INV-ABT904 Sinserstrasse 14, 16, 1700 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-ABT904
Signatur Archivplan:ABT904
Titel:Sinserstrasse 14, 16
Bezirk:Muri
Gemeinde:Abtwil
Ortsteil / Weiler / Flurname:Dorf
Adresse:Sinserstrasse 14, 16
Versicherungs-Nr.:73 (westlicher Hausteil) , 74 (östlicher Hausteil)
Parzellen-Nr.:544 (westicher Hausteil), 545 (östlicher Hausteil)
Koordinate E:2669647
Koordinate N:1225271
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2669647&y=1225271

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1700
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerliches Wohnhaus

Dokumentation

Würdigung:Ehemals schindelgedecktes Tätschhaus, das vermutlich aus dem 17./18.Jahrhundert datiert. Der östliche Wohnteil (Vers.-Nr. 74) des Doppelwohnhauses beherbergte das ehemalige Postlokal. Trotz erheblichen baulichen Veränderungen haben sich wesentliche Teile der historischen Wand- und Dachkonstruktion erhalten, denen aufgrund ihres Alters ein hoher baugeschichtlicher Zeugniswert zukommt. Die Südfassade bewahrt die historische Bohlenständerwand und die mächtige Eichenschwelle. Das Doppelwohnhaus stellt ein charakteristisches Element der traufständigen Strassenbebauung dar, die im Dorfkern noch von einigen wenigen Vertretern dieser ältesten Hausgeneration des Freiamts geprägt wird.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Als Ständerbau mit ehemals flachgeneigtem, schindelgedecktem Satteldach gehört das Doppelwohnhaus aus dem 17./18. Jh. zu den Tätschhäusern, bei denen es sich um die ältesten fassbaren Konstruktionen im Freiamt handelt. Die ersten noch erhaltenen Vertreter dieses Bautypus auf dem Gebiet des Kantons Aargau, gehen auf das 15. Jh. zurück und sind heute nur noch vereinzelt, meist in stark veränderter Form anzutreffen. Mehrheitlich sind sie als freistehende Wohngebäude mit zwei Vollgeschossen und einem offenen, nicht weiter unterteilten Dachraum konzipiert und besitzen eine in Getrenntbauweise errichtete Ökonomie. Im Freiamt sind die Tätschhäuser mit ihren länglichen Baukörpern meist quer zum First in zwei Wohneinheiten getrennt. Ihre Fassaden bestanden ursprünglich aus Bohlenwänden mit Reihenfenstern, die man im 18./19. Jh. jedoch fast ausnahmslos umgestaltete, indem man im Bereich des Erdgeschosses die vormalige Bohlenfüllung durch Flecklinge und die Reihenfenster durch Einzelfenster ersetzte. Charakteristischer, namensgebender Bestandteil des Tätschhauses war das Dach, das sich mit seiner schwachen, auf Legschindeln ausgelegten Neigung deutlich von anderen älteren Haustypen unterschied. Der mit Steinen beschwerte Dachbelag und der stark ins Gewicht fallende Schneedruck machten einen ausgesprochen massiven Innenbau erforderlich. Ein Grundrissmerkmal der Freiämter Tätschhäuser ist die traufseitige Ausrichtung der Hauptwohnräume (Stube, Nebenstube) sowie der giebelseitige Hauseingang, durch den man direkt in die rückwärtige Küche oder einen Vorratsraum gelangt. Die Kammern im Obergeschoss sind durch einen firstparallelen Mittelgang erschlossen [1.]
Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1850 wird das Doppelwohnhaus an der Sinserstrasse 14/16 als "zweistöckiges Wohnhaus mit Tremkellern von Holz unter Schindeldach" beschrieben. Die Umdeckung auf Ziegel und die damit verbundene Aufsteilung des Dachs erfolgte wahrscheinlich 1858. Früher befand sich im Nordostzimmer des östlichen Hausteils (Vers.-Nr. 74) das Postlokal. Ein an den östlichen Hausteil angebauter Scheunentrakt wurde 1928 abgebrochen. 1992 wurde der Dachstock ausgebaut [2].
Der westliche Hausteil (Vers.-Nr. 73) erfuhr 1996/97 eine Fassadensanierung mit teilweisem Ersatz der Ständerkonstruktion auf der Nordseite und im Innern eine Auskernung mit Dachausbau, wobei die historische Bausubstanz fast vollständig verloren ging [3].
Beschreibung:Der langestreckte Baukörper unter einem Satteldach steht traufseitig an der Sinserstrasse und ist quer zum First in zwei Wohneinheiten geteilt, die beide giebelseitig erschlossen werden. Während der westliche Gebäudeteil (Vers.-Nr. 73) innen wie aussen beinahe vollständig modernisiert wurde, bewahrt der östliche Hausteil (Vers.-Nr. 74) wesentliche Elemente der historischen Wand- und Dachkonstruktion, denen aufgrund ihres Alters ein hoher baugeschichtlicher Zeugniswert zukommt. Über einem niedrigen Mauersockel erhebt sich ein zweigeschossiger Ständerbau, dessen Ständergefüge in einen mächtigen Eichenschwellenkranz eingezäpft und mit fassadenbündig eingenuteten Flecklingen gefüllt ist. Diese Konstruktion zeigt sich an der Südfassade noch in ihrer historischen Ausführung, während sie an der Nord- und Ostseite erneuert wurde. An der Südfassade ist in die Eichenschwelle ein sogenannter Keilladen eingelassen. Dabei handelt es sich um ein konisch zugeschnittenes Brett, das beim Einsetzen der Bohlen eines Fussbodens als letztes von aussen durch eine ausgesägte Öffnung eingetrieben wird. Damit presste man die von der Mitte her bereits verlegten Bohlen satt aneinander und verlieh der Konstruktion die nötige Stabilität. Auf das altersbedingte Schwundverhalten des Holzes konnte dadurch reagiert werden, dass man den an der Fassade vorstehenden Keilladen gelegentlich etwas nachtrieb [4].
Das Innere des östlichen Wohnteils wird durch einen firstparallelen Mittelgang erschlossen. Während im Erdgeschoss die Stube nach Süden ausgerichtet ist, befand sich im Nordostzimmer das Postlokal. Der Keller bewahrt zwei bauzeitliche Holzpfosten, welche die Deckenkonstruktion stützen. Er besass ursprünglich einen traufseitigen Aussenzugang von der Strasse her. Im Obergeschoss bezeugen verblattete Holzverbindungen die ursprünglichen Konstruktionsverhältnisse als Bohlenständerbau. Vom ursprünglichen Tätschdach, das aus einer flachgeneigten Pfetten-Rafenkonstruktion mit stehendem Stuhl bestand, haben sich der Firstständer, Stuhlsäulen und Mittelpfetten erhalten. Die Rauchschwärze, welche die Balken der Tätschdachkonstruktion aufwiesen, ist aufgrund einer Sandstrahlung heute kaum mehr zu erkennen. Von der 1858 erfolgten Aufsteilung zeugen die aufgesetzte Firstsäule und die Firstpfette. Bei den Holzverbindungen der im 19. Jh. erfolgten Erweiterungen handelt es sich um Verzapfungen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1 Grafschaft Baden und Freiamt, Basel 1996, S. 269-272. Das älteste Abtwiler Tätschhaus (Vers.-Nr. 67), das in seinem Kern gemäss dendrochronologischem Befund aus dem 15./16. Jh. datierte, stand dem ehemaligen Posthof gegenüber und wurde wegen seines schlechten Erhaltungszustand Ende der 1990er Jahren abgebrochen (vgl. Bauernhausforschung VIII-1/1).
[2] Gemeinde Abtwil, Baugesuchsarchiv: Baugesuch 19992/12.
[3] Gemeinde Abtwil, Baugesuchsarchiv: Baugesuch 1996/16.
[4] Räber 1996, S. 183.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0462-0464, Brandkataster Gemeinde Abtwil, 1850-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Bauernhausforschung VIII-1/2.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Inventar der Hochstudbauten und Tätschdachhäuser im Kanton Aargau, ABT904.
- Gemeinde Abtwil, Baugesuchsarchiv: Baugesuche 19992/12; Baugesuch 1996/16.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=28422
 

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