INV-FRE914 Dorfstrasse 16, 18. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-FRE914
Signatur Archivplan:FRE914
Titel:Dorfstrasse 16
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Osten (2019)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Freienwil
Ortsteil / Weiler / Flurname:Dorf
Adresse:Dorfstrasse 16
Versicherungs-Nr.:48
Parzellen-Nr.:17
Koordinate E:2666900
Koordinate N:1261758

Chronologie

Entstehungszeitraum:18th cent.

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Kleinbauernhaus, Taglöhnerhaus

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2021

Dokumentation

Würdigung:Kleinbauernhaus mit komplexer, nicht abschliessend geklärter Baugeschichte, das vermutlich im 18. Jahrhundert und 1876 durch Umbau aus einem älteren Vielweckbau hervorgegangen ist. Die charakteristische platzsparende Unterteilung mit ehemals hinter der Nebenstube angelegtem Stall ist im Innern trotz eines Umbaus Anfang der 1980er Jahre noch immer ablesbar. Das Gebäude bildet den östlichen Teil einer kurzen, im Dorfkern schräg gegenüber der Kapelle gelegenen Häuserreihe. Mit der sorgfältig freigelegten und reparierten Fachwerkfassade ragt es als Blickfang aus der lockeren, zeilenförmigen Strassenbebauung hervor.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das in den Bauakten überlieferte Baujahr 1876 bezieht sich vermutlich auf einen grösseren Umbau, bei dem die Dachkonstruktion durch das heute bestehende Pfettenrafendach samt Kniestock ersetzt wurde [1]. Den Anlass dazu dürften die beiden Brände gegeben haben, die 1870 in Freienwil ein Drittel aller Häuser zerstört hatten. Aufgrund der Strohdächer, welche noch die Mehrheit der Bauten bedeckten, konnte das Feuer rasch um sich greifen. Seit 1874 zahlte die Gebäudeversicherung daher für den Abbruch oder die Umdeckung eines strohgedeckten Hauses eine "Strohdachprämie". Die ältesten Teile des Kleinbauernhauses dürften aufgrund des Fassadenbilds im östlichen Bereich des Wohntrakts liegen, zu dem sich auch ein kräftiger Schwellbalken erhalten hat. Denkbar ist, dass ursprünglich ein nutzungsgeschichtlicher Zusammenhang zwischen ihm und der ehemaligen Scheune bestand, die sich heute als umgebauter Wohnteil westseitig anschliesst. Die Erweiterung der Wohnung und der L-förmige Ökonomieteil mit aussenliegendem Tenn wären dann in einer weiteren Bauphase wohl im 18. Jh. (auf jeden Fall vor 1876) entstanden [3].
1898 gehörte die Liegenschaft Thomas Suter, von dem sie 1907 an Fritz Suter und 1926 an Josef Suter überging, der darauf weiterhin eine Landwirtschaft betrieb. Vermutlich bereits 1925 erhielt das Bauernhaus rückseitig einen grossen rechtwinklig anstossenden Schopfanbau [4]. Grössere Veränderungen erfuhr das Gebäude 1980/81, als die alten vorderseitigen Eingänge in die Wohnung und in den Keller zu Fenstern umgewandelt und stattdessen leicht versetzt ein neuer, halb eingetiefter Hauseingang über den Keller angelegt wurden. Neben dem Einbau moderner Nasszellen wurden im Hausinnern die Erschliessung erneuert, die angrenzende Nebenstube durch die Versetzung einer Wand leicht vergrössert und über dem Tenn ein Zimmer eingebaut. Mit diesem Umbau ging die Freilegung des bisher weitgehend verputzten Fachwerks einher.
Beschreibung:Das Kleinbauernhaus bildet den östlichen Abschluss einer dreiteiligen Häuserzeile, welche mit weiteren Zeilen als typische Bauform im Dorf das Strassenbild prägt. Mit seinen kontrastreichen Fachwerkfassaden tritt es schräg gegenüber der Kapelle und dem gleichfalls teilweise in Sichtfachwerk errichteten Bauernhaus Dorfstrasse 7 (Bauinventarobjekt FRE915) prominent in Erscheinung.
Die strassenseitige Vorderfront gliedert sich in den Wohnteil und das aussenliegende Tenn, wobei die insgesamt drei Fensterachsen zur Haupt- und Nebenstube eine für die Zeit bis um 1800 typische Rhythmisierung in der Anordnung zeigen. Im Erdgeschoss ist anstelle des früheren, zum Nachbargebäude hin gelegenen Hauseingangs ein zusätzliches Fenster eingelassen, welches heute mit den beiden anderen Fenstern die Stubenfront auszeichnet.
Das Fachwerk zeigt unterhalb des nachträglich ergänzten Kniestocks einer tendenziell älteren Bauweise entsprechend geschossübergreifende Wandständer. Die Gliederung ist zweckmässig und kaum auf dekorative Wirkung ausgelegt; eine Beobachtung, die sich auf viele einfachere Bauernhäuser und Ökonomiebauten der Region übertragen lässt. Repräsentativere Gebäude wurden denn auch schon früh in Stein aufgeführt. Bevor die Dachkonstruktion wohl 1876 erneuert wurde, dürfte das Haus zudem wie die meisten Häuser in den Dörfern der Grafschaft Baden noch ein Strohdach besessen haben [5]. Das schlichte, aus vertikalen Brettern bestehende und mit einem Mannstürchen versehene Rechtecktor am Tenn bewahrt noch barocke Beschläge.
Nicht weniger als die Hauptfassade fällt die ostseitige Stirnfront der Scheune ins Auge, welche durch den Rücksprung der benachbarten Häuserzeile völlig freigestellt ist. Die auch hier zweigeschossig durchlaufenden Wandständer, die Balken und Diagonalstreben gliedern die Fläche in vier Hochrechtecke mit absolut symmetrischem Fachwerkmuster, wie es in ähnlicher Form an der Doppelscheune zu Dorfstrasse 29, 31 (Bauinventarobjekt FRE917) zu beobachten ist. Oberhalb der ehemaligen Traufhöhe ist der Giebel mit einer Bretterschalung verkleidet.
Die Rückseite des Vielzweckbaus zeigt aufgrund der platzsparenden L-förmigen Verschränkung von Wohn- und Ökonomietrakt eine andere Nutzungsabfolge als die Vorderseite. Das Tenn gibt auf dieser Seite mit einem niedrigen Futtertenntor seine Doppelfunktion zu erkennen. Daran angrenzend hat sich die in Backstein aufgeführte Front des hinter der Nebenstube angeordneten Stalls erhalten. Die in Fachwerk errichtete Rückseite des Wohnteils ist nur im Bereich des Hintereingangs und des zugehörigen Fensters einsehbar, der Rest wird von einem jüngeren hölzernen Schopfanbau verdeckt.
Über den leicht erhöhten Hintereingang gelangt man unvermittelt in die Küche und von dort in die mit einem Kachelofen ausgestattete, nach Süden ausgerichtete Stube. Der direkte Durchgang zur Nebenstube wurde beim Umbau 1981 aufgehoben. Der Zugang erfolgt seither über den ehemaligen Stallbereich, der zur Hälfte zu einem Treppenhaus mit Badezimmer umgewandelt ist. Da der Stall im Unterschied zur Wohnung ebenerdig angelegt ist, mussten in diesem Bereich die Geschosshöhen angepasst werden. Die äussere Hälfte des Stalls und der darüber befindliche Heubergeraum blieben dabei erhalten. Das Obergeschoss der Wohnung weist einen analogen Grundriss auf, ist jedoch über dem Tenn durch ein Südostzimmer erweitert. Im Estrich befindet sich eine Rauchkammer [6].
Der auf die Dorfstrasse ausgerichtete südseitige Vorplatz des Hauses trägt mit seiner bepflanzten Pergola zur stimmigen Aussenraumgestaltung entlang der nur wenig befahrenen Dorfstrasse bei.
Anmerkungen:[1] Baugesuchsakten, Bauarchiv Gemeinde Freienwil. Im Fassadenbild heben sich die dünnen Hölzer des Kniestocks deutlich vom darunterliegenden Fachwerk ab.
[2] Rey/Suter 1997, S. 65–67. – Räber 1996, S. 128.
[3] Vgl. Rey/Suter 1997, S. 64–65: Ein vermutlich mit der Heimarbeit zusammenhängendes Phänomen ist die in Freienwil bereits im 18. Jh. nachgewiesene starke bauliche Verdichtung, indem bestehende Häuser unter mehreren Haushalten unterteilt oder Hausteile angehängt wurden.
[4] Brandkataster Gemeinde Freienwil 1899-1938 (Vers.-Nr. 48).
[5] Räber, S. 99–101.
[6] Angaben zum Innern gemäss Baugesuchsakten. Hausinneres nicht gesehen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Literatur:- Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 7, Basel 1995, S. 30.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Basel 1996, S. 99-101, 128.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Freienwil II-7/4.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
- Baugesuchsarchiv Gemeinde Freienwil: Baugesuchsakten von 1980/81.
- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0045: Brandkataster Gemeinde Freienwil 1899-1938 (Vers.-Nr. 48).
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=138470
 

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