INV-BEW928 Winterschwil 8, 1776 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BEW928
Signatur Archivplan:BEW928
Titel:Winterschwil 8
Bezirk:Muri
Gemeinde:Beinwil (AG, Freiamt)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Winterschwil
Adresse:Winterschwil 8
Versicherungs-Nr.:219
Parzellen-Nr.:690
Koordinate E:2668274
Koordinate N:1232554

Chronologie

Entstehungszeitraum:1776
Grundlage Datierung:Inschrift (Stubenbuffet)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:BEW929
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerliches Wohnhaus

Dokumentation

Inschriften:1776 (Büge); 1778 (Einbaubuffet Stube)
Würdigung:Stattliches, wohlproportioniertes Freiämter Bauernhaus von 1776, das mit den zahlreichen zugehörigen Ökonomiebauten eine ausgedehnte Hofanlage grossbäuerlichen Zuschnitts bildet. Der in Ständerbauweise errichtete Baukörper zeigt mit dem Krüppelwalmdach, den stirnseitigen Klebdächern, den traufseitigen Obergeschosslauben und dem mit Holzschindeln verkleideten Fassaden zeittypische Merkmale der in der Region verbreiteten ländlichen Baukultur. Die breitgelagerte, nach Süden auf den Dorfplatz ausgerichtete Stubenfront besticht durch ihre wohlproportionierte Erscheinung mit rhythmisch angeordneten, auf die innere Raumorganisation ausgelegten Fensterachsen. Der markante, äusserlich intakte Baukörper nimmt eine prägende Stellung im Ortsbild des ISOS-national eingestuften Weilers ein. Tiefgreifende Umbauten und Modernisierungen im Innern haben allerdings zu einer deutlichen Verminderung des baugeschichtlichen Zeugenwerts geführt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Jahreszahl 1776 an den Vordachbügen der südlichen Stubenfront und eine nur wenig jüngere Inschrift 1778 am Stubenbuffet bezeugen den Bau des stattlichen Bauernhauses. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1828 wird das Gebäude als "Wohnhaus von Holz mit gewölbtem und Tremkellern unter Ziegeldach" aufgeführt [1]. Damalige Eigentümer waren Sebastian und Burkard Sachs, deren Nachkommen heute noch in Besitz der Liegenschaft sind. Die grosszügige Hofanlage umfasste nebst dem Wohnhaus zwei freistehende, ehemals strohgedeckte Scheunen (heutige Vers.-Nrn. 221, 224), einen Speicher von 1772 (Vers.-Nr. 223; Bauinventarobjekt BEW929), eine Trotte (Vers.-Nr. 225) und ein inzwischen abgebrochenes Waschhaus nebst Schopf und Schweinestall [2].
Das Wohnhaus hat sein bauzeitliches Erscheinungsbild bis heute weitgehend bewahrt. Indessen wurde 2018/19 im Innern eine tiefgreifende Sanierung mit Wärmedämmung vorgenommen, der erhebliche Teile der Binnenstruktur mitsamt der historischen Ausstattung zum Opfer gefallen sind [3].
Beschreibung:Der behäbige Baukörper steht leicht abgesetzt im nördlichen Teil des Weilers, die repräsentative Stubenfront als markante Silhouette nach Süden zum Dorfplatz gerichtet. Über einem hohen Mauersockel erhebt er sich als zweigeschossiger Ständerbau mit steilem geknicktem Krüppelwalmdach, das einen mächtigen, über zwei Ebenen sich erstreckenden Dachraum enthält. Traufseitige Obergeschosslauben und drei auf zierbeschnitzten Bügen abgestützte Klebdachreihen kennzeichnen das Gebäude als stattliches Freiämter Bauernhaus spätbarocker Prägung, dessen Baujahr 1776 in geteilter Form an den beiden äusseren unteren Bügen zu lesen ist. Die mit Kanthölzern ("Flecklingen") ausgefachten Aussenwände sind rundum mit regionaltypischen Rundschnittschindeln verkleidet. Eine sorgfältige handwerkliche Ausgestaltung mit gekrümmten Bügen und dekorativ im "Laubsägelistil" gearbeiteten Brüstungsbrettern zeigen die traufseitigen Lauben (die in ähnlichem Sägezier gestalteten Trauf- und Ortsbretter wurden anlässlich des Umbaus von 2018/19 entfernt).
Die repräsentative südliche Stubenfront zeigt in den beiden Hauptgeschossen eine rhythmische Gliederung mit Gruppen von 3+2+3 Einzelfenstern. Das axialsymmetrische Bild findet in den Dachgeschossen eine Fortsetzung in Form von regelmässig angelegten Zwillingsfenstern. Die westliche Traufseite mit dem mittig gelegenen Haupteingang ist fünfachsig ausgebildet. Eine hohe doppelläufige Aussentreppe mit Stufen aus Muschelkalk und hübschem schmiedeeisernem Geländer führt hinauf zur Haustür. Diese weist eine mit 1909 datierte hölzerne Rahmung auf, in die auch die dekorativ vergitterten seitlichen Gangfensterchen einbezogen sind. Der Gebäudesockel beherbergt zwei Gewölbekeller und zwei Keller mit Balkendecken (Trämkeller), welche über einen ebenerdigen Zugang unter dem Treppenpodest des Hauseingangs erschlossen sind. Auf Erdgeschosshöhe besteht nordseitig ein gedeckter und eingewandeter Verbindungsgang zu einem nördlich anschliessenden Schopf (Vers.-Nr. 220).
Das Innere weist einen nur bei ausgesprochen stattlichen Bauernhäusern verbreiteten Grundriss mit quer zum First verlaufendem Mittelgang und jeweils drei seitlich angeordneten Räumen auf. Im Erdgeschoss nehmen Stube, Nebenstube und Esszimmer das südliche Vorderhaus ein, während auf der nördlichen Hausrückseite die Küche mit anschliessender Vorratskammer und ein zusätzliches Zimmer angeordnet sind (Verhältnisse heute teilweise verändert). Das gleiche Nutzungsmuster mit Mittelkorridor und drei seitlich anschliessenden Räumen findet sich auch im heute zu einer selbständigen Wohnung ausgebauten Obergeschoss, welches früher die Schlaf- und Vorratskammern enthielt.
Die historische Wohnungsausstattung ist dem Umbau von 2018/19 fast ganz zum Opfer gefallen. Ausnahme bildet das kunstvoll gearbeitete spätbarocke Eckbuffet, das seit der Restaurierung 2023/24 wieder in der "Schönen Stube" (heutige Wohnstube) steht (freundliche Mitteilung der Eigentümerschaft). Das Einbaumöbel aus Nussbaumholz ist mit reichen Schnitzereien und Intarsien (Einlegearbeiten) in Form der Jahreszahl 1778, der Marterwerkzeuge Christi sowie der Monogramme von Maria und Joseph verziert und bewahrt eine Giessfassnische mit zugehörigem zinnernen Wasserbehälter.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
- ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Beinwil 4224-21.
Anmerkungen:[1] Beinwil Freiamt 1988, S. 87 (No 55A/B); Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938.
[2] Zur Entwicklung des Baubestandes im Weiler Winterschwil vgl. Räber 1996, S. 48-50.
[3] Gemeindearchiv Beinwil/Freiamt: Baugesuchsunterlagen.
Literatur:- Beinwil Freiamt – Zeitbilder einer Landgemeinde, Aarau 1988 (Hrsg. Einwohnergemeinde Beinwil/Freiamt).
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1: Freiamt und Grafschaft Baden, Basel 1996, S. 150 (Abb. 213), 246 (Abb. 478), 294 (Abb. 563).
- Walter Blaser, Bauernhausformen im Kanton Aargau, 1974, S. 149-161.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 99.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Beinwil/Freiamt, VIII-4/53.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=30102
 

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