INV-WLO945 Otelfingerstrasse 6, 1896 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-WLO945
Signatur Archivplan:WLO945
Titel:Otelfingerstrasse 6
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Süden (2019)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Würenlos
Ortsteil / Weiler / Flurname:Ötlikon
Adresse:Otelfingerstrasse 6
Versicherungs-Nr.:195
Parzellen-Nr.:225
Koordinate E:2670766
Koordinate N:1255778

Chronologie

Entstehungszeitraum:1896
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2020

Dokumentation

Würdigung:Aus einem ehemaligen Strohdachhaus hervorgegangenes Gebäude, dessen äusseres Erscheinungsbild mitsamt den gemauerten Aussenwänden und dem Dach grösstenteils auf eine bauliche Erneuerung von 1896 zurückgeht, das an der südlichen Stubenfront jedoch noch Teile einer älteren, spätgotischen Reihenbefensterung aufweist. Im Innern haben sich aussagekräftige Teile einer alten Bohlenständerkonstruktion aus dem 16./17. Jahrhundert erhalten, was dem Gebäude einen erheblichen baugeschichtlichen Zeugenwert für die in der Region einst verbreitete Holzbauweise verleiht. Der grossvolumige Baukörper nimmt eine zentrale Stellung im Ortsbild des gemäss ISOS (= Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz) als national bedeutend eingestuften Weilers Ötlikon ein. Zusammen mit dem südlich benachbarten Doppelbauernhaus Otelfingerstrasse 2/4 (Bauinventarobjekt WLO938) und der Mühle (Kantonales Denkmalschutzobjekt WLO007) gehört es zum den ältesten Baubestand der ländlichen Kleinsiedlung.
Im Falle grösserer baulicher Massnahmen ist vorgängig eine bauarchäologische Untersuchung mit dendrochronologischer Altersbestimmung vorzunehmen.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Weiler Ötlikon ist aus einer kleinen Hofgruppe hervorgegangen, die vom Hochmittelalter bis ins 19. Jh. hinein eng an das Kloster Wettingen gebunden war [1]. Wohl deshalb konnte die Güterzersplitterung in engen Grenzen gehalten werden, so dass die Zahl der Häuser über lange Zeit nur unwesentlich anstieg. Noch Mitte des 17. Jh. bestand Ötlikon lediglich aus zwei Bauernbetrieben und einer Mühle. Auf dem Zehntenplan von 1699 ist eine haufenförmige Baugruppe mit vermutlich drei Wohnhäusern nebst der Mühle dargestellt (vgl. Bilddokumentation).
Bereits Teil dieser Baugruppe war das Haus Otelfingerstrasse 6, dessen Kern ins 16./17. Jh. zurückreichen dürfte. Auf dem Zehntenplan von 1699 wie auch auf Michaeliskarte von 1840 ist an selber Stelle bereits ein Baukörper – in etwas geringeren Abmessungen als das heute bestehende Gebäude – eingezeichnet. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1875 ist von einem "Wohnhaus von Rieg, zweistöckig, mit 2 Wohnungen, Tremkeller nebst Scheune, Stallanbau und zwei Anbauten mit Schopf und Schweineställen" die Rede [2]. Der 20.50 m lange und 11.70 m breite Baukörper war zu jener Zeit noch zu 3/5 mit Stroh eingedeckt; der Versicherungswert betrug 5800 Franken. Eigentümer war die Familie von Kaspar Markwalder; 1883 ging die Liegenschaft an Stefan Markwalder und 1919 an Hermann Markwalder über.
Gemäss Brandkataster fand 1896 ein vollständiger Umbau zu einem "Wohnhaus und Scheune aus Stein, Riegel und Holz, mit Ziegeldach" statt. Die neuen Ausmasse des Hauses betrugen 24.70 x 11.70 m, und der Versicherungswert wurde mit 13'600 Franken deutlich höher angesetzt. Von der Umgestaltung am stärksten betroffen war der Scheunentrakt, welcher in verlängerter Form wohl von Grund auf neu errichtet wurde. Ebenso erhielt das Gebäude über seine gesamte Länge ein neues, auf Ziegelbelag ausgerichtetes Dachgerüst. Die Fassaden des Wohnteils wurden teils ebenfalls neu gestaltet, wobei die frühere Gliederung mit Reihen- und Zwillingsfenstern an der südlichen Stubenfront zum Teil erhalten blieb.
Beschreibung:Die Liegenschaft Otelfingerstrasse 6 bildet die nördliche Begrenzung des dorfplatzartig erweiterten und mit einem mächtigen Lindenbaum besetzten Müliwisewegs, unmittelbar bei der Einmündung in die Otelfingerstrasse. Er stellt das Pendant zum südlich gelegenen Doppelbauernhaus Otelfingerstrasse 2/4 (Bauinventarobjekt WLO938) dar, welches ebenfalls zum ältesten Baubestand von Ötlikon gehört und so die Anfänge der Siedlungsentwicklung bezeugt.
Der auffallend grossvolumige, langgestreckte Baukörper vereinigt unter mittelsteilem, geradem Giebeldach einen stattlichen westseitigen Wohnteil mit Bestandteilen aus dem 16./17. Jh. sowie einen östlich anschliessenden, ausgedehnten Ökonomietrakt, welcher der Umbauphase von 1896 zuzuordnen ist (vgl. Baugeschichte). Der Wohnteil besteht in den beiden Vollgeschossen aus massivem Bruchsteinmauerwerk, während die Giebelfelder mit jüngeren Backsteinen aufgemauert wurden. Die zur Otelfingerstrasse gewandten Stirnseite zeigt regelmässig angeordnete Einzelfenster mit profilierter Verdachung im Obergeschoss, welche von 1896 stammen dürften. Demgegenüber verweist die südwärts zum Dorfplatz gerichtete Stubenfront mit noch erkennbarer Reihen- und Zwillingsbefensterung auf eine ältere, spätgotisch geprägte Fassadengestaltung.
Das ausgesprochen hohe Alter des Kernbaus erschliesst sich allerdings erst beim Blick in die Wohnräume des Obergeschosses, welche im Gegensatz zu denjenigen im Erdgeschoss weniger eingreifend modernisiert wurde. Hier haben sich wesentliche Teile eines kräftigen Ständergerüstes samt mächtigen Deckenbalkenlagen und Unterzügen erhalten. Die Dimensionierung des Ständerwerks wie auch die breiten verblatteten Kopfhölzer lassen auf eine Entstehungszeit zumindest im 17.Jh., möglicherweise sogar im 16. Jh. schliessen. Die breitrechteckigen, heute ausgemauerten Gefache der Binnenwände waren früher wohl allesamt mit kräftigen liegenden Bohlen oder mit Lehmflechtwerk ausgefacht. Einzelne hölzerne Wandfüllungen haben sich denn auch bis heute erhalten und sind heute als rustikale Gestaltungselemente inszeniert. Ebenso zum originalen Baubestand gehören die naturgekrümmten eichenen Deckenbalken einesTremkellers, welcher den südwestlichen Teil des Hauses unter Stube und Nebenstube einnimmt und über einen Aussenzugang erschlossen ist.
Östlich an den alten Wohnteil schliesst unter durchlaufendem Dachfirst ein ausgedehnter Scheunentrakt in der Nutzungsabfolge Tenn, Futtertenn und Stall an, der wohl gänzlich aus der Umbau- und Erweiterungsphase von 1896 stammt. Der Ökonomieteil ist in schlichter Gerüstbauweise mit vertikaler Bretterschalung aufgeführt, die Stallwände bestehen aus möglicherweise noch jüngerem, verputztem Mauerwerk. Über dem alten Wohnteil und dem jüngeren Scheunenteil erhebt sich eine 1896 neu gestaltete Dachkonstruktion mit hohem Kniestock sowie stehenden und liegenden Stuhljochen. Im Vergleich zum Ständergerüst des alten Wohnteils (16./17. Jh.) kommt den 1896 errichteten Gebäudeteilen ein deutlich geringerer materieller Zeugenwert zu, für die Gesamterscheinung des stattlichen Bauernhauses sind sie aber dennoch von erheblicher, ortsbildprägender Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Zur Geschichte von Ötlikon vgl. Witschi 1984, S. 150-151. Zur Entwicklung der Siedlung vgl. Räber 1996, S. 51-53.
[2] Gemeindearchiv Würenlos, Brandassekuranz-Kataster.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Literatur:- Peter Witschi, Ortsgeschichte Würenlos, Würenlos 1984.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996.
Quellen:- Gemeindearchiv Würenlos, A39, Gebäudeversicherung: Brandassekuranz-Kataster.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Materialien 227b1-2.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=136857
 

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