INV-AUW912 Herrenhof, 1785 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-AUW912
Signatur Archivplan:AUW912
Titel:Herrenhof
Bezirk:Muri
Gemeinde:Auw
Ortsteil / Weiler / Flurname:Herrenhof
Adresse:Herrenhof 1
Versicherungs-Nr.:184
Parzellen-Nr.:549
Koordinate E:2670769
Koordinate N:1229334

Chronologie

Entstehungszeitraum:1785
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerliches Wohnhaus

Dokumentation

Inschriften:"Joseph Notter Hafner in Bosswil", "1866" (Kachelofen Stube)
Würdigung:Weitgehend noch im Originalzustand erhaltenes steilgiebliges Freiämterhaus spätbarocker Prägung, das gemäss Überlieferung 1785 entstanden ist und das Hauptgebäude des «Herrenhofs» bildet, eines alten Gutshofs des Klosters Engelberg. Der zweigeschossige, wohl mit Flecklingen (Kanthölzern) gefüllte Ständerbau mit beidseitigen Trauflauben liegt unter einem ausladenden Krüppelwalmdach mit stirnseitigem Klebdach und bewahrt den traditionellen Holzschindelschirm. Das Innere besitzt noch wesentliche Teile der Ausstattung aus dem 19. Jahrhundert. Das Gebäude bildet damit ein charakteristisches Beispiel für den bäuerlichen Hausbau des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Mit seiner Lage im offenen Kulturland knapp ausserhalb des Dorfs kommt ihm zudem ein hoher Situationswert zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Name des «Herrenhofs» verweist nach der Überlieferung darauf, dass es sich ehemals um den grossen Lehenhof des Klosters Engelberg handelte, der im ausgehenden 18. Jh. allerdings zur Finanzierung des Klosterneubaus verkauft werden musste [1]. Ob das bestehende Wohnhaus noch durch das Kloster oder bereits durch die neuen Eigentümer erbaut wurde, ist nicht bekannt. Nach der Überlieferung datiert es von 1785, was mit den noch spätbarocken Bauformen korrespondiert. Seit 1818 befindet sich der Hof im Eigentum der Familie Villiger [2]. Im ersten verfügbaren Brandkatastereintrag von 1850 wird das Gebäude als «2stöckiges Wohnhaus mit Tremkellern von Holz unter Ziegeldach» beschrieben. Eigentümer war Ulrich Villiger, dem 1864 die Brüder Burkard und Jakob und 1884 Jakob Villiger alleine folgten [3].
Um 1940/50 wurde die rückwärtig gelegene Essstube modernisiert. Abgesehen davon erfuhr das Gebäude im Verlauf des 20. Jh. nur geringfügige Veränderungen.
Beschreibung:Der Herrenhof liegt östlich des Unterdorfs im leicht ansteigenden Gelände ausserhalb der alten dörflichen Siedlung, wie dies auf der Michaeliskarte um 1840 anschaulich zum Ausdruck kommt (vgl. Bilddokumentation). Das hier beschriebene Wohnhaus wendet sich, um Gartentiefe zurückgesetzt, mit seiner Giebelfront zum alten, südlich am Hof vorbeiführenden Fahrweg. Es handelt sich um einen charakteristischen Freiämter Ständerbau in spätbarocken Formen. Der breitgelagerte zweigeschossige Baukörper erhebt sich mit annähernd quadratischem Grundriss über einem talseitig freiliegenden Kellersockel aus verputztem Bruchsteinmauerwerk. Er ist als Fleckling-Ständerbau ausgeführt und wird von einem Knickdach mit Krüppelwalmen und regionaltypischem stirnseitigem Klebdach abgeschlossen, das an beiden Traufseiten über die Obergeschosslauben herabgezogen ist. Ein alter Holzschindelschirm, dessen Unterkante als markanter Abwurf ausgebildet ist, überzieht den gesamten Baukörper samt den Trauflauben, den gekrümmten Bügen und den Seitenflächen des Fluggespärres, worin sich der Wunsch dokumentiert, einen besonders homogenen Eindruck zu erzielen [4].
Die südliche Stirnfassade zeigt entsprechend der Raumeinteilung eine regelmässige, aber nicht axial bezogene Befensterung mit erdgeschossig vier und obergeschossig drei rechteckigen Einzelfenstern. Durchgehend sind noch die alten Holzeinfassungen, Fenster und Vorfenster sowie hölzerne Jalousieläden erhalten. An der östlichen Traufseite wurde nachträglich auch im Erdgeschoss eine Laubenschicht vorgezogen, die zusammen mit dem Obergeschoss vertikal verbrettert ist. Unter der Laube liegt der eine Hauseingang, mit dem ein zweiter an der westlichen Traufseite korrespondiert. Dieser wird über dem talseitig freiliegenden Kellersockel von einer hohen Freitreppe mit Muschelkalkstufen erreicht. Der rückwärtige Bereich des Hauses mit der Essstube wurde, nach dem Mauerwerk des Kellersockels zu urteilen, schon zu einem frühen Zeitpunkt auf die Laubenflucht vorgezogen.
Die Erschliessung erfolgt in üblicher Disposition über einen durchlaufenden Mittelgang, welcher das Vorderhaus mit Stube und Nebenstube vom Hinterhaus mit Küche, Kammer (heute Bad/WC) sowie Essstube trennt und auch die Treppen ins Obergeschoss und den Keller umfasst. In der Stube steht ein von Hafner Joseph Notter in Boswil signierter und 1866 datierter Kastenofen samt Sitzkunst aus glatten, grün glasierten Kacheln. Das Täfer zeigt eine sorgfältige, mit Begleitstrichen akzentuierte Holzmaserierung aus dem späteren 19. Jh. Vielleicht noch aus der Bauzeit stammt ein konkav geschwungenes Eckbuffet aus Nussbaum. Die rückwärtige Essstube zeigt eine modernisierte Ausstattung aus der Zeit um 1940/50 und besitzt noch eine ältere, nachträglich mit einem Anstrich versehene Sitzkunst. Unter dem Haus erstreckt sich ein Balkenkeller. Das Dachgerüst ist eine Sparrenkonstruktion mit einem unteren, stehenden und einem oberen, liegenden Stuhl. Es zeigt im Bereich rund um den Kamin deutliche Russschwärzung.
Vor dem Haus erstreckt sich ein Bauerngarten mit Einfriedung aus dem frühen 20. Jh. Auf der Ostseite schliesst quer zum Haus und auf zurückgesetzter Bauflucht die grossvolumige Stallscheune an, die im Kern wohl auf die Entstehungszeit des Hauses zurückgeht, im Verlauf des 20. Jh. aber mehrfach umgestaltet und erweitert wurde (Vers.-Nr. 186, nicht Bestandteil des Schutzumfangs). Als Resultat der sukzessiven Veränderungen überschneidet sich das Dach der Stallscheune mit der Nordostecke des Wohnhauses. Westseitig vom Wohnhaus deutlich abgerückt steht das ehemalige Wasch- und Brennhaus, in dem sich bis vor wenigen Jahren als bautypologische Seltenheit eine Dörreinrichtung aus dem 19. Jh. erhalten hatte (Vers.-Nr. 183, nicht Bestandteil des Schutzumfangs).
Anmerkungen:[1] Sauerländer 2012, S. 20.
[2] Freundl. Mitteilung der Hauseigentümer, gemäss (1996).
[3] StAAG, Brandkataster Auw.
[4] Vgl. Räber 1996. S. 114.
Literatur:- Dominik Sauerländer, Auw. Eine Ortsgeschichte, Baden 2012, S. 16f., 20.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 114.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0470-0472, Brandkataster Gemeinde Auw, 1850-1938 (alte Vers.-Nrn.: 1850: , 1875: ).
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Auw VIII-3/20, VIII-3/34 (Wasch- und Dörrhaus).
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=28944
 

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