Ansichtsbild: |
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Identifikation |
Signatur: | INV-AUW907 |
Signatur Archivplan: | AUW907 |
Titel: | Sigristenpfrundhaus |
Bezirk: | Muri |
Gemeinde: | Auw |
Hist. Name Objekt: | Sigristenhaus |
Adresse: | Mühlauerstrasse 3 |
Versicherungs-Nr.: | 159 |
Parzellen-Nr.: | 446 |
Koordinate E: | 2670373 |
Koordinate N: | 1229258 |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1723 - 1724 |
Grundlage Datierung: | Dendrochronologische Analyse |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Wohnhaus |
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Dokumentation |
Würdigung: | Ehemals mit Holzschindeln gedecktes Tätschdachhaus, das dendrochronologisch in das Jahr 1723/24 datiert werden konnte. Das Gebäude, von dem noch der alte Wohnteil besteht, bildet mit seinem Baujahr den spätesten exakt datierten Vertreter dieser ältesten, bis ins 18. Jahrhundert im Oberfreiamt verbreiteten Hausgeneration. Es war ursprünglich als bäuerlicher Vielzweckbau angelegt und stellte damit eine Seltenheit innerhalb des sonst mehrheitlich bei reinen Wohnhäusern auftretenden Haustypus dar. Der Ökonomieteil wurde 1990/91 im gleichen Volumen durch einen Neubau ersetzt (nicht Bestandteil des Schutzumfangs); der Wohnteil erfuhr 2012 einen durchgreifenden Umbau mit erheblichem Verlust der alten Bausubstanz im Inneren und teilweise auch am Äusseren. Trotz starker Veränderungen kommt dem Gebäude weiterhin hoher bautypologischer und konstruktionsgeschichtlicher Zeugenwert zu. Auch tritt es im näheren Umfeld der Pfarrkirche (Kantonales Denkmalschutzobjekt AUW004) und gegenüber dem ebenfalls stark umgebauten Doppelhaus Mühlauerstrasse 4/6 (Bauinventarobjekt AUW908) als prägender Bestandteil der Mühlauerstrasse in Erscheinung. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Eine heute nicht mehr bestehende Eichensäule im Keller des Gebäudes gehörte wohl zu einem Vorgängerbau. Sie dürfte nach ihren spätgotischen Zierformen und nach einer allerdings ungesicherten Datierung im Rahmen einer dendrochronologischen Untersuchung (Jahrringmethode) im 16. Jh. entstanden sein. Das mit ursprünglich mit Holzschindeln gedeckte Tätschdachhaus, von dem heute noch der Wohnteil besteht, liess sich im Rahmen derselben dendrochronologischen Untersuchung auf das Fälljahr 1723/24 datieren und als einheitlicher Neubau in der Disposition eines bäuerlichen Vielzweckbaus belegen [1]. Es kann somit als Spätform dieses im oberen Freiamt e8inst verbreiteten Haustypus bezeichnet werden [2]. Im ersten verfügbaren Brandkatastereintrag von 1850 wird das Gebäude als «2stöckiges Wohnhaus mit Tremkeller, Scheune & Schweinställen von Holz unter Schindelndach», im Eigentum der Kirchgemeinde, beschrieben [3]. Eine «Verbesserung» ist für 1873 dokumentiert, worauf das Gebäude im Brandkatastereintrag bereits mit mehrheitlich hartem Dachbelag aufgeführt ist. Die vollständige Umdeckung auf Ziegel erfolgte 1877. Im gleichen Zeitraum dürften die Fassaden des Wohnteils ihre Einzelbefensterung erhalten haben. Wohl spätestens seit dem 19. Jh. diente das Gebäude gemäss seinem allgemein gebräuchlichen Namen als Sigristenhaus. Zwischen 1989 und 1997 wurde mehrfach eine kantonale Unterschutzstellung des Gebäudes erwogen, das anfänglich samt dem Ökonomieteil noch weitgehend intakt erhalten war. 1990/91 ersetzte man den Ökonomieteil unter Berücksichtigung der Gesamtform durch einen Neubau zu Wohnzwecken mit Gemeindesaal im Erdgeschoss [4]. 2012 erfolgte eine durchgreifende Renovation des Wohnteils, wobei ein wesentlicher Teil der alten Bausubstanz durch neue Elemente ersetzt und der materielle Zeugenwert des Gebäudes dadurch erheblich geschmälert wurden. |
Beschreibung: | Der ehemalige bäuerliche Vielzweckbau, von dem heute lediglich noch der ebenfalls veränderte Wohnteil in seiner historischen Ausprägung besteht, steht nahe der Pfarrkirche (Kantonales Denkmalschutzobjekt AUW004) im Kirchenbezirk. Der längliche Baukörper ist in leicht abgewinkelter Stellung zur Mühlauerstrasse mit der Stubenfront nach Süden ausgerichtet. Mit dem flach geneigten Satteldach ist das Gebäude als ursprünglich mit hölzernen Brettschindeln gedecktes Tätschdachhaus zu erkennen. Es gehört damit diesem ältesten Haustypus an, der bis zum 18. Jh. vom oberen Freiamt bis ins voralpine Gebiet vorherrschend war. Eine Seltenheit stellt dabei die ursprüngliche Disposition als Vielzweckbau dar, waren doch Tätschdachhäuser in der Regel meist als reine Wohnhäuser konzipiert [5]. Heute präsentiert sich der Wohnteil in den Formen des Umbaus von 2012, während der unter durchgehendem First angebaute Ökonomieteil im gleichen Volumen durch einen Neubau von 1991 ersetzt ist (nicht Bestandteil des Schutzumfangs). Der Wohnteil ist als Ständerkonstruktion über einem mächtigen, mit Schwellenschlössern gesicherten eichenen Schwellenkranz aufgeführt und umfasst zwei Vollgeschosse sowie einen Kniestock. Als Wandfüllungen dienen aussen bündig eingenutete Flecklinge (Kanthölzer). Die regelmässig gesetzten grossen Einzelfenster stammen wohl von einer Überformung der Fassaden im 19. Jh. Zum ursprünglichen Bestand gehörte gemäss dendrochronologischer Untersuchung auch eine ostseitige, vollständig eingewandete Giebellaube, deren vertikale Verbretterung unten mit Eierfasen verziert war [6]. Im Bereich der rückwärtig gelegenen Küche war die erdgeschossige Traufwand nachträglich aufgemauert worden. Die heute nur noch teilweise erhaltene, kräftig dimensionierte Dachkonstruktion (vgl. Schnittzeichnung in der Bilddokumentation) erhebt sich mit einem stehenden, von angeblatteten Steigbändern verstrebten Stuhl über einem Kniestock. Der Firstständer ist zu einer kurzen, auf dem Stuhl abgefangenen Spitzsäule reduziert. Diese setzte sich unterhalb des Spannbalkens in einem Innenständer fort, der aus unbekannten Gründen seitlich leicht aus der Mittelachse versetzt angeordnet war [7]. Die starke Russschwärzung über Wohnteil wies darauf hin, dass auch dieses vergleichsweise junge Tätschdachhaus zunächst ohne Kamin bestand und der Rauch aus der zweigeschossig offenen Rauchküche direkt in den Dachraum geleitet wurde. Das Innere war ehemals zweiraumtief gegliedert, wobei das südseitige Vorderhaus nach üblichem Schema Stube und Nebenstube, das Hinterhaus die geräumige Küche und einen stirnseitig zugänglichen Vorraum umfasste. Im Keller hatte sich eine Eichensäule aus dem 16. Jh. mit spätgotischer Fase erhalten. Seit dem durchgreifenden Umbau von 2012 bestehen am Wohnteil noch die alten Ständerfassaden, wobei auch hier einzelne Hölzer ersetzt und die nordseitige Erdgeschosswand rekonstruiert wurden. Die Fenster wurden teilweise in ihrer Höhenlage verschoben, um sie den veränderten Geschosshöhen anzupassen; die Einfassungen sind durchgehend neu. Die Giebellaube wurde durch eine formal angepasste neue Konstruktion mit rekonstruierten Laubenstützen vollständig ersetzt. Im Inneren ist noch die mehrheitlich von der Wärmedämmung verdeckte Dachkonstruktion in Teilen erhalten. Im übrigen ist das Haus inklusive des Kniestocks mit betonierten Böden und Wänden vollständig neu ausgebaut. Die alte Binnenkonstruktion wurde vollständig zerstört; auch der alte Keller besteht nicht mehr. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Dendrolabor Egger, Boll, im Auftrag der Bauernhausforschung Aargau, 1991 (Kurzinventar Bauernhausforschung). [2] Zu Tätschdachhäusern allg. vgl. Räber 1996, S. 269-272. [3] StAAG, Brandkataster Auw. [4] Akten im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege. [5] Vgl. Räber 1996, S. 270-272. [6] Ebd., S. 176f. [7] Ebd., S. 142f. |
Literatur: | - Dominik Sauerländer, Auw. Eine Ortsgeschichte, Baden 2012, S. 24. - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 133f., 142f., 176f., 271f. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0470-0472, Brandkataster Gemeinde Auw, 1850-1938 (alte Vers.-Nrn.: vor 1850: 111, 1850: 146, 1875: 174). - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Auw VIII-3/2. - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Denkmalschutzakten. |
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Related units of description |
Related units of description: | siehe auch: DOK-AUW839.003 Wohnhaus Nr. 159, Sigristenhaus, Keine Angabe (Dossier (Dokumentationsobjekte))
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=28914 |
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