INV-DOT929A Wohlerstrasse 27 mit Scheune und Waschhaus, 1900 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-DOT929A
Signatur Archivplan:DOT929A
Titel:Wohlerstrasse 27 mit Scheune und Waschhaus
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Süden (2019)
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Dottikon
Adresse:Wohlerstrasse 27
Versicherungs-Nr.:94, 95
Parzellen-Nr.:1794, 172
Koordinate E:2660707
Koordinate N:1248365

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1900
Grundlage Datierung:Brandkataster; Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:Strohwarenfabrik DOT928B
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2022

Dokumentation

Inschriften:"1835" (Türsturz Hauseingang), "18 A K 88" (Rundfenster Scheunenstirnwand)
Würdigung:Bäuerlicher Vielzweckbau von 1835, der um 1900 durch den Fabrikanten Alois Kuhn mehrere Umgestaltungen erfuhr und zu einem kleinen Gebäudekomplex mit Strohwarenfabrik (Bauinventarobjekt DOT929B) erweitert wurde. Seither präsentiert sich die südöstliche Hauptansicht des Wohnhauses in Anlehnung an die Villenarchitektur mit einem Standerker sowie einem kleinen parkähnlich angelegten und von einem herrschaftlichen Zaun mit Muschelkalkpfosten umgebenen Vorgarten. Von der zugehörenden repräsentativen Ausstattung haben sich das reich geschmückte historistische Türblatt des Hauseingangs sowie im Innern der mit Täfer und Terrazzoboden versehene Korridor erhalten. Der ortsbildprägend an der Einmündung der Bahnhofstrasse in die Wohlerstrasse gelegenen Baugruppe kommt eine lokalgeschichtliche Bedeutung zu, steht sie doch stellvertretend für die rund hundert im Aargau und insbesondere in und um Wohlen angesiedelten Strohverarbeitungsbetriebe um 1900.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Gemäss Jahreszahl über dem Hauseingang wurde der bäuerliche Vielzweckbau 1835 errichtet. Eine weitere Inschrift an der westlichen Stirnwand der Scheune "18 A K 88" (heute im Anbau Bauinventarobjekt DOT929B verborgen) deutet auf eine Erneuerung oder Verlängerung derselben im Jahr 1888 hin. Den Initialen nach zu schliessen, gehörte die Liegenschaft bereits damals der Familie Kuhn, wobei sowohl der Vater Alexius als auch der Sohn Alois als Bauherren in Frage kommen. Alois Kuhn, der im Brandkataster von 1898 als Eigentümer und Fabrikant bezeugt ist, liess kurz nach Fertigstellung der Scheune rechtwinklig dazu ein kleines Fabrikgebäude zur Herstellung von Strohwaren (Bauinventarobjekt DOT929B) anbauen.
In Zusammenhang mit der Strohwarenfabrikation ist auch die Umgestaltung des Wohnhauses und des Vorgartens um 1900 zu sehen, bei der es offensichtlich vor allem um eine dem Zeitgeschmack und den Repräsentationsansprüchen des Firmeninhabers entsprechende Aufwertung des (Kunden-)eingangs und eine Zurschaustellung gehobenen Wohnens ging. Wohl einhergehend mit der Neugestaltung des Gartens liess Alois Kuhn um 1900, spätestens aber 1914, an der Stirnfront in der mittleren Achse einen Standerker mit darüber liegendem Balkon anbauen, die Fenstergewände im Obergeschoss mit Kranzgesimsen und die Fassaden mit einem gliedernden Gurtgesims ausstatten. Dem strassenseitigen Haupteingang wurde ein Windfang vorangestellt. Weiter liess Kuhn ein neues Türblatt anfertigen, den Korridor mit Täfer auskleiden und einen Terrazzoboden eingiessen. Möglicherweise erfolgte damals auch eine Veränderung der inneren Erschliessung, denn 1914 wurde die rückwärtige Laube entfernt und stattdessen eine Verbindungslaube zum Waschhaus erstellt [1].
Seit der jüngsten Renovation zeigen sich die Fassaden und Wände im Innern rustikalisiert, indem der Verputz partiell entfernt und das Bruchsteinmauerwerk steinsichtig belassen wurde. Die Böden wurden mehrheitlich mit Keramikplatten belegt. Die Scheune dient heute als Lagerraum. In diesem Zusammenhang wurde die ursprüngliche Struktur aufgehoben und ein neuer Zwischenboden eingezogen.
Beschreibung:Der ehemalige bäuerliche Vielzweckbau nimmt schräg gegenüber der Einmündung der Bahnhofstrasse in die Wohlerstrasseeinen einen prominenten Platz im Dorf ein. Hauptansicht ist die nach Südosten gerichtete Stirnfront, welcher ein kleiner parkartig angelegter Vorgarten mit Teich und einigen Bäumen vorgelagert ist. Umfriedet wird das Grundstück von einem schmiedeeisernen Zaun mit vasenbekrönten Muschelkalkpfosten und zweiflügeligem Tor. Das unter einem geraden Satteldach geborgene Gebäude gliedert sich in einen zweigeschossig in Bruchsteinmauerwerk aufgeführten Wohnteil und eine in Mischbauweise erstellte Scheune, an der noch die ehemalige Unterteilung in Tenn, Stall und vermutlich Remise abzulesen ist.
Der Wohnteil ist über einem halbhohen Kellergeschoss mit strassenseitig vier und stirnseitig drei Achsen gegliedert. Der vordere Hauseingang ist nach einem bautypologisch geläufigen Schema neben dem Tenn angelegt und über eine einläufige Treppe zugänglich, deren Podest um 1900 in einen Windfang integriert wurde. Aus der Zeit um 1900 dürfte auch das reich mit Schnitzereien (Sterne, Muscheln, Ranken, Blattwerk, etc.) verzierte und mit einem Fenster samt gusseisernem Gitter ausgestattete Türblatt stammen. Eine schlusssteinförmige Verzierung im Türsturz verweist mit erhabenen Ziffern auf das Baujahr "1835" des Hauses. Aus derselben Zeit stammen auch die biedermeierliche Lünette unter dem First und die hochrechteckigen Einzelfenster, die von schlichten Muschelkalkgewänden mit Ladenfalz eingefasst werden, dazu haben sich hölzerne Jalousieläden wohl aus der Umbauphase um 1900 erhalten. Die Kranzgesimse über den stirnseitigen Obergeschossfenstern sind eine Ergänzung aus derselben Zeit, ebenso das profilierte Gurtgesims, durch welches das Erd- vom Obergeschoss geschieden ist. Der Stirnseite ist seit dem Umbau um 1900 in der mittleren Achse ein polygonaler Standerker vorangestellt, der dem Obergeschoss mit einem schlichten Schmiedeeisengeländer als Balkon dient. Hierzu wurde das mittlere Fenster zu einem Ausgang verlängert. Die rückwärtige Trauffassade des Wohnteils weist zwei zum alten Baubestand gehörende Fensterachsen auf, deren Öffnungen im Erdgeschoss mit Fenstergittern versehen sind. Dazwischen befindet sich – um ein halbes Geschoss versetzt – der ebenerdige Hintereingang, der mit Muschelkalkstufen direkt in den Keller und zugleich ins angehobene Erdgeschoss führt. Das eichene Türblatt dürfte aus der Zeit des Umbaus um 1900 stammen und zeichnet sich durch eine kräftige Kassettierung mit Diamantschnitt aus. Darüber befindet sich der um 1914 ergänzte Laubengang, der ins Dachgeschoss des ehemaligen Waschhauses führt. Diese hölzerne Konstruktion mit einfacher Bretterschalung zeichnet sich wie das Waschhaus selbst und der Windfang beim Hauseingang durch allerlei Verzierungen im Schweizer Holzstil (Laubsägedekor, Friese) aus.
Der vordere Hauseingang führt auf einen mit Terrazzoboden, halbhohem Wand- sowie Deckentäfer aufwendig ausgestatteten Korridor, der durch eine verglaste Schwingtür vom dahinterliegenden firstparallelen Stichgang getrennt ist. Das tannene Holzwerk dürfte ursprünglich gefasst gewesen sein. In der Mitte des Korridors befindet sich eine direkte, nicht mehr benutzte Tür in die heutige, strassenseitig angelegte Stube, wobei diese ehemals durch eine Wand in zwei Räume – ursprünglich Stube und Nebenstube, später vielleicht Stube und Geschäftslokal – unterteilt war [2]. Die hintere Haushälfte umfasst zwischen der Küche im Osten und einem Nebenraum im Norden ein zweiläufiges Treppenhaus, welches mit Muschelkalkstufen zum Hinterausgang und Keller hinunter- und als eichene Stiege mit einfachem Staketengeländer ins Obergeschoss hinaufführt. Mit Ausnahme von Sichtbalkendecken, vereinzelt Fischgratparkett (Erker, Treppenzwischenboden) und Füllungstüren hat sich in den Räumen keine historische Substanz erhalten. Der bestehende Kachelofen, der als Ersatz für einen grünen Ofen aufgesetzt wurde, stammt aus einem anderen Kontext. Das ausgebaute Dachgeschoss bewahrt den bauzeitlichen liegenden Dachstuhl. Im Keller gibt es zwei gewölbte Räume.
Die Stallscheune bewahrt noch die gemauerten Stallfronten mit jüngeren stichbogigen Fenstern und Türblättern aus der Zeit um 1900, die bretterverschalten Wände zu den ehemaligen Heu- und Garbenbühnen sowie hölzerne Tenntore. Rückseitig hat sich ein einfaches Brettertor mit Mannstürchen aus der Bauzeit des Hauses erhalten; zur Wohlerstrasse hin zeigen die Tore eine für die Zeit um 1900 typische Aufdoppelung. Die verdeckte westliche Giebelfront besitzt einen Oculus (Rundfenster) mit der Inschrift "18 A K 88" im Muschelkalkgewände, welcher heute in der oberen Wohnung des ehemaligen Fabrikanbaus sichtbar ist. Auf der Rückseite des Gebäudes befindet sich ein ehemaliges Waschhaus, das durch eine Passerelle mit dem Wohnteil verbunden ist. Der gemauerte Kleinbau grenzt unmittelbar an den Hägglingerbach, der das Grundstück teils ober- teils unterirdisch durchfliesst, und zeigt an den holzverkleideten Giebelflächen verschiedene Zierelemente im Schweizer Holzstil.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0084: Brandkataster Gemeinde Dottikon 1898-1937 (Vers.-Nr. 94, 95).
[2] Darauf, dass die strassenseitige Haushälfte ehemals wie üblich in zwei Räume unterteilt war, deutet eine Nut im Deckenbalken neben dem Kachelofen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0084: Brandkataster Gemeinde Dottikon 1898-1937 (Vers.-Nr. 94, 95).
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Dottikon III-5/14.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=138993
 

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