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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1907 |
Grundlage Datierung: | Brandkataster |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Käserei |
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Schutz / Status |
Status Bauinventar: | Neuaufnahme Bauinventar 2022 |
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Dokumentation |
Würdigung: | Stattliches Käsereigebäude, das 1907 im Auftrag der Käsereigesellschaft errichtet wurde und in dem bis 1995 gekäst wurde. Der zweigeschossige Mauerbau unter einem Gerschilddach ist an seiner strassenseitigen Hauptfassade durch einen Mittelrisalit mit Satteldach akzentuiert. Er zeigt einen stimmungsvollen Fassadenschmuck aus zeittypischen industriell gefertigten Zementgusselementen, welcher die Bossen- und Diamantquader der Eckpilaster, die profilierten Verdachungen der Rechteckfenster sowie deren Konsolen und das gliedernde Gurtgesims umfasst. Mit seinem weitgehend intakten Äusseren und seiner prominenten Lage am südlichen Dorfeingang zwischen dem bäuerlichen Vielzweckbau aus dem 17. Jh. (Bauinventarobjekt BZE902) und dem Gasthof zum Hirschen (Bauinventarobjekt BZE903) tritt das Käsereigebäude im Ortsbild äusserst markant in Erscheinung. Es ist ein wichtiger bau- und wirtschaftsgeschichtlicher Zeuge für den Aufschwung der Milchwirtschaft im Freiamt seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Im traditionell auf Getreideanbau und Selbstversorgung ausgerichteten schweizerischen Mittelland erlangte die Milchverwertung erst im Verlauf des 19. Jh. eine grössere marktwirtschaftliche Bedeutung. Der Anschluss an das europäische Eisenbahnnetz ermöglichte damals die Einfuhr von kostengünstigem ausländischem Getreide, was zu einer tiefgreifenden Krise und zu einer Neuorientierung der einheimischen Landwirtschaft führte. Namentlich die südlichen Regionen des Aargaus, so auch das Freiamt, verzeichneten damals einen deutlichen Rückgang der Ackerbaufläche, verbunden mit einem Aufschwung von Viehzucht und Milchwirtschaft. Gleichzeitig führte die Einführung neuer Bewirtschaftungsmethoden wie Stallfütterung und Kleegrasanbau zu einer merklichen Produktionssteigerung. Ein Grossteil der anfallenden Milchmenge diente nun nicht mehr der Selbstversorgung, sondern wurde zu Butter und Käse verarbeitet und verkauft. So entstanden ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. zahlreiche genossenschaftlich organisierte, von einem hauptberuflichen Käser geführte Dorfkäsereien [1]. Gemäss Brandkatastereintrag wurde das Käsereigebäude in Bünzen 1907 im Auftrag der Käsereigesellschaft errichtet. Bis im Sommer 1995 stellte die Käserei noch Emmentaler-Käse her und verkaufte Milch im Offenausschank. Zuletzt verarbeitete der Käser während der Monate Mai bis Oktober rund 350'000 Liter Milch und produzierte so täglich zwei Emmentaler zu je 80 bis 90 Kilo. Zunehmende Absatzprobleme und eine veraltete Infrastruktur veranlassten die Käsereigenossenschaft zur Aufgabe des Betriebs [2]. Danach wurde das Gebäude zeitweise für Veranstaltungen genutzt. Während die Wohnung nach wie vor dem angestammten Zweck dient, wird das Erdgeschoss heute als Einstell- und Lagerraum verwendet. 2002/03 fand ein Umbau statt, bei dem an der nördlichen Stirnfassade an Stelle des mittleren Erdgeschossfensters ein Tor eingebaut wurde. Die ehemalige Wohnung des Käsers wurde renoviert, wobei die Raumeinteilung leicht verändert wurde. Da die Stahlträger durchgerostet waren, musste die ursprüngliche für die Bauzeit typische Hourdisdecke des Kellergeschosses durch eine Eisenbetondecke ersetzt werden [3]. |
Beschreibung: | Die ehemalige Dorfkäserei befindet sich am südlichen Dorfeingang von Bünzen auf der Südostseite der Dorfstrasse. Zu dieser ist das Käsereigebäude schräg traufständig ausgerichtet, wodurch es der Kurve folgt und im Strassenraum sehr prominent in Erscheinung tritt. Gleich nebenan im Südwesten steht der voluminöse bäuerliche Vielzweckbau aus dem 17. Jh. (Bauinventarobjekt BZE902). Die stattliche ehemalige Dorfkäserei ist als zweigeschossiger verputzter Mauerbau aufgeführt, der ein leicht geknicktes Gerschilddach trägt. Konstruktiv handelt es sich dabei um ein Pfettenrafendach. Die strassenseitige Traufseite wird durch einen dreiachsigen Mittelrisalit unter einem Satteldach akzentuiert. Insgesamt weist sie fünf regelmässig angeordnete Fensterachsen auf, während die Schmalseiten dreiachsig ausgebildet sind. Die Giebelfelder des Hauptbaukörpers sowie des Mittelrisalites sind jeweils mit zwei von den Achsen in die Mitte verschobenen Fenstern besetzt. Ganz zuoberst wird die Mittelachse durch runde Blendfenster betont. In historistischer Stilvielfalt sind stichbogige Fensteröffnungen nach spätbarockem Vorbild im Erdgeschoss mit klassizistisch Rechteckfenstern im Ober- und Dachgeschoss kombiniert. Die Fenster sind durchwegs mit Jalouiseläden ausgestattet. Der stimmungsvolle Fassadenschmuck setzt sich aus zeittypischen, industriell gefertigten Zementgusselementen zusammen. So sind die Gebäudekanten sowie die des Mittelrisalites durch Eckpilaster betont, welche alternierend aus versetzten Bossen- und Diamantquadern bestehen. Ebenfalls aus Zementguss bestehen die profilierten Verdachungen über den Rechteckfenstern und die triglyphenartigen Zierkonsolen unter den Sohlbänken sowie das umlaufende Gurtgesims zwischen dem Erd- und dem Obergeschoss und die vierpassartige Rahmung der Rundfensterchen in den Giebeln. Eine dekorative Wirkung erzielen auch die zierbeschnitzten Pfettenköpfe und Rafenenden. Der ursprüngliche Haupteingang befindet sich in der Mitte der strassenseitigen Trauffassade, welcher die heute noch in veränderter Form bestehende Anlieferungsrampe vorgelagert ist. Der auf Metallstützen ruhende Vorbau, der sowohl als Schutzdach wie auch als Balkon dient, hat in etwas filigranerer Gestalt bereits zur Bauzeit existiert. An die rückwärtige Trauffassade wurde nachträglich ein Quergiebelanbau unter einem Satteldach angebaut. Wie für Käsereigebäude üblich hat sich im Innern im Erdgeschoss die eigentliche Käseküche mit Milchgaden (Raum zur Aufbewahrung der Milch) und Käsespeicher befunden, während im Obergeschoss die Wohnung des Käsers untergebracht war. Zum Kellergeschoss existierte ursprünglich ein Aussenzugang. (Hausinneres nicht gesehen.) |
Anmerkungen: | [1] Zur Geschichte der Käserei im Freiamt siehe Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S.406–407. [2] Bünzen – ein Blick zurück. 2000, o. S. [3] Bünzen Baugesuchsarchiv, Baugesuch Nr. 2002/21. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Literatur: | - Bünzen – ein Blick zurück. Gemeinde Bünzen (Hrsg.), Wohlen 2000, o. S. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0492–0494, Brandkataster Gemeinde Bünzen, 1850–1938. - Gemeinde Bünzen Baugesuchsarchiv, Baugesuch Nr. 2002/21. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=138860 |
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