besetzt ein gekuppeltes Stichbogenfenster mit einem in Kunststein gefertigten Mittelpfosten und kräftig ziegelroten, gewölbten Bogenabschlüssen. Darunter bildet ein gestufter Stichbogen aus Sichtbackstein die Bekrönung des Stalltors. Das Bogenfeld ziert ein in Zement hergestelltes Aargauerwappen mit Schleife und den Initialen des Bauherrn "J[akob] L[üscher]". Wesentlich schlichter fällt mit einem verbretterten Giebelfeld und mit zwei flankierenden stichbogigen Fenstern die südseitige Giebelfront aus, welche den über eine Hocheinfahrt gelösten Zugang zum Heubergeraum aufnimmt.
Durch das zentrale Rechtecktor auf der Nordseite gelangt man in den Viehstall. Der Torflügel lässt sich mittels einer über mehrere Räder umgelenkten Kette und ein innenseitig daran befestigtes Gegengewicht nach oben ziehen. Beidseits eines breiten Mittelgangs, der durch zwei Tore hindurch befahren werden kann, erstrecken sich die Futtertröge und Läger für die Kühe. Dadurch ist eine rationelle Einfütterung direkt vom Wagen möglich. Die ehemals wohl – wie in der Nachbarscheune – gusseisernen, in zwei Reihen entlang der Futterkrippen angeordneten Stützen sind in Beton ersetzt. Erhalten hat sich die bauzeitliche Hourdisdecke samt Eisenträgern. Der Boden besteht aus Zement mit kleinen eingegossenen Kieselsteinen.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0242-0244: Brandkataster Gemeinde Holziken 1850-1938.
[2] Freundliche Mitteilung des Eigentümers der Scheune Matten 8.
Literatur:- Heinz Baumann/Walter Widmer, Weisch no? Alte Photographien aus dem Uerken-, Suhren- und Ruedertal, Schöftland 1981, S. 147.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0242-0244: Brandkataster Gemeinde Holziken 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=136812
 

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