Dokumentation |
Würdigung: | Die 1851 erbaute Mühle von Oberhof ist ein intakt erhaltener spätklassizistisch-biedermeierlicher Mauerbau mit zeittypisch schlichter, wirkungsvoller Fassadengestaltung. Die erhaltene Mühleneinrichtung ist dank einer aufwendigen Wiederherstellung der hölzernen Zuleitung und des Wasserrads wieder funktionstüchtig. Das sorgfältig renovierte Gebäude ist ein wichtiger gewerbegeschichtlicher Zeuge und eine der wenigen Mühlen mit funktionstüchtiger Mahleinrichtung. Zur Anlage gehört die angebaute Stallscheune und ein Schopf mit Gewölbekeller. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Schon in den 1740er Jahren, dann wieder 1755 hatte Oberhof vergeblich versucht, die Bewilligung zum Bau einer Mühle zu erwirken [2]. Als sich 1835 der Wölflinswiler Müller äusserte, er wolle keinem Oberhöfler mehr mahlen, beantragte die Gemeindebehörde bei der Aargauer Regierung die Bewilligung zum Ausbau der Benkener Mühle, die erst seit der Eingemeindung 1827 politisch zu Oberhof gehörte. Dieser Antrag wurde abgelehnt, mit dem Wölflinswiler Müller wurde ein Abkommen getroffen. Dennoch konnte sechzehn Jahre später endlich eine eigene Mühle ihren Betrieb aufnehmen: Johann Baptist Frey (1794–1860), der schon früher eine Gipsreibe hatte bauen wollen [3], stellte Ende 1849 ein Gesuch um Errichtung einer Getreidemühle "am Dorfbach zu Oberhof", das die Regierung zunächst ablehnte [4]. Im Mai 1850 bewarb sich Frey "neuerdings um Konzession zu Errichtung einer Getreidemühle mit zwei Mahlgängen und einer Rönnle, oberhalb Oberhof am Dorfbache" (Amtsblatt 1850/281), dem nach erfolgter Ausschreibung die Genehmigung erteilt wurde. So konnte mit dem Bau begonnen werden konnte, dessen erste Etappe 1851 vollendet war. Im Brankataster von 1852 erscheint die Mühle als "ein 2stöckiges Wohnhaus mit 1 Wohnung, samt Getreidemühle, mit 2 Mehlhaufen und 1 Röndle, nebst angebautem Ketthaus mit Wasserrad, ohne Keller, aus Stein, mit Ziegeldach" [1]. Schon 1862, nur 11 Jahre nach ihrer Errichtung, gelangte die Mühle von der Familie Frey in andere Hände. Melchior Mettauer (1799–1884) [5], Bürger von Gipf-Oberfrick, aber auf dem Benkenhof aufgewachsen, erwarb sie. Bis 1894 führte sein Sohn Melchior (geb. 1864) den Betrieb weiter. Dann ging dieser an Xaver Bugmann aus Döttingen über. Als letzter Müller hielt Albin Bugmann den Mühlenbetrieb bis in die 1950er Jahre aufrecht. In den 1990er Jahren wurde die Mühle und der Mahlraum wieder instand gesetzt und das Wasserrad samt der Zuleitung nachgebaut. Das Wohngeschoss wurde vollständig modernisiert und ist heute über das Tenn der abgebauten Stallscheune erschlossen. |
Beschreibung: | Die Alte Mühle steht im gut erhaltenen oberen Dorfteil quer zum Aspbach und blickt mit ihrer Schaufassade nach Norden. In der Nordwestecke des weiten, baumbestandenen Umgeländes steht eine kleine, den 14 Nothelfern geweihte Kapelle mit Kreuz (Bauinventar OBH 904). Östlich der Mühle befindet sich ein zugehöriger Schopf mit tonnengewölbtem Keller aus dem Jahr 1857. Das Mühlegebäude ist ein kubischer Mauerbau unter ungebrochenem Giebeldach mit gestaffelter, leicht zurückversetzter Stallscheune an der Westseite. Beide Baukörper sind aus verputzten Bruchsteinmauern aufgeführt und mit Tür- bzw. Fenstergewänden aus gelbem Kornbergstein versehen. Das Eingangsportal dominiert die mit gleichmässig grossen Fenstern gegliederte vierachsige Fassade des Wohn- und Gewerbeteils. Der Türsturz trägt die Inschrift "AN 1851 JF" ( [JF= Johannes Frey). Das nachträglich zugemauerte, ungewöhnlich grosse Oberlicht wird oben von profilierten Gesimsbekrönung mit Zahnschnittfries abgeschlossen. Das zweiflüglige gestemmte Türblatt datierte wie jenes des ostseitigen Nebeneingangs aus der Erbauungszeit. Das Radhaus mit dem nachgebauten oberschlächtigen Wasserrad, das einen Durchmesser von 5,4 Metern aufweist, befindet sich an der östlichen Giebelseite, wo auch der Nebeneingang zur alten Treppe ins Obergeschoss liegt. Das Wasser wird mittels eines hölzernen "Kännels" vom Aspbach zum Mühle geleitet. Über die Rückfront des Hauptgebäudes zieht sich ein jüngerer Quergiebelanbau. Das überhohe Erdgeschoss enthält den grosszügig dimensionierten Mahlraum. Die Balkendecke wird von einem Holzpfeiler mit Unterzug, Sattelholz und Bug abgestützt. Die originale Ausstattung mit zwei Mahlgängen und einen Röllgang ist samt den Transmissions- und Antriebsvorrichtungen noch vorhanden und wurde sorgfältig restauriert. Auf einem der in der Zwischenzeit ersetzten Einfülltrichter hatte sich ein Müller oder Müllerknecht mit einem Vers verewigt [6]. Bemerkenswert ist die Einrichtung der Kammer für den Mahlknecht in der hinteren oberen Ecke des Raumes, von wo er über einen schmalen Steg direkt den Mahlstuhl erreichen konnte. Der Raum darunter wurde dadurch frei zur Lagerung von Mahlgut. Die Wohnung des Müllers befand sich im Obergeschoss und war durch eine steile lange Holztreppe erschlossen. In der Stube stand ein Kachelofen mit grün glasierten Kacheln, den Johannes Frey 1852 bei Hafnermeister Bodmer in Aarau machen liess. Maler Johann Heinrich Egli schuf einen dazu passenden Kranz gemalter Kacheln mit Blumenmotiven und Sprüchen in Violett auf weissem Grund, die bei der Renovation in der Küche wieder einen Platz fanden [7]. Die Küche bewahrt den originalen Schüttstein mit Ausgussnase an der östlichen Giebelfront. Die Stallscheune ist von der Hauptfassade zurückversetzt und zeigt zur Hofseite hin ein korbbogiges Tenntor aus gelblichem Kornbergstein. An der Vorderfront dienten grosse halbkreisförmige Lichter ("Lünetten") zur Belüftung der Heubühne, an der Rückseite befinden sich schartenartige Öffnungen [8]. Erst 1857 wurde neben dem Hauptgebäude ein Nebengebäude (Vers. Nr.17) errichtet, das über einem Gewölbekeller einen Wagenschopf und dahinter angegliedert ein Waschhaus mit Feuerungseinrichtung enthielt [9]. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Detailinformationen: Nr. 18 (Alte Nummern: 1876: 18, 1852 (Erbauungsjahr 1851): 106). Besitzer: 1852: Johannes Frey, Müller; 1861: Johannes Frey, Müller, Sohn; 1862: Melchior Mettauer; 1876: Melchior Mettauer, Müller, Vater; 1894/95: Xaver Bugmann, Müller; 1898: Xaver Bugmann; 1936 (?): Xaver Bugmanns Erben. Beschrieb: 1852: Ein 2stöckiges Wohnhaus mit 1 Wohnung, samt Getreidemühle, mit 2 Mehlhaufen und 1 Röndle, nebst angebautem Ketthaus mit Wasserrad, ohne Keller, aus Stein, mit Ziegeldach. 1876: Wohnhaus mit Getreidemühle nebst Anbau, Radhaus und Anbau mit Wagenschopf von Stein und Holz. 1898: Wohnhaus mit Mühle und 2 Anbauten, aus Stein, mit Ziegeldach. Mass: 1852: L 33’, B 32’, H 23’. 1876: Länge 9,9 m, Breite 9,6 m, Höhe 6,9 m. Anbau Radhaus: Länge 9,6 m, Breite 2,4 m, Höhe 2,7 m. Anbau mit Schopf: L 9,9 m, B 5,1 m, H 6,9 m. Wert: 1850: 6000; 1862: +3350 (wegen Verb.) =9350. 1876: 10400 (Gebäude 7500, Wasserrad mit Getriebe 1500, 1 Mahlgang mit Champagnerstein 600, 1 Mahlgang mit deutschem Stein 400, 1 Röndle 600); 1898, 1901: 8400; 1908: 10000; 1922, 1936: 12000; 1955: 20000. Besonderes: 1898: Bemerkung unter der Rubrik «Feuergefährliches Gewerbe»: Getreidemühle. [2] Werner Fasolin, 1995. [3] Das 1821 gestellte Gesuch um Errichtung einer Gipsreibe im Pilger, das von der Gemeindeversammlung Oberhof unterstützte wurde, führte zu Einsprachen von Müller Josef Treier sowie Josef Emmenegger von Wölflinswil. Darauf kam es zu einem Vergleich zwischen Frey und Treier, dass dieser genug Gips nach Oberhof liefern wolle, so dass Frey keine Gipsreibe bauen müsse; StAAG, Akten Bez.-Amt Lfbg., Oberhof. [4] Beschwerde dagegen führten Josef Hort, Müller in Wölflinswil, sowie sämtliche Müller des Distrikts Frick; StAAG, Akten Bez.-Amt Lfbg., Oberhof. [5] Als sein Vater Xaver Mettauer, der im Jahr 1800 den Sennhof auf dem Benken gekauft hatte, 1834 diesen Hof auf seine drei Söhne aufteilte, erhielt Melchior unter anderem die Mühle. Wie schon der Disput der Gemeinde Oberhof mit dem Wölflinswiler Müller von 1835 zeigte, hätte die Mühle auf dem Benken ausgebaut werden müssen, um für ganz Oberhof zu mahlen. Für den Eigenbedarf dürfte Melchior weiterhin auf der Benkenmühle gemahlen haben, doch als sich 1862 die Gelegenheit ergab, die neuwertige Mühle im Dorf zu erwerben, packte er zu. [6] Das Mahlen bei der Nacht / hat der Teufel gemacht. / Das Müllerleben / hat Gott gegeben. / Ich hört eine Mühle in unserem Thal / sechs weisse Pferde in unserem Stall. [7] Die Kachelinschriften lauten: Friedrich Andres- Bodmer / Hafner=Mstr: in Aarau 1852 - Der Bruderliebe wird zum Lohn, / Dort die schöne Bürgr=Kron: / Egli Maler 1852 - Fromm gelebt und froh gestorben, / Heißt des Lebens Kranz erworben - Handle recht mein Erdensohn / So wie die Thaten, so der Lohn - Wohl dem Greis mit frohem Herzen / Mag er im weißen Haar noch scherzen - Frieden und Genügsamkeit / Sind auf Erden Seligkeit - Im Vaterland wird es glücklich gehen, / Wan wir in Schwerzer Eintracht stehen [Verschrieb für Schweizer] - Der Rauch im Auge beißt sehr / Falsche Zungen noch viel mehr. [8] Detailinformationen: Nr. 19 (Alte Nummern: 1876: 19, 1852 (Erbauungsjahr 1851): 107). Besitzer: 1852: Wie oben Nr. 106. 1876: Wie oben Nr. 18. 1898: Xaver Bugmann, Müller o.J.: dessen Erben. Beschrieb: 1852: Scheune aus Stein, mit Stall und Schopf, mit Ziegeldach. 1876: Scheuer von Stein. 1898: Scheune aus Stein, mit Ziegeldach. Mass: 1852: L 30’, B 40’, H 18’. 1876: L 9 m, B 12 m, H 5,1 m. Wert: 1852: 1800; 1862 +1800 (wegen Verb.) =3600; 1876: 3200. 1898: 3200; 1922: 3800; 1931, 1936: 4000; 1955: 8000. [9] Detailinformationen: Nr. 17 (Alte Nummern: 1876: 20, 1857 (Erbauungsjahr): 109). Besitzer: 1857: Johann Frey, Müller; 1861: Johann Frey, Müller, Sohn; 1862/1876: Melchior Mettauer; 1894/95: Xaver Bugmann, Müller; 1898: Xaver Bugmann; 1936 (?): Xaver Bugmanns Erben. Beschrieb: 1857: Holz- und Wagenschopf, aus Stein und Holz, mit Ziegeldach. 1876: Ein Gebäude mit Wagenschopf, Waschhaus, Hühnerhaus von Stein und Holz mit gewölbtem Keller. 1898: Schopf mit Gewölbekeller und Anbau aus Stein und Holz, mit Ziegeldach. Mass: 1857: L 37’, B 16’, H 8’. 1876: L 11,1 m, B 4,8 m, H 2,4 m. Wert: 1857: 1200; 1876: 900. 1894 –400. 1895: +300, =800. 1898: 1800; 1931: 2000; 1936: 1500; 1955: 3000. Besonderes: Bemerkung 1898: Steht innert 5 m von No 18 Mühle. |
Literatur: | - Werner Fasolin, vom Korn zum Mehl. In Oberhof erwacht ein altes Gewerbe zu neuem Leben, Aargauer Tagblatt vom 24.12.1991, Seite Fricktal I. - Werner Fasolin, Quellenforschungen zu einigen schützenswerten Gebäuden in Oberhof zuhanden der Planung Bau- und Nutzungsordnung, Dezember 1995. - Patrick Bircher, Wölflinswil Oberhof, Zwei Dörfer - ein Tal, eine heimatkundliche Betrachtung, Hsg. Gemeinden Wölflinswil und Oberhof, 1991, S.93. - Rückblende, Dorfchronik Wölflinswil und Oberhof, Kulturkommission Wölflinswil-Oberhof, 1984, S. 56, 57. - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 159. |
Quellen: | - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, VI-13/3. |
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