INV-BET904 Hinterdorfstrasse 7, 18. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BET904
Signatur Archivplan:BET904
Titel:Hinterdorfstrasse 7
Bezirk:Muri
Gemeinde:Bettwil
Ortsteil / Weiler / Flurname:Hinterdorf
Adresse:Hinterdorfstrasse 7
Versicherungs-Nr.:9
Parzellen-Nr.:25
Koordinate E:2662352
Koordinate N:1238078
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2662352&y=1238078

Chronologie

Entstehungszeitraum:18th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Würdigung:Stattliches, ausnehmend grossvolumiges Bauernhaus, das sich aus einem Kernbau wohl aus dem frühen 18. Jahrhundert und einer östlichen stirnseitigen Erweiterung um 1870 zusammensetzt. Das in traditioneller Ständerbauweise errichtete Gebäude hat wesentliche konstruktive Bestandteile sowohl aus der Entstehungszeit als auch aus der Erweiterungsphase bewahrt. Im Zusammenspiel mit den sorgfältig vorgenommenen Modernisierungen und Ausbauten im Innern ergibt sich ein spannungsvolles und dennoch harmonisches Gesamtbild, welches die vielfältige Geschichte des Hauses erlebbar macht. Aufgrund seiner Grösse und exponierten Stellung am nordwestlichen Dorfrand kommt dem Gebäude auch eine erhebliche ortsbauliche und siedlungsgeschichtliche Bedeutung zu.

Empfehlung: kommunaler Substanzschutz des Wohnteils und des Ökonomieteils.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Ausgestaltung der Bohlenwand zwischen Wohnteil und ehemaligem Tenn sowie von originalen Konstruktionsteilen im Hausinnern nach zu schliessen, dürfte der Kernbau des langgestreckten Gebäudes aus dem frühen 18. Jh. stammen. Dieser umfasste den inneren, zweiraumbreiten Bereich des heutigen Wohnteils sowie den stärker umgebauten Scheunentrakt in nicht mehr genau festzulegenden Ausmassen. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1850 ist von einem "2-stöckigen Wohnhaus mit gewölbtem Keller und Tremkeller, Scheune und Schweineställen von Holz unter Ziegel- und Strohdach " die Rede; damaliger Eigentümer war Johann Moos, Wagner [1].
1870 ist im Brandkataster eine "Verbesserung" eingetragen, verbunden mit einer deutlichen Erhöhung des Versicherungswertes von 3000 auf 7800 Franken. Es ist davon auszugehen, dass der Wohnteil zu diesem Zeitpunkt ostseitig um eine Raumschicht auf seine heutige, dreiraumbreite Grösse verlängert wurde. Dabei behielt man die alte stirnseitige Aussenwand teilweise bei, so dass diese heute als Binnenwand zwischen Nebenstube und südöstlichem Eckzimmer in Erscheinung tritt. In Zusammenhang mit der Hauserweiterung um 1870 dürfte auch eine Neugestaltung der Fassaden mit Fleckling-Wandfüllungen, Verschindelung sowie axial gesetzten Einzelfenstern in spätklassizistischer Manier stattgefunden haben. 1877, also nur wenig später, wurde das bis anhin teilweise noch mit Stroh gedeckte Gebäude durchgehend mit einem Ziegelbelag versehen. Gleichzeitig fand wohl auch eine Verlängerung des Scheunenteils auf die heute bestehenden Ausmasse statt.
In den 1970er und 80er Jahren hat eine sukzessive Umnutzung des ehemaligen Scheunentrakts zu Wohn- und Werkstatträumen stattgefunden, ohne dass dabei die Gesamtwirkung des ehemaligen Bauernhauses wesentlich beeinträchtigt wurde [2]. 1996 mussten die alten Biberschwanzziegel durch Falzziegel ersetzt werden. In Zusammenhang mit dem jüngsten Besitzerwechsel und der Einrichtung eines Bed and Breakfast-Betriebs hat man das Hausinnere einer sorgfältigen, die historische Bausubstanz respektierenden Renovation unterzogen.
Beschreibung:Das Bauernhaus ist zusammen mit der westlich benachbarten Liegenschaft Hinterdorfstrasse 3 (Bauinventarobjekt BET903) und dem gegenüber liegenden Untervogtshaus (Bauinventarobjekt BET901) Bestandteil eines parallel zur Durchgangsstrasse geführten Bebauungsastes, der seinen ländlich-bäuerlichen Charakter weitgehend bewahrt hat. Der behäbige, lang gestreckte Baukörper ist mit Firstrichtung Ost-West traufständig an die Hinterdorfstrasse gestellt. Über halbhohem Mauersockel erhebt er sich als zweigeschossiger Ständerbau unter steilem, leicht geknicktem Giebeldach. Die hölzernen, südseitig mit einem Schindelschirm und nordseitig mit einer jüngeren Bretterschalung verkleideten Fassaden zeigen mit den axial gesetzten Einzelfenstern ein weitgehend homogenes, spätklassizistisches Bild, welches wohl anlässlich der Hauserweiterung um 1870 entstanden ist. Im Innern aber haben sich im Bereich des Kernbaus noch wesentliche Teile der ursprünglichen Wandkonstruktion aus dem 18. Jh. erhalten. Diese besteht aus kräftigen Schwellen, zweigeschossig hochgeführten Ständern, kräftigen liegenden Bohlen, verstärkenden Brustriegeln und verblatteten Kopfhölzern zur Aussteifung des Gefüges. Auch die mächtigen rauchgeschwärzten Deckenbalkenlagen im Obergeschoss dürften noch aus der Bauzeit stammen. Die östliche Hauserweiterung von 1870 wurde ebenfalls in Ständerbauweise ausgeführt, wobei sich aber bezüglich der Holzbearbeitung und der Dimensionierung der Hölzer doch deutliche Unterschiede zeigen. Schön ablesbar sind die beiden Bauphasen auch in der Gestaltung der Vordachbüge: Während man diese beim älteren Kernbau sorgfältig mit Kerbschnittverzierungen versah, treten sie beim Anbau von 1870 als unverzierte, schlank dimensionierte Hölzer in Erscheiunung.
Die bewegte Geschichte des Hauses äussert sich auch im Dachraum. Über dem Kernbau sind hier noch Reste einer hochstudartigen Firstständerkonstruktion erkennbar, welche zu einem späteren Zeitpunkt – vermutlich anlässlich der Umdeckung von Stroh auf Ziegel – über einer stehenden Stuhlkonstruktion abgefangen wurden. Über dem Wohnteil dürfte die Ablösung schon im frühen 19. Jh. stattgefunden haben, während die jüngeren Konstruktionsteile im Scheunenbereich eher mit der Umdeckung von 1877 in Verbindung zu bringen sind.
Die Raumdisposition im alten Wohnteil entspricht weitgehend noch den historischen Verhältnissen. Der Kernbau des 18. Jh. zeigt mit dem durchlaufenden scheunenseitigen Quergang, der Stube und Nebenstube im südseitigen Vorderhaus (heute zusammengelegt) sowie Küche und Kammer (heute Sanitärraum) ein verbreitetes Grundrissmuster. Die ostseitig angefügten Räume von 1870 erschloss man über eine zusätzliche stirnseitige Haustür, was einen unabhängigen Zugang zum ehemals als Postlokal genutzten südöstlichen Eckzimmer ermöglichte. Vom alten Hausgang führt ein Binnendurchgang ins anschliessende Tenn, welches heute als grosszügige Wohnküche genutzt wird. Auch der ehemalige Stallbereich ist heute teilweise zu Wohnzwecken bzw. zu Werkräumen ausgebaut. Unter der Stube und der Nebenstube des Kernbaus wie auch unter dem östlichen Wohnungsanbau erstrecken sich tonnengewölbte Kellerräume.
An historischer Ausstattung haben sich in den Wohnräumen des Kernbaus wie auch des Anbaus gefelderte Wand- und Deckentäfer, Einbauschränke und gestemmte Türen aus dem 19. Jh. erhalten. Aus der gleichen Zeit dürfte der hellblaue, mit weissem Fries ausgestattete Biedermeier-Kachelofen mitsamt der seitlichen Sitzkunst stammen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0484-0487: Brandkataster Gemeinde Bettwil, 1850-1938.
[2] Gemeindearchiv Bettwil, Baugesuchsakten.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0484-0487: Brandkataster Gemeinde Bettwil, 1850-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar 1989, Bettwil VIII-7/9.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=29892
 

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