INV-REW905 Mühle Busslingen, 1868 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-REW905
Signatur Archivplan:REW905
Titel:Mühle Busslingen
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2020)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Remetschwil
Ortsteil / Weiler / Flurname:Busslingen
Adresse:Rohrdorferstrasse 10
Versicherungs-Nr.:32, 33
Parzellen-Nr.:45
Koordinate E:2666380
Koordinate N:1251303

Chronologie

Entstehungszeitraum:1868
Grundlage Datierung:Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:REW906
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Mühle

Dokumentation

Würdigung:An der Stelle eines spätgotischen Vorgängerbaus errichtete Getreidemühle von 1868, die als dreigeschossiger Mauerbau in charakteristischer biedermeierlicher Formensprache, mit streng axialsymmetrischer Gliederung, in Erscheinung tritt. Das Gebäude hat sein äusseres Erscheinungsbild, die innere Raumstruktur sowie Teile der historischen Ausstattung und der Mühleneinrichtung bewahrt. Mit dem nördlich benachbarten Speicher Vers.-Nr. 35 (Bauinventarobjekt REW906) sowie weiteren, rückwärtig gelegenen Nebengebäude bildet die Mühle eine intakte ländlich-gewerbliche Anlage in ortsbaulich wichtiger Stellung am Nordrand des alten Dorfkerns von Busslingen.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Im 17. Jh. existierten am Mühlebach in Busslingen zwei Getreidemühlen, welche von den Gebrüdern Huber betrieben wurden. Die "Obere Mühle" befand sich an der Stelle der heutigen Liegenschaft Steinhaui Nr. 37, die "Untere Mühle" bachabwärts am heutigen Mühlenstandort. Angeblich entspann sich zwischen den beiden Brüdern eine erbitterte Feindschaft wegen der Nutzung der Wasserkraft, was 1692 zum Tod von Jakob Huber führte [1].
Nach mündlicher Überlieferung gelangte die "Untere Mühle" durch Einheirat in die Hände des Müllergesellen Amrein. In den 1860er Jahren ging der Betrieb an Johann Schibli von Fislisbach über, der als Müllergeselle nach Busslingen kam und die Tochter des letzten Angehörigen der Müllerfamilie Amrein ehelichte. 1867 riss Schibli die alte Mühle, einen angeblich stattlichen Bau mit spätgotischen Fenstern, ab [2]. Gemäss der Michaeliskarte, welche die Verhältnisse um 1840 wiedergibt, muss der Mühlenneubau an gleicher Stelle erfolgt sein. Der als etwas älter einzuschätzende Speicher nördlich des Mühlengebäudes (Bauinventarobjekt REW906) dürfte noch ein Bestandteil der früheren Anlage sein. Gleichzeitig mit dem Mühlenneubau von 1868 richtete Johann Schibli-Amrein in der ehemaligen "Oberen Mühle" eine Sägerei ein. Kurze Zeit später entstand auch bei der "Unteren Mühle" eine Sägerei.
Gemäss Brandkataster von 1899 bestand die Mühlenanlage um die Jahrhundertwende aus einem "Wohnhaus mit Mühle, Sägerei und Radhaus" (Vers.-Nr. 32), dem nördlich gelegenen "Speicher" (Vers.-Nr. 35) sowie weiteren, rückwärtig gelegenen Nebengebäuden, die als "Speicher mit Trotte" (Vers.-.Nr. 33), "Schweinestall" (Vers.-Nr. 34) und "Doppelscheune" (Vers.-Nr. 31; vor einigen Jahren abgebrannt) bezeichnet werden; ein weiterer "Schopf" (Vers.-Nr. 128) sollte 1930 hinzukommen.
Der Mühlen- und Sägebetrieb wurde bis in die 1930er Jahre aufrechterhalten, als Johann Schiblis gleichnamiger Sohn im Zuge der Wirtschaftskrise nach Amerika auswanderte. Das Anwesen ging damals an Schiblis Schwiegersohn Erwin Gsell über, dessen Nachkommen heute noch in Besitz der Liegenschaft sind.
Beschreibung:Die Mühle von 1868 erhebt sich als dreigeschossiger traufständiger Baukörper unter schwach geneigtem, geradem Satteldach. Das Sockelgeschoss und das erste Obergeschoss sind mit Bruchsteinen massiv gemauert, die einzeln oder gekuppelt angeordneten Fenster mit Muschelkalkgewänden besetzt. Demgegenüber wurden das zweite Obergeschoss und die Giebelfelder in flächig verputztem Fachwerk aufgeführt und mit holzgerahmten Einzelfenstern versehen. An der Rückfront des Hauses zieht sich über das zweite Obergeschoss ein offener hölzerner Laubengang.
Der im Sockelgeschoss eingerichtete Mühlenraum wird von der Rohrdorferstrasse her über einen ebenerdigen, von einem alten Baumbestand begleiteten Eingang betreten. Dieser hat sein bauzeitliches doppelflügliges Türblatt mit vergitterten Lichtöffnungen bewahrt. Im Innern sind noch Reste der Mühleneinrichtung, unter anderem der aus kräftigen Hölzern gefügte Mühlenstuhl, vorhanden. Der Antrieb erfolgte über ein rückwärtig angebrachtes oberschlächtiges Mühlenrad, von dem noch Spuren im Mauerwerk erkennbar sind. Von der ehemaligen Wasserzuleitung (Aquädukt), welche über einen oberhalb der Mühle gelegenen Weiher erfolgte, blieb in der Flucht der hinteren Mühlenfassade ein Mauerstück erhalten.
Der Zugang in die über dem Mühlenraum gelegenen Wohnung erfolgt über eine Aussentreppe an der nördlichen, hangseitigen Stirnfront. Im Innern trennt ein firstparallel geführter Stichgang die strassenseitige Küche vom rückwärtigen Bereich mit Kammer und Treppenhaus (Innenabgang zum Mühlenkeller). Die südliche Stirnseite des Hauses nehmen Stube und Nebenstube ein. An bauzeitlicher Ausstattung hat sich in der Stube ein biedermeierlicher Kachelofen aus blauen Füll- und weissen Frieskacheln erhalten [3].
Anmerkungen:[1] An diese Begebenheit erinnerte ein steinernes Kreuz mit der Anschrift "Jakob Huber "1692" am Waldweg nach Oberrohrdorf. Das Kreuz wurde 1975 durch ein Missgeschick zerstört (vgl. Hoegger 1995, S. 451, Abb. 417). – Zu den geschichtlichen Ereignissen rund um die Mühlen von Busslingen siehe Beeler 1985.
[2] Die alten spätgotischen Fenstergewände sollen noch bis 1923 vorhanden gewesen sein (Beeler 1985).
[3] Inneres gemäss Bauernhausforschung 1988.
Erwähnung in anderen Inventaren:- ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Remetschwil, 4039-1.
Literatur:- Peter Hoegger, KDM Aargau VII, 1995, S. 451
- W. Beeler, Die Mühlen zu Busslingen, In: Der Reussbote vom 5. Dez. 1985.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0060: Brandkataster Remetschwil 1899-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Remetschwil II-18/12.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Materialien 155d/6.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=137437
 

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