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INV-FRE915 Dorfstrasse 7, 1797 (Dossier (Bauinventar))
Identifikation |
Signatur: | INV-FRE915 |
Signatur Archivplan: | FRE915 |
Titel: | Dorfstrasse 7 |
Ansichtsbild: |
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Bildlegende: | Ansicht von Nordosten (2019) |
Bezirk: | Baden |
Gemeinde: | Freienwil |
Ortsteil / Weiler / Flurname: | Dorf |
Adresse: | Dorfstrasse 7 |
Versicherungs-Nr.: | 46 |
Parzellen-Nr.: | 101 |
Koordinate E: | 2666917 |
Koordinate N: | 1261728 |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1797 |
Grundlage Datierung: | Inschrift (Tenntor, nicht mehr erhalten) |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Teil einer Baugruppe |
Weitere Teile der Baugruppe: | Speicher (FRE907) |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
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Schutz / Status |
Status Bauinventar: | Neuaufnahme Bauinventar 2021 |
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Dokumentation |
Inschriften: | "1797" (Tenntor, nicht mehr vorhanden) |
Würdigung: | Bäuerlicher Vielzweckbau mit komplexer, nicht abschliessend geklärter Baugeschichte, bestehend aus einer 1797 datierten Scheune und einem vermutlich älteren Wohnteil, der wohl kurz nach den Dorfbränden von 1870 über die ganze Länge ein Pfettenrafendach mit Kniestock und Ziegeleindeckung erhielt. Der in Fachwerk- und Steinbauweise errichtete Wohnteil zeigt im niedrigen Obergaden rauchgeschwärzte Deckenbalken und in der Wand zum Tenn ein altertümlich geformtes Kopfholz. Die Wände der Scheune bewahren unterhalb des Kniestocks noch mehrheitlich Ausfachungen aus Staketen und Lehm. Mit dem zughörigen Speicher (Bauinventarobjekt FRE907) bildet das Bauernhaus ein ländliches Ensemble, dem in unmittelbarer Nähe zur kantonal geschützten Kapelle (kantonales Denkmalschutzobjekt FRE001) ein hoher Situationswert zukommt.
Im Falle eines grösseren Umbaus sollten vorgängig bauarchäologische Abklärungen und eine dendrochronologische Altersbestimmung durchgeführt werden. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das Bauernhaus weist eine komplexe Baugeschichte auf, die vermutlich bis ins frühe 18. oder sogar 17. Jh. zurückreicht. Über Fotografien ist das Baujahr 1797 überliefert, das am alten, mittlerweile ersetzten Tenntor noch als aufgemalte Inschrift zu lesen war (siehe Bilddokumentation). Die damit datierte Scheune dürfte sich im Unterbau des bestehenden Ökonomietrakts erhalten haben, der aus Fachwerk mit Füllungen aus Staketen und einem Lehm-/Stroh-Gemisch besteht. Im Verhältnis zum Wohnteil scheint sie jedoch bereits eine jüngere Bauphase darzustellen: Während die Scheunenrückwand heute gegenüber dem Wohnteil vorspringt, deutet eine Nut im Wandständer zwischen Wohnteil und Tenn auf eine ehemalige Bohlenwand, die mit dem Wohnteil fluchtete. Weiter oben hat sich zum selben Wandständer ein Kopfholz erhalten, dessen altertümlich ausgeschnittenes Blatt ebenfalls auf eine frühere Datierung des Wohnteils schliessen lässt. In einer späteren Bauphase, die vermutlich kurz nach 1870 anzusetzen ist, wurde über dem ganzen Vielzweckbau die bisher wohl strohgedeckte Dachkonstruktion erneuert und in diesem Zusammenhang ein Kniestock erstellt. Das Fachwerk des Kniestocks und der Giebel unterscheidet sich von demjenigen des Unterbaus durch seine Steinfüllungen. Wie beim gegenüberliegenden Bauernhaus Dorfstrasse 16 (Bauinventarobjekt FRE914) dürfte der Anlass zu dieser Massnahme in den beiden Dorfbränden zu suchen sein, welche 1870 in Freienwil ein Drittel aller Häuser zerstört hatten. Aufgrund der Strohdächer, welche noch die Mehrheit der Bauten bedeckten, konnte das Feuer rasch um sich greifen. Seit 1874 zahlte die Gebäudeversicherung daher für den Abbruch oder die Umdeckung eines strohgedeckten Hauses eine "Strohdachprämie" [1]. Wohl im frühen 20. Jh. erhielt der Wohntrakt einen neuen Fassadenputz in zeittypisch grobkörnigem Besenwurf. 1975 wurde das Erdgeschoss zum Einbau eines Badezimmers und zur Erweiterung der Küche nach Süden mit einem zweckmässigen Anbau versehen. Mit der ehemaligen Aussenwand der Küche wurde in diesem Zusammenhang auch der alte Hauseingang entfernt. Ein weiterer Umbau erfolgte 1989 im Dachgeschoss, wo anlässlich des Einbaus eines Zimmers in der Nordwestecke das Einzelfenster im Giebelfeld durch zwei neue Rechtecklichter ersetzt wurde. Weitere Veränderungen betrafen in jüngerer Zeit die Umgestaltung der alten Tore und Eingänge am Ökonomietrakt [2]. |
Beschreibung: | Das an der Ecke Dorfstrasse/Schulstrasse, unmittelbar gegenüber der kantonal geschützten Kapelle (kantonales Denkmalschutzobjekt FRE001) gelegene Bauernhaus erstreckt sich mit Wohnteil, Tenn, Stall und Remise entlang der Dorfstrasse. Der Baukörper ist mehrheitlich in Fachwerk erstellt, wobei dieses am Wohnteil wohl seit dem frühen 20. Jh. unter einem Grobputz verborgen ist. Nur die Stirnseiten sind – am Wohnteil bis auf Traufhöhe, am Ökonomietrakt im Bereich der Remise – aus unterschiedlich grossen Flusswacken, Feld- und Bruchsteinen gefügt. Als Westmauer ragt diejenige des Wohnteils nach Süden vor, so dass vor dem Haus bis zur Ergänzung des Anbaus 1975 ein wind- und wettergeschützter Vorplatz bestand. Während der Ökonomiebereich von der Dorfstrasse her erschlossen und bewirtschaftet wird, erfolgt der Zugang zum Wohnteil rückseitig über eine Einfahrt von der Schulstrasse her. Hinter dem Vielzweckbau befindet sich ein kleiner baumbestandener Hofplatz, um den herum auch der zugehörige Speicher (Bauinventarobjekt FRE907) angeordnet ist. Als Schauseite und Stubenfront ist dennoch die der Strasse zugewandte Nordfassade ausgebildet. Diese zeigt drei Fensterachsen in rhythmisierter Anordnung, während stirnseitig pro Geschoss zwei Fenster gleichmässig verteilt sind [3]. Die hölzernen Gewände sind nur teilweise mit einem Ladenfalz versehen, jedoch durchwegs mit rahmenden Profilleisten aus dem 19. oder frühen 20. Jh. (Ausnahme: jüngere Fenster im Dachgeschoss). Die ganze Südfront des Wohnteils, bei der es sich untypischerweise um die Rückseite mit Küche und Nebenkammer bzw. Badezimmer handelt, ist stark verändert. Im Erdgeschoss ist sie durch den erwähnten Anbau ersetzt bzw. verborgen. Im Obergeschoss, das hinter einer jüngeren laubenartigen Einrichtung nur schwer einsehbar ist, hat sich die alte Fachwerkwand erhalten. Diese besitzt als einzige Fensteröffnung ein kleines, wohl noch die ursprünglichen Abmessungen aufweisendes Rechtecklicht zum tennseitigen Raum. Über der Wand kragen die alten rauchgeschwärzten Deckenbalken vor. Die sich nach Osten anschliessende Scheune, springt rückseitig gegenüber der alten, am Obergeschoss noch ablesbaren Fassade des Wohnteils vor. Die Ausfachungen bestehen bis auf die ursprüngliche Traufhöhe aus Staketen, Lehm und Stroh. Im Kniestock darüber und in den Giebelfeldern sind sie mit kleinteiligem Steinmaterial ausgemauert (strassenseitig im Bereich des Tenns in Backstein erneuert). An der Nord- und Ostfassade zeigt die Scheune seit einer Renovation rot gestrichenes Holzwerk, während sich südseitig der Vorzustand mit grauer Farbfassung erhalten hat. Der graue Farbton, der in Freienwil an mehreren Bauernhäusern nachgewiesen wurde, könnte durchaus dem historischen Befund um 1800 entsprechen [4]. Da er auch am Kniestock aus dem späteren 19. Jh. zu finden ist, müssen die vorhandenen Farbreste jedoch jünger sein. Das neben dem Wohnteil liegende Tenn weist nur zur Strasse hin ein Tor auf (Torflügel erneuert), während rückseitig ein gewöhnlicher Ausgang ins Freie führt. Zwischen dem Tenn und dem Wohnteil hat sich eine alte Ständerwand erhalten, welche im vorderen, neben der Einfahrt liegenden Bereich noch Reste einer einfachen Bohlenfüllung bewahrt, ansonsten aber mit Staketen, Rutengeflecht und einem Gemisch aus Lehm und Stroh ausgefacht ist. Der südliche Wandständer neben dem Durchgang zum Wohnteil ist mit einer Nut versehen, die den früheren Anschluss einer Bohlenwand als ehemalige Rückwand bezeugt. Ein weiteres, für die baugeschichtliche Einordnung des Wohnteils wertvolles Detail ist das weiter oben am selben Ständer befindliche Kopfholz zum Deckenbalken, das ein altertümlich ausgeschnittenes Blatt aufweist und noch auf das frühe 18. oder 17. Jh. verweisen könnte. Neben dem Tenn schliesst sich der erneuerte Stall mit einer in Kalksandstein aufgemauerten Front an. Die ganz aussen liegende Remise dient heute als offener Unterstand für Kleinvieh (alte Brettertore entfernt, siehe Bilddokumentation). Durch den Hauseingang im südseitigen Anbau gelangt man in die erweiterte, neben dem Tenn liegende Küche, von wo aus auch das nachträglich ergänzte Badezimmer erschlossen ist. Die alte Aussenwand der Küche mit der früheren Eingangstür existiert nicht mehr, hingegen hat sich die westliche Hälfte der Südfassade in der Binnenwand zwischen Badezimmer und Nebenkammer erhalten. In der nördlichen Haushälfte schliessen sich die mit einem Kachelofen beheizte, neben dem Tenn angeordnete Hauptstube und die Nebenstube an. Von der Küche aus gibt es einen direkten Durchgang mit stark rauchgeschwärztem Türblatt zum Tenn. Zudem führt von hier eine dem Tenn entlanggeführte Treppe in den sehr niedrigen Obergaden, dessen rauchgeschwärzte Deckenbalken auf die Zeit verweisen, als im Haus noch eine offene Rauchküche bestand. Der Kachelofen in der Stube stammt aus dem 20. Jh. Aufgrund jüngerer Wand-, Boden- und Deckenbeläge können keine weiteren Aussagen zu allenfalls noch vorhandenen historischen Ausstattungselementen wie Böden oder Täfer gemacht werden. Sowohl über der Scheune als auch über dem Wohnteil ist das Pfettenrafendach mit einer frühen Form des Kniestocks konstruiert, wobei über der Scheune ein liegender und über dem Wohnteil ein stehender Dachstuhl zur Anwendung kam. Einfache Stichbalken, die mit den Stuhlsäulen verblattet sind, sorgen anstelle von späteren Kniestockzangen für die Aussteifung. Um den Wohnteil herum ist ein bepflanzter Ziergarten angelegt, der zur Kapelle hin als Hintergrund für ein schlichtes Wegkreuz dient und als Bestandteil des begrünten Strassenraums für das Ortsbild von grosser Bedeutung ist. |
Anmerkungen: | [1] Rey/Suter 1997, S. 65-67. – Räber 1996, S. 128. [2] Baugesuchsakten von 1975 und 1989. [3] Im Giebelfeld war ursprünglich nur ein Fenster eingelassen, vgl. Baugeschichte weiter oben. [4] Spuren grauer Farbe, einem Gemisch aus Kalk und Russ bzw. geriebener Holzkohle, fanden sich auch an den Gebäuden Husenstrasse 11 (Vers.-Nr. 29) und Husenstrasse 31 (Vers.-Nr. 31, abgebrochen), vgl. Räber 1995, S. 201, zur Farbgebung am Fachwerk allgemein auch S. 200. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Literatur: | - Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 7, Basel 1995, S. 32. - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 128, 200-201. - Urs Rey/Tobias Suter, Freienwil – Geschichte einer ländlichen Gemeinde, Freienwil 1997, S. 65-67. |
Quellen: | - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Freienwil II-7/3. - Baugesuchsarchiv Gemeinde Freienwil: Baugesuchsakten von 1975 und 1989. - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0045: Brandkataster Gemeinde Freienwil 1899-1938 (Vers.-Nr. 46). |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=138471 |
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