INV-BEW935 Hinter-Grüth 31, 17. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BEW935
Signatur Archivplan:BEW935
Titel:Hinter-Grüth 31
Bezirk:Muri
Gemeinde:Beinwil (AG, Freiamt)
Adresse:Hinter-Grüth 31
Versicherungs-Nr.:31
Parzellen-Nr.:396
Koordinate E:2667174
Koordinate N:1232667

Chronologie

Entstehungszeitraum:17th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerliches Wohnhaus

Dokumentation

Würdigung:Vermutlich noch aus dem 17. Jahrhundert stammendes bäuerliches Wohnhaus, dessen Vergangenheit als schindelgedecktes Tätschhaus am schwach geneigten Giebeldach und an der teilweise noch erhaltenen russgeschwärzten Dachkonstruktion zu erkennen ist. Der zweigeschossige Ständerbau mit südwärts blickender Stubenfront vertritt eine im Oberen Freiamt und somit auch in der Gemeinde Beinwil einst verbreitete, heute jedoch selten gewordene ländliche Bauform. Wertvolle Einblicke in die Wohnverhältnisse eines einfachen bäuerlichen Haushalts bietet das Innere mit betont schlichter Kücheneinrichtung und einer traditionellen Stubenausstattung mit Einbaubuffet aus Kirschbaumholz und einem hübsch gestalteten Sitzofen aus der Werkstatt der Boswiler Hafner Notter. Insgesamt handelt es sich um einen ausgesprochen wertvollen, regionaltypischen Zeugen des ländlichen Hausbaus im 16./17. Jahrhundert, zu einer Zeit, als die wohlbekannten steilgiebligen "Freiämterhäuser" noch nicht verbreitet waren.
Im Falle grösserer baulicher Massnahmen ist eine vorgängige bauarchäologische Untersuchung mit dendrochronologischer Analyse zu empfehlen.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das zur Hofgruppe Hinter Grüt gehörende Wohnhaus dürfte aufgrund seiner flachgiebligen Dachform und der altertümlichen russgeschwärzten Dachkonstruktion noch auf das 17. Jh. zurückgehen [1]. Jahreszahlen am Sockel des Kachelofens (1796) und an einer Ofenkachel in der Nebenstube (1825) weisen auf bauliche Tätigkeiten hin, deren Umfang nicht abschliessend geklärt ist. Die heute bestehende Einzelbefensterung der südlichen Stubenfront dürfte aus dem 19. Jh. stammen.
Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1828 ist das Gebäude als zweigeteiltes "Wohnhaus von Holz mit Tremkellern, Ziegel- und Schindeldach" verzeichnet [2]. Damalige Eigentümer waren Kaspar und Burkard Nietlispach. Im nächstfolgenden Brandkatastereintrag von 1850 werden Anna Maria Küng als Besitzerin eines kleineren Wohnteils mit Versicherungswert von 550 Franken und Burkard Nietlispach als Besitzer eines grösseren Wohnteils von 1000 Franken aufgeführt. Zum damaligen Zeitpunkt war das Haus bereits vollständig mit Ziegeln eingedeckt. 1852 erfolgte unter Burkard Nietlispach eine eigentumsrechtliche Zusammenlegung, wobei fortan wohl nur noch der grössere westliche Hausteil zu Wohnzwecken und der kleinere östliche Hausteil lediglich als Holzschopf und Mosttrotte genutzt wurden. Im Verlauf des 20. Jh. hat man an der nördlichen Traufseite verschiedene Anbauten mit Sanitärräumen, Schopf und Schweinestall erstellt (Anbauten nicht Teil des Schutzumfangs).
Bis Ende des 20. Jh. verblieb die Liegenschaft in den Händen der Familie Nietlispach, ehe sie an den heutigen Besitzer überging. Dieser nahm eine sorgfältige Sanierung des renovationsbedürftigen Gebäudes vor, wobei das äussere Erscheinungsbild sowie wichtige Teile der Konstruktion und des Innenlebens erhalten werden konnten [3].
Beschreibung:Als Bestandteil der kleinen ländlichen Baugruppe Hinter Grüt stösst das längliche, West-Ost-gerichtete Gebäude mit seiner Stirnseite hart an die von Brunnwil nach Geltwil führende Strasse. Es handelt sich um einen schlichten zweigeschossigen Ständerbau auf niedrigem Mauersockel, geborgen unter schwach geneigtem Giebeldach, das eine Vergangenheit als schindelgedecktes Tätschhaus erahnen lässt. Die südseitige Stubenfront zeigt eine deutliche Zweiteilung des Baukörpers in einen grösseren westlichen Wohnteil und einen kleineren östlichen Ökonomietrakt mit Mostraum und Schopf, in dem früher eine zweite, kleinere Wohnung eingerichtet war (vgl. Baugeschichte). Niveauunterschiede am Mauersockel und bei der Fensteranordnung deuten auf eine etappenweise Entstehung des Baukörpers hin; eine abschliessende Klärung könnte über eine bauarchäologische Untersuchung erfolgen.
Der Wohnteil zeigt auf der Südseite eine regelmässige, wenn auch nicht streng axiale Gliederung mit Einzelfenstern wohl aus der ersten Hälfte des 19. Jh. Die Ständerwand ist hier in regionaltypischer Weise mit Rundschnittschindeln verkleidet, während die wetterausgesetzte westliche Stirnfront mit einer grauen Eternitschalung abgedeckt ist. Demgegenüber weist der schmalere östliche Gebäudeteil eine senkrechte Bretterverschalung mit unregelmässig eingelassenen, teils wohl jüngeren Fensteröffnungen auf. Die Rauchschwärze des Dachgebälks kann als Indiz für ein hohes Alter des Gebäudes gelten, muss doch ehemals eine offene Rauchküche ohne Kaminabzug bestanden haben.
Das Hausinnere zeigt einen in kleinbäuerlichen Verhältnissen verbreiteten Grundriss. Der seitlich versetzte stirnseitige Eingang führt über einen kleinen Flur unmittelbar in die Küche, welche den rückwärtigen Bereich des Hauses einnimmt. Vom Flur bzw. von der Küche aus gelangt man in den südlich gelegenen Wohnbereich, der nach traditionellem Muster in eine etwas grössere Stube und eine etwas kleinere Nebenstube aufgeteilt ist. Anlässlich einer Besichtigung von 1987 konnten noch die sehr einfachen Verhältnisse einer alten, nicht modernisierten Küche dokumentiert werden, welche mit einem eisernen Sparherd, einem schlichten Schüttstein und einer offenen Geschirrablage ausgestattet war. Auch wesentliche Bestandteile der Stubenausstattung stammen aus der Zeit um 1800. Dazu gehören ein spätbarockes Einbaubuffet aus Kirschbaumholz und eine Sitzkunst der Boswiler Hafnerfamilie Notter, mit charakteristischer buntfarbiger Bemalung auf weissem Grund. Der 1918 erneuerte Kastenofen bewahrt von seinem Vorgänger einen verzierten steinernen Ofenfuss mit der Jahreszahl 1796. An der Ofenrückwand in der Nebenstube findet sich eine alte Kachel mit der Hafnerinschrift: "Joan heiner / ich notter / und söhne haf- / ner in Bobwihl / 1825" (Hausinneres gemäss Bauernhausforschung 1987).
Erwähnung in anderen Inventaren:- ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Beinwil 4224-22.
Anmerkungen:[1] Zum Tätschhaus, das im Freiamt zusammen mit dem steilgiebligen Strohdachhaus die älteste Hausgeneration darstellt, vgl. Räber 1996, S. 269 ff.
[2] Beinwil/Freiamt 1988, S. 88 (No 76); Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938.
[3] Mündliche Auskunft des Eigentümers 2002.
Literatur:- Beinwil Freiamt – Zeitbilder einer Landgemeinde, Aarau 1988 (Hrsg. Einwohnergemeinde Beinwil/Freiamt).
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1: Freiamt und Grafschaft Baden, Basel 1996, S. 223 (Abb. 403), S. 229 (Abb. 411), S. 271 (Abb. 527a, 528).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Beinwil/Freiamt, VIII-4/76.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=30144
 

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