INV-SAF923 Altes Schulhaus, 1909-1910 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-SAF923
Signatur Archivplan:SAF923
Titel:Altes Schulhaus
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Nordosten (2021)
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Safenwil
Adresse:Dorfstrasse 7
Versicherungs-Nr.:253
Parzellen-Nr.:931
Koordinate E:2641401
Koordinate N:1241150

Chronologie

Entstehungszeitraum:1909 - 1910

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Öffentliche Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Schulhaus

Dokumentation

Autorschaft:Karl Knell jun. (1880–1954), Alfred Hässig (1880–1943)
Würdigung:1909/10 nach Plänen des renommierten Zürcher Architekturbüros Knell & Hässig errichtetes Schulhaus in der Formensprache des Heimatstils. Das mächtige Volumen des dreigeschossig in Erscheinung tretenden Baukörpers unter geknicktem Vollwalmdach wird durch Risalite, Materialwechsel und die bewegte Dachlandschaft mit unterschiedlich gestalteten Lukarnen malerisch-asymmetrisch aufgebrochen. Mit der Brunnenanlage im Eingangsbereich; der für den Lichteinfall optimalen Ausrichtung der Klassenzimmer nach Südosten sowie dem mittels Schächten organisierten Ventilationssystem entspricht das Schulhaus ganz den in der Bauzeit aktuellen pädagogischen und hygienischen Ansprüchen. Trotz einem Anbau und diversen Eingriffen im Innern bewahrt das Schulhaus einen wesentlichen Teil seiner historischen Bausubstanz. Aufgrund seiner zentralen, leicht erhöhten Lage tritt es im Ortsbild von Safenwil prominent in Erscheinung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Ein eigenes Gebäude für den Schulunterricht existierte in Safenwil seit 1730. Das erste Schulhaus befand sich an der Einmündung der Bahnhofstrasse in die Dorfstrasse, an der Stelle, wo heute das Restaurant Central (Dorfstrasse 18) steht. Es fiel Ende des 19. Jh. einem Brand zum Opfer. 1828/29 wurde ein zweites Schulhaus errichtet, das heute das Safenwiler Dorfmuseum beherbergt (Dorfstrasse 2). Nachdem das zweite Schulhaus im Laufe des 19. Jh. bereits um ein Stockwert erhöht worden war, um mehr Raum zu gewinnen, entschied sich die Gemeinde 1908 zu einem neuen, grösseren Schulhaus [1]. Für dieses kamen zunächst zwei Bauplätze in Frage: Der Chriesiacker, der vom Erziehungsrat bevorzugt wurde, und der Hasliacker, den die Schulkommission favorisierte. Schliesslich setzte sich der Chriesiacker als Standort durch [2]. Das neue Schulhaus wurde 1909/10 nach Plänen des Zürcher Architekturbüros Knell & Hässig errichtet. Karl Knell jun. (1880–1954) studierte zunächst an der ETH Zürich und dann an der Technischen Hochschule Stuttgart, wo er seinen Mitstudenten und späteren Büropartner Alfred Hässig (1880–1943) kennen lernte [3]. Knell und Hässig führten von 1907 bis 1922 ein gemeinsames Büro in Zürich und realisierten in dieser Zeit mehrere Schulhausbauten [4]. 1908 gehörten beide Architekten zu den Gründungsmitgliedern des Bundes Schweizer Architekten (BSA). Mit ihrem Schulhaus für Safenwil schufen Knell und Hässig einen Bau, der sowohl mit seiner Formensprache als auch mit seinem Raumkonzept und seiner Ausstattung den Ansprüchen der Reformarchitektur Rechnung trägt. Im Innern fanden diverse bauliche Eingriffe statt.
1926 wurde im Südwesten des Schulhauses eine Turnhalle gebaut, die durch einen Zwischentrakt mit dem Schulhaus verbunden wurde. 1969 entstand im Nordosten ein zusätzliches Schulgebäude.
Beschreibung:Das 1909/10 errichtete Schulhaus befindet sich an erhöhter Lage auf der Südostseite der Dorfstrasse, von dieser zurückversetzt. Dem querrechteckigen, dreigeschossig in Erscheinung tretenden Baukörper unter einem geknickten Walmdach ist im Norden der Pausenplatz vorgelagert. Den Hauptakzent der nördlichen Hauptfront bildet ein Mittelrisalit mit einem geschweiften Giebel unter einem Mansarddach. Dessen Giebelfeld ist mit roten Holzschindeln verkleidet und zeigt über einem kleinen dreigeteilten Querfensterchen ein blau-grünes Ziffernblatt mit goldenen Zeigern und römischen Zahlen. Im Sockelgeschoss steht der Risalit auf zwei Pfeilern und bildet so die Überdachung des Haupteingangs. Aus der Fassadenflucht springt auch der halbrunde Treppenhausturm an der westlichen Schmalseite vor, der oben mit einem gestuften Kegeldach abschliesst. Zur Vielfältigkeit der Dachlandschaft tragen weiter zwei grosse Walmdachlukarnen auf der östlichen und westlichen Dachfläche bei sowie zwei kleinere, die den Mittelrisalit flankieren. Die ursprünglichen Fledermausgauben wurden durch kleine Rundgauben ersetzt. Hinsichtlich der Fassadengestaltung stellt das als Rustika von den darüberliegenden Putzflächen abgesetzte Sockelgeschoss ein charakteristisches Element dar. Dabei handelt es sich um das talseitig freistehende Kellergeschoss, das mit dem Haupteingang zugleich die Funktion eines Erdgeschosses übernimmt. Dieser Sockelbereich zeichnet sich durch kleine, rhythmisch angeordnete Fenster aus, die ihre bauzeitlichen Ziergitter bewahren. Während die Fenster der Nordfassade zu fünfteiligen bzw. dreiteiligen Reihen mit einem durchlaufenden Kunststeingesims zusammengefasst sind, zeigen die Ost und die Südseite grosse hochrechteckige Einzelfenster mit optimalem Lichteinfall für die Klassenzimmer. In der Vertikalen erfolgt die Gliederung der Fassaden durch schmale Lisenen, um die sich unter der bretterverschalten Dachuntersicht ein verkröpftes feines, profiliertes Gesims legt. Zurückhaltend eingesetzter Bauschmuck findet sich an den mit Rauten gestalteten vorderseitigen Fenstergewänden sowie am Mittelrisalit wo sich vertikal perlschnurartige Verzierungen vom grobkörnigen Putz abheben. Ähnliche, zahnschnittartige Ornamente schmücken auch die Pfeiler des Mittelrisalits und das Gewände des Eingangs. Die Tür öffnet auf den Raum des ehemaligen Windfangs, dem links eine Nische mit Sitzbänken und einer Brunnenanlage angegliedert ist. Dieser Eingangsbereich besitzt mit Stuckdecken sowie grauen Wandkacheln noch historische Ausstattung. Das grosszügige Treppenhaus bewahrt das bauzeitliche mit Voluten verzierten Eisenstaketengeländer mit hölzernem Handlauf. Weitgehend erhalten haben sich auch die bauzeitliche Raumstruktur sowie die Ventilationskanäle, bei denen es sich um vertikale Schächte im Mauerwerk handelt, durch welche die verbrauchte Luft abgeführt werden konnte und die wohl in Verbindung mit einer Luftheizung standen [5]. Gemäss den in der Zeitschrift «Die schweizerische Baukunst» 1911 publizierten Grundrissen gehörten zum ursprünglichen Raumprogramm des Schulhauses im Kellergeschoss auch ein Schulbad mit Duschen, Badewannen und einem angrenzenden Ankleideraum sowie eine Schulküche. Die Badeeinrichtungen, die wie damals üblich direkt neben dem Heizraum platziert wurden, sind genauso wie die Brunnenanlage im Eingangsbereich typische Elemente von Schulhäusern aus dem frühen 20. Jh. und zeugen von den damaligen hygienischen und pädagogischen Reformbestrebungen [6].
Anmerkungen:[1] 350 Jahre Schule Safenwil. Kulturelle Vereinigung Safenwil (Hg.), 1989, o. S.
[2] «Schulhausbauten» in: Illustrierte schweizerische Handwerker-Zeitung. Bd. 24 (1908), S. 602.
[3] Zu Karl Knell jun. siehe Nekrologe, Karl Knell, in: Schweizerische Bauzeitung Bd. 73 (1955), S. 67; Nachrufe, Karl Knell, in: Das Werk, Bd. 42 (1955), S. 21; Katja Hürlimann, «Knell, Karl», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Online-Version vom 20.08.2007 (https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/027374/2007-08-20/); zu Alfred Hässig siehe Verbände, Alfred Hässig, in: Das Werk, Bd. 30 (1943), S. XXVI.
[4] Schulhäuser von Knell & Hässig befinden sich auch in Marthalen, Uhwiesen, Benken, Wallisellen, Cham und Küsnacht.
[5] Zum System der Luftheizung siehe G.A. Breymann u.a., Allgemeinde Konstruktionslehre mit besonderer Beziehung auf das Hochbauwesen, Bd. 4: A. Scholz, Verschiedene Konstruktionen, insbesondere: Heizungs-, Lüftungs-, Wasserversorgungs- und Beleuchtungs-Anlagen, Leipzig 1900, S. 86–87.
[6] Zu Schulbädern siehe Paul Lincke, Die Schulbäder. Die technische Einrichtung. in: Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Schulgesundheitspflege. Bd. 4 (1903), S. 22–34.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A.
Literatur:- H. A. Baeschlin, Das Schulhaus in Safenwil. in: Die schweizerische Baukunst (SBK), Bd. 3 (1911), S. 359–361.
- 350 Jahre Schule Safenwil. Kulturelle Vereinigung Safenwil (Hg.), 1989, o. S.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0653 (1899–1938), Vers.-Nr. 253 Brandkataster Gemeinde Safenwil.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=139921
 

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