INV-HOL907 Stallscheune Matten 8, 1905 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-HOL907
Signatur Archivplan:HOL907
Titel:Stallscheune Matten 8
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Osten (2018)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Holziken
Ortsteil / Weiler / Flurname:Matten
Adresse:Matten 8
Versicherungs-Nr.:60
Parzellen-Nr.:356
Koordinate E:2644996
Koordinate N:1242033

Chronologie

Entstehungszeitraum:1905
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:HOL905 (Bäuerliches Wohnhaus Matten 8), HOL906 (Stallscheune Matten 1), HOL908 (Dreschtenne Matten 1)
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Scheune

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2020

Dokumentation

Inschriften:"T[heodor] L[üscher]" und "1905" (am Schlussstein über dem Tor zum Viehstall)
Würdigung:Eine von zwei stattlichen Stallscheunen, die 1904-05 für die Brüder Jakob und Theodor Lüscher als Ersatz für einen gemeinsam genutzten strohgedeckten Vorgängerbau errichtet wurden. Die winkelförmig zueinander ausgerichteten, unter ausladenden Dächern geborgenen Scheunen bilden einen prägenden Bestandteil der Hofgruppe Matten. Mit ihren aussergewöhnlich repräsentativen, an die Industriearchitektur des Historismus erinnernden Stirnfronten stellen sie innerhalb ihrer Baugattung eine Seltenheit dar. Über einem Erdgeschoss aus Kalksandstein, welches den Vieh- und Pferdestall, ein Tenn sowie Lagerräume aufnimmt, erhebt sich der mächtige, in Backstein und Holz errichtete Getreide- und Heubergeraum mit Hocheinfahrt. Die Fassaden sind mit unterschiedlichen Stichbogenöffnungen, backsteinsichtigen Lisenen und Friesen instrumentiert. Als baugeschichtlich interessanter Fall wurde die hier beschriebene, zum Wohnhaus Matten 8 (HOL905) gehörende Scheune zunächst in kleineren Dimensionen errichtet und erst 1916 in einer zweiten Etappe auf die Grösse der Nachbarscheune erweitert.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die drei Mattenhöfe entstanden im Lauf des 19. und frühen 20. Jh., vermutlich ausgehend von einem älteren, strohgedeckten Vorgängerbau des ganz im Osten gelegenen Vielzweckbaus Matten 6. Im 19. Jh. umfasste die Hofgruppe auch noch mehrere mit Stroh gedeckte Ökonomie- und Nebengebäude, von welchen eines der Vorgängerbau der vorliegenden Scheune war (siehe Michaeliskarte in der Bilddokumentation) [1]. Diese Scheune, die zum Gehöft von Jakob Lüscher, dem Bauherrn des Wohnhauses Matten 8 von 1830-31 gehörte, wurde ab 1853 von den Söhnen Jakob und Heinrich Lüscher zur gemeinsamen Nutzung übernommen und 1863 eigentümerrechtlich in zwei Hälften aufgeteilt. Gleichzeitig liess sich Jakob südlich des Elternhauses ein eigenes Wohnhaus, Matten 1, erbauen. Offenbar hatte Heinrich keine Nachkommen, denn sein Anteil fiel 1878 samt Wohnhaus ebenfalls an den Bruder. 1898 wurden die Höfe den beiden Enkeln überschrieben. Der ältere von beiden, Jakob Lüscher-Lerch, erhielt das väterliche Wohnhaus Matten 1 und die südliche Hälfte der Scheune, der jüngere, Theodor Lüscher, das ehemals dem Onkel und den Grosseltern gehörende Wohnhaus Matten 8 und die nördliche Hälfte der Scheune.
1904-05 wurde die alte, bisher von beiden Parteien gemeinsam genutzte Scheune durch die zwei bestehenden, in Kalksandstein und Backstein aufgeführten Ökonomiebauten ersetzt. Die Pläne stammten von Baumeister Gottlieb Müller aus Zofingen [2]. Beim vorliegenden Gebäude (Vers.-Nr. 60) handelt es sich um die 1905 für den jüngeren der beiden Brüder, Theodor Lüscher, errichtete Stallscheune. Sie war anfänglich etwas bescheidener angelegt als ihr Pendant. An den Stall für das Grossvieh, der sich an der Längsfassade über nur drei statt vier Achsen erstreckte, schlossen sich eine Remise und ein Tenn an. Ein Pferdestall fehlte. 1916 nahm Theodor Lüscher jedoch in Analogie zur Scheune seines Bruders Jakob eine Erweiterung nach Westen vor, womit das Gebäude annähernd dieselben Abmessungen und Funktionen erhielt. Im Bereich der Tenne und Remise wurden die Trauffassade in Fortführung des Viehstalls in Kalksandstein aufgemauert und ein Pferdestall eingerichtet. Die neue Tenne fügte sich in der Folge weiter westlich, ausserhalb der alten Stirnfront an. Sie grenzt daher hinten an die bereits vorhandene Rampe der Hocheinfahrt, welche durch diesen Umbau teilweise ins Innere des Hauptbaus zu liegen kam. Den Bauplänen von 1905 ist auch zu entnehmen, dass die Hocheinfahrt ursprünglich als unüberdachte Rampe geplant war.
Heute kann der umgebaute Stall für Veranstaltungen genutzt werden. Auf der südlichen Dachfläche ist eine Solaranlage montiert.
Beschreibung:Die – im Unterschied zum Vorgängerbau – längs zum Durchgangsweg errichtete Stallscheune bildet den westlichen Abschluss des nördlichen Gehöfts mit dem 1830-31 errichteten Wohnhaus Matten 8 (Bauinventarobjekt HOL905). Der grossvolumige Baukörper mit dem wuchtigen Satteldach bildet im Zusammenspiel mit der sehr ähnlichen Stallscheune auf der gegenüber liegenden Seite der Fahrstrasse (Vers.-Nr. 67, Bauinventarobjekt HOL906) einen markanten Blickfang innerhalb der ländlichen Baugruppe. Aussergewöhnlich ist insbesondere die gewählte Architektursprache, die ihre Vorbilder ganz offensichtlich unter den Industriebauten und Lokomotivdepots des Historismus findet.
Beide Stallscheunen zeigen ein für die Bauzeit Anfang 20. Jh. typisches Nutzungskonzept mit giebelseitiger Erschliessung sowohl des Viehstalls als auch der Heubühne. Die östliche Hälfte nimmt der grosszügige und für damalige Verhältnisse modern konzipierte Längsstall für das Grossvieh ein. In der südlichen Hälfte schliessen ostseitig ein Pferdestall und ein Dreschtenn an. Der restliche ebenerdige Bereich der Scheune dient als Lagerraum, ebenso der kellerartige Raum unter der Hocheinfahrt. Den Baukörper dominiert das mächtige, weit hinabgezogene und unter dem ausladenden Vorscherm als Heubühne verkleidete Satteldach, das analog zum Wohnhaus mit Teilwalmen versehen ist. Es handelt sich um eine Pfettenrafenkonstruktion mit eindrücklichem Sprengwerk, das eine sorgfältige Ausführung mit beschnitzten Balkenköpfen zeigt. Entlang der Hocheinfahrt und im rückwärtigen Bereich weist der Bau teilweise jüngere traufseitige Schopfanbauten auf.
Der Stallbereich ist auf allen drei Seiten über einem mit Grobputz abgesetzten Sockel in Kalksandstein aufgeführt. Den oberen Abschluss bildet ein aus Kunststeinelementen gebildetes Gurtgesims. In meist regelmässigen Abständen sind Fensteröffnungen und Durchgänge gesetzt, die durchwegs mit Stichbogen abschliessen. Ansonsten sind sie mit Kunststein eingefasst und weisen an der seitlichen Kante eine Zierfase auf. An den Fenstern haben sich noch die hölzernen Jalousieläden und einzelne bauzeitliche Fensterflügel erhalten, an den Durchgängen die Tür- und Torflügel mit rahmenartiger oder rautenförmiger Aufdoppelung. Die Radabweiser sind aus Naturstein gehauen. Die dem Wohnhaus zugewandte, nach Osten orientierte Stirnfront ist als Hauptfassade ausgebildet und mit zwei aussenliegenden Stalleingängen, einem zentralen Einfahrtstor sowie zwei dazwischen gesetzten Fenstern symmetrisch gegliedert. Den Scheitel des Torbogens ziert ein grosser Schlussstein mit den Initialen des Bauherrn "T[heodor] L[üscher]" und dem Baujahr "1905".
Darüber ragt die ungewöhnlich hohe Stirnfront des Heubergeraums empor. Die hell verputzte Fläche wird durch sieben Lisenen aus hellorangen Backsteinen gegliedert, während treppenförmig abgestufte Backsteinfriese die Giebel begleiten. Die vier geschmiedeten Klammern, die sonst den Einsatz von Zugstangen verraten, sind hier wohl als reiner Bauschmuck verwendet. Die beiden mittleren Felder der Mauer besetzt jeweils ein Einzelfenster, das am Stichbogenabschluss mit kräftig roten Backsteinen akzentuiert ist. Wesentlich schlichter fällt die anlässlich der Erweiterung entstandene Westfassade mit holzverkleidetem Giebelfeld aus. Sie wird teilweise durch die Hocheinfahrt verdeckt, die als hölzerner Anbau mit einer aus Eisenträgern konstruierten Rampe zum Heubergeraum hinaufführt. Dahinter hat sich – gewissermassen als Raumtrenner – die ehemalige Aussenfassade erhalten die in verputztem Mauerwerk aufgeführt ist und ein von zwei grossen Oculi (Rundfenstern) flankiertes Stichbogentor zeigt.
Durch das zentrale Rechtecktor auf der Ostseite gelangt man in den ehemaligen Viehstall. Der Raum, in dem heute keine Tiere mehr untergebracht sind, bewahrt noch die vier Gusseisensäulen der bauzeitlichen Deckenkonstruktion. Wie bei der Nachbarscheune erstreckten sich früher die Futtertröge und Läger für die Kühe beidseits eines breiten, befahrbaren Mittelgangs (anlässlich eines Umbaus entfernt).
Aus der Bauzeit dürfte auch der teilweise in der Scheune noch erhaltene Zementboden mit kleinen eingegossenen Kieselsteinen stammen.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0242-0244: Brandkataster Gemeinde Holziken 1850-1938.
[2] Freundliche Mitteilung des Eigentümers.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0242-0244: Brandkataster Gemeinde Holziken 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=136813
 

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