INV-HOL905 Matten 8, 1830-1831 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-HOL905
Signatur Archivplan:HOL905
Titel:Matten 8
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Holziken
Ortsteil / Weiler / Flurname:Matten
Adresse:Matten 8
Versicherungs-Nr.:58
Parzellen-Nr.:356
Koordinate E:2645010
Koordinate N:1242069

Chronologie

Entstehungszeitraum:1830 - 1831
Grundlage Datierung:Inschrift (laubenseitiger Eingang, Kachelofen)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:HOL906 (Stallscheune Matten 1), HOL907 (Stallscheune Matten 8), HOL908 (Dreschtenne Matten 1)
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerliches Wohnhaus
Epoche / Baustil (Stufe 3):Spätklassizismus

Dokumentation

Inschriften:Baujahr "1830" und die Initialen "HIA LV" für Jakob Lüscher (Türsturz Westeingang OG); "Jakob Lüscher. Verena Lüscher, geb. Gautschi. 1831" (Zierkacheln Ofen)
Würdigung:Stattliches bäuerliches Wohnhaus von 1830-31, das als ältester erhaltener Bauzeuge den siedlungsgeschichtlichen Kern der weilerartigen Hofgruppe Matten bildet. Der über zwei hohen Gewölbekellern zweigeschossig in verputztem Bruchsteinmauerwerk aufgeführte Bau ist mittels einer dreiseitigen Muschelkalkterrasse vom Umgelände und vorgelagerten Garten angehoben. Das leicht geknickte, abgewalmte Dach schliesst ostseitig mit einem Ründegiebel auf beschnitzten Bügen ab und integriert westseitig eine Erschliessungslaube. Die Fassaden zeigen eine für die spätklassizistisch-biedermeierliche Zeit typische Achsenbildung mit sorgfältig gearbeiteten Hausteingewänden. Die hofseitige Südfassade akzentuiert der in der Mittelachse angelegte, über eine doppelläufige Muschelkalktreppe erreichbare Hauseingang mit bauzeitlichem Türblatt. Innere Raumstruktur teilweise erhalten, die untere Wohnung bewahrt noch den bauzeitlichen Kastenofen mit bemalten Zierkacheln des bekannten Aarauer Ofenmalers Johann Heinrich Egli.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die drei Mattenhöfe entstanden im Lauf des 19. und frühen 20. Jh. vermutlich ausgehend von einem älteren, strohgedeckten Vorgängerbau des ganz im Osten gelegenen Vielzweckbaus Matten 6. Das hier beschriebene Wohnhaus Matten 8 hat sich als ältester Bau der Hofgruppe erhalten. Es wurde 1830-31 für Jakob Lüscher und Verena Gautschi erbaut und war wohl bereits ursprünglich für zwei Familien konzipiert. Der Eintrag im Brandkataster erfolgte im folgenden Jahr, lautend auf "Ein Wohnhaus von Stein zwey Stok hoch mit Ziegeldach und zwey gewölbten Kellern" [1]. 1853 ging die Liegenschaft samt zugehöriger Scheune an die beiden Söhne Jakob und Heinrich Lüscher über, welche diese zehn Jahre lang teilten. 1863 bezog Jakob das neu erstellte Wohnhaus Matten 1 südöstlich davon (Vers.-Nr. 61, Eintrag BK 1864] und schied als Miteigentümer aus. Heinrich nahm gleichzeitig am elterlichen Wohnhaus eine bauliche "Verbesserung" vor, wodurch der Wert desselben von 7'850 auf 10'000 Franken stieg. Offenbar starb Heinrich 1878, denn sein Wohnhaus und Scheunenanteil wechselte nun an Jakob Lüscher, bei dem es sich um den Bruder handeln dürfte. Obschon dieser 1885 ebenfalls verstarb, wurden die Höfe Matten 1 und Matten 8 gemäss Brandkataster erst 1898 eigentümerrechtlich auf die beiden Söhne aufgeteilt. Der ältere von beiden, Jakob Lüscher-Lerch, erhielt das väterliche Wohnhaus Matten 1 im Süden und die südliche Hälfte der Scheune, der jüngere, Theodor Lüscher, das vorliegende, ehemals dem Onkel gehörende Wohnhaus Matten 8 im Norden und die nördliche Hälfte der Scheune. 1904/05 wurde die alte, gemeinsam genutzte Scheune durch die zwei bestehenden Ökonomiebauten (Bauinventarobjekte HOL906 und HOL907) ersetzt, wobei der Neubau Matten 8 etwa an die Stelle des Vorgängerbaus zu liegen kam.
Wohl um 1900 erhielt das Wohnhaus den bestehenden Grobputz. In jüngerer Zeit erneuerte man auch die Fensterflügel und Jalousieläden. Die giebelseitige, ehemals sicher hölzerne Erschliessungslaube wurde im Lauf der Zeit aufgemauert. Bei einem Umbau wurden 1977 die Raumaufteilung in der rückwärtigen Haushälfte und die Befensterung der Rückfront teilweise verändert. 1998-99 erfolgte die vollständige Erneuerung und Erweiterung der ehemaligen Laubenschicht. Die Innentreppe zwischen beiden Stockwerkswohnungen wurde aufgehoben und im ehemaligen Gangbereich zwischen den beiden südseitigen Stuben im Obergeschoss ein zusätzliches Zimmer eingerichtet [2].
Beschreibung:Die drei Mattenhöfe bilden in der Ebene nördlich von Holziken eine weilerartige, landschaftsprägende Baugruppe, die aufgrund ihres intakten, kaum gestörten Erscheinungsbildes und des hohen Bestandes an historischer Substanz von erheblicher Bedeutung für das Ortsbild ist. Zu den beiden westlichen, in Getrenntbauweise errichteten Höfen gehörte einst eine gemeinsam genutzte, strohgedeckte Stallscheune, die 1904 bzw. 1905 durch zwei mächtige, in Sichtbackstein erbaute Ökonomiegebäude ersetzt wurde (Bauinventarobjekte HOL906 und HOL907).
Das hier beschriebene, zum nördlicheren dieser beiden Gehöfte gehörende Wohnhaus von 1830-31 ist das älteste aller noch bestehenden Gebäude. Es handelt sich um einen stattlichen spätklassizistisch-biedermeierlich geprägten Mauerbau. Das hohe Teilwalmdach wendet sich mit einer Giebelründe auf zierbeschnitzten Bügen nach Osten und bezieht an der westlichen Stirnseite eine Laubenschicht mit ein (unter Verlängerung in Firstrichtung erneuert).
Der verputzte Baukörper ist durch ein dreiseitig von Natursteinterrassen umgebenes Sockelgeschoss über das Umgelände angehoben. Darüber sind die mächtigen, 70 Zentimeter starken Bruchsteinmauern zweigeschossig aufgeführt. Die nach Süden auf den Vorplatz des Hofs ausgerichtete Traufseite bildet die Hauptfassade. Sie zeigt eine symmetrische Gliederung mit fünf Achsen, wobei die mittlere in etwas grösserem Abstand zu den seitlichen Achsen gesetzt ist und den zentralen Hauseingang aufnimmt. Auf der östlichen Giebelseite gliedern den Bau zwei Fensterachsen, während die nach Norden gerichtete Rückseite ehemals analog zum Kellersockel drei regelmässig gesetzte Achsen zeigte (anlässlich des Umbaus 1977 im mittleren Bereich verändert). Die westliche, heute hinter einer weiteren Raumschicht mit Treppenhaus verborgene Giebelfront besitzt in der Mittelachse zu beiden Wohngeschossen einen Eingang. Dieser gewährleistete ursprünglich mit einer hölzernen Laube den direkten Zugang von der Scheune her [3].
Repräsentativer ist der Haupteingang gestaltet, zu dem eine doppelläufige Treppe aus Muschelkalk hinaufführt (Terrassen aus Muschelkalk teilweise in Beton erneuert). Aus demselben Material ist vermutlich auch das Portalgewände gearbeitet, während alle anderen Gewände aus Sandstein gehauen sind. Den breiten Eingang rahmt ein flach profiliertes Gewände mit kantigem Sockel, das von einem reich profilierten Gesims bekrönt wird. Das schmucke, doppelflüglige Eichentürblatt mit Oberlicht, teilweise überschobenen Füllungen und Biedermeierbeschlägen aus Messing datiert aus der Erbauungszeit. Mit einem gekehlten Blockgesims ist auch das über dem Hauseingang liegende Mittelfenster akzentuiert, während alle anderen Fenstergewände nur mit Ladenfalz, ohne Gesims gearbeitet sind.
Interessanterweise findet sich die einzige Inschrift am Gebäude im Sturz des alten, ehemals laubenseitigen Eingangs zur oberen Wohnung, wo das Baujahr "1830" und die Initialen "HIA LV" für den Bauherrn Jakob Lüscher eingemeisselt sind. Dazu hat sich das tannene Türblatt mit Oberlicht und Biedermeierbeschlägen erhalten, eine in der Machart dem vorderen Eingang entsprechende, schlichtere Variante.
Die Erschliessung der beiden von Beginn weg als Stockwerkswohnungen konzipierten Geschosse erfolgt über einen L-förmig angelegten Korridor und teilweise noch über ein ehemals vom Keller bis zum Dachboden durchlaufendes Treppenhaus. Die im Erd- und Obergeschoss identische Grundrissgestaltung hat sich weitgehend erhalten: Zwei geräumige Stuben nehmen beidseits des breiten Korridors mit Treppe die südseitige Haushälfte ein, während die von zwei weiteren Kammern umgebene Küche im rückwärtigen Bereich angelegt ist. Inneres unterer teilweiser Veränderung der Grundrisse modernisiert.
Die westliche Stube der unteren Wohnung bewahrt einen Kastenofen mit weissgrundigen, bemalten Frieskacheln aus der Werkstatt des in Aarau ansässigen Ofenmalers Johann Heinrich Egli. Die mit Girlanden und Vasen auf Podesten mit Sinnsprüchen geschmückten Kacheln sind teilweise von ihm signiert. Mehrere Kacheln tragen die Inschrift der Bauherrschaft "Jakob Lüscher. Verena Lüscher, geb. Gautschi. 1831" [4]. Im Obergeschoss des Laubenanbaus wird ein grosser intarsierter Kirschbaumschrank aufbewahrt, der mit den Initialen "VE GT" und der Jahrzahl "1808" ebenfalls auf die Frau des Bauherrn verweist.
Das Dach ist als Sparrendach mit hoch ansetzenden Aufschieblingen auf liegendem Stuhl konstruiert und solide durch Kopf- und Fusshölzer mit letzterem verstrebt. Eindeckung erneuert.
In Firstrichtung des Gebäudes sind zwei hohe, tonnengewölbte Keller angeordnet, die zusätzlich zum Zugang via Treppenhaus an der Westseite über einen Aussenzugang verfügen.
Südseitig ist dem Haus ein Garten vorgelagert, der von einem schmiedeeisernen Zaun auf niedrigem Steinsockel eingefriedet ist.
Anmerkungen:[1] Gemeindearchiv Holziken, Brandkataster von 1829. - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0242-0244: Brandkataster Gemeinde Holziken 1850-1938.
[2] Baugesuchsarchiv Gemeinde Holziken.
[3] Ein Fenster zum rückseitigen Raum wurde beim Umbau 1977 verschlossen, vgl. Baugesuchsakten.
[4] Gemäss Kurzinventar 1995.
Literatur:- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 41.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0242-0244: Brandkataster Gemeinde Holziken 1850-1938.
- Gemeindearchiv Holziken, Brandkataster von 1829.
- Baugesuchsarchiv Gemeinde Holziken.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=37260
 

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