Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1599 |
Grundlage Datierung: | Dendrochronologische Analyse |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Kleinbauernhaus, Taglöhnerhaus |
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Dokumentation |
Inschriften: | 1775 (Fassade) |
Würdigung: | In seinem äusseren Erscheinungsbild wie auch im Wand- und Dachaufbau gut erhaltenes ehemaliges Strohdachhaus mit dendrochronologisch datiertem Kernbau von 1599 und talseitiger Erweiterung von 1775. Als Kleinstbauernhaus mit origineller "Einstud-Dachkonstruktion" kommt dem im Volksmund "s'Bicke Hus" genannten Gebäude eine besondere bautypologische und konstruktionsgeschichtliche Bedeutung zu. Auch handelt es sich um den ältesten und am authentischsten erhaltenen Zeugen der mittlerweile stark veränderten historischen Baugruppe am See. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Gemäss dendrochronologischer Datierung wurde der Kern des Häuschens 1599/1600 als typologisch seltene Konstruktion mit nur einem Firstständer ("Einstud") erstellt [1]. 1775 erfolgte die seeseitige Erweiterung um eine schmale Raumschicht, wovon die auf die Holzfassade gemalte Inschrift zeugt. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1829 wird das Gebäude als "Wohnhäuslein mit wenig Bescheuerung von Holz und Stein, mit gewölbtem Keller und Strohdach" aufgeführt [2]. Eigentümerin war zu jener Zeit Johannes Stadlers Ehefrau. Im Verlauf des 19. Jh. folgten diverse Besitzerwechsel zu den Familien Nussbaum, Gloor, Härri und wiederum Gloor. Ältere Fotoaufnahmen zeigen das kleine Häuschen noch mit Butzen- und kleinteiligen Sprossenfenstern sowie mit Strohdach. Wie namentlich auch bei kleinbäuerlichen Bauten üblich, erfolgte die Umdeckung auf Hartbelag schrittweise und war erst in den 1930er Jahren abgeschlossen. |
Beschreibung: | Das "Bicke-Hus" steht ausserhalb des durch vier Twingsteine (Bauinventarobjekt BIW915) ausgeschiedenen alten Birrwiler Seegerichts, an der Seegasse, welche früher die einzige Verbindung zur Kirche und zum Dorf Birrwil darstellte. Im stark ansteigenden Gelände ist der kleinformatige Baukörper mit der Stubenfront nach Süden zur Strasse gerichtet. Hier hat sich die Bohlenständerkonstruktion des Kernbaus von 1599 wie auch des seeseitigen Anbaus von 1775 weitgehend noch im Originalzustand erhalten. Über einem kräftigen eichenen Schwellenkranz mit Zungenschlössern erhebt sich das zweigeschossig durchlaufende Ständergerüst mit liegend eingenuteten Bohlen. Ansatzstellen an der Schwelle und den Geschossrähmen machen die beiden Bauphasen unschwer ablesbar. Zum originalen Bestand des älteren, bergseitigen Fassadenteils gehören der kräftige, breit gefaste Brustriegel am Obergaden und die breiten verblatteten Kopfhölzer. Hingegen dürften die barock profilierten Gesimse der zwei Reihenfenster im Erdgeschoss beide aus der Umbauphase von 1775 stammen. Das für ehemalige Strohdachhäuser charakteristisch abgewalmte, heute mit Eternitplatten eingedeckte Dach weist aufgrund der geringen Längenausdehnung des Hauses einen auffällig kurzen First auf. Die intakte, durchgehend rauchgeschwärzte Dachkonstruktion des Kernbaus stellt mit der Minimalvariante von nur einem Firstständer (Hochstud) eine baugeschichtliche Rarität dar [3]. Der Firstständer ist in die Trennwand zwischen Wohnteil und Tenn eingebunden und bis auf die Grundschwelle geführt. Anstelle eines zweiten Ständers über dem Wohnteil sind drei parallel zur Dachschräge geführte Windstreben, welche First, Unterfirst und Obergeschossrähm miteinander verbinden, für die längsseitige Aussteifung der Konstruktion besorgt. Zur Queraussteifung dient ein Riegel, der Firstständer, Sperrrafen und Rafen miteinander verbindet. In der Längs- wie auch in der Querrichtung wird der Hochstud durch Fusshölzer zusätzlich gefestigt, so dass die eigentümliche, minimalistisch anmutende Konstruktion insgesamt doch über eine erhebliche Stabilität verfügt. Im Zuge der Hauserweiterung von 1775 wurde an die äusserste Strebe des Kernbaus eine zusätzliche Rafenlage gelehnt und am Fusspunkt auf eine massive Giebelmauer gesetzt. Das ursprüngliche Raumprogramm von 1599 bestand lediglich aus einer südseitigen Stube und einer rückwärtig anschliessenden Küche, welche wohl seit jeher hangseitig via Tenn zugänglich war (einraumbreiter Grundriss). Erst mit der Erweiterung von 1775 erhielt das Haus einen gängigen vierteiligen Grundriss mit seitlich anschliessender Nebenstube und Kammer (zweiraumbreiter Grundriss). Das Obergeschoss enthielt lediglich eine über der Stube gelegene Kammer, welche über eine Stiege in der Küche zugänglich war (zweite Kammer erst in jüngerer Zeit hinzugefügt). Der bei der Hauserweiterung von 1775 entstandene gemauerte Sockel enthält einen ebenerdig zugänglichen Kellerraum. Hausinneres gemäss Kurzinventar von 1992 erheblich modernisiert. Der hangseitig anschliessende kleine Ökonomietrakt wurde im Laufe der Zeit erheblich verändert, so dass keine präzisen Aussagen zu seiner ursprünglichen Ausgestaltung möglich sind. Wahrscheinlich bestand er aus nur einer Raumschicht mit Tenn und rückwärtig anschliessendem kleinen Stall. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Dendrochronologische Analyse durch Raymond Kontic, Dez. 2000 (Archiv Kantonale Denkmalpflege Aargau). – Zusammenstellung der sicher datierten Hochstudbauten in Räber 2002, S. 446-449. [2] Staatsarchiv Aargau, BA.05/0068, CA.0001/0225-0227: Brandkataster Gemeinde Birrwil, 1829-1938. [3] Die Minimalvariante mit nur einem Hochstud konnte noch an einem 1607/08 datierten Haus in Gontenschwil nachgewiesen werden (abgebrochen). Auch bei einem Kleinbauernhaus in Gränichen (Bauinventarobjekt GRA907, Oberdorfstrasse 6) und bei einem abgebrannten Haus in Schafisheim dürfte es sich ursprünglich um Konstruktionen mit nur einem Hochstud gehandelt haben. Vgl. hierzu Räber 2002, S. 98, 455 (Anmerkungen 36, 37). |
Literatur: | - Willi Hintermann, Beiträge zur Geschichte von Birrwil, In: Heimatkunde aus dem Seetal, 58. Jahrgang, 1985, S. 37-77. - Willi Hintermann, Birrwil 1185-1985, eine kleine Dorfgeschichte, Birrwil 1985. - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002, S. 98 (Abb. 125), S. 242 (Abb. 512). - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 54. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, BA.05/0068, CA.0001/0225-0227: Brandkataster Gemeinde Birrwil, 1829-1938. - Dendrochronologische Analyse durch Raymond Kontic, Dez. 2000 (Archiv Kantonale Denkmalpflege Aargau). |
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Related units of description |
Related units of description: | siehe auch: DOK-BIW839.001 Seegasse 10, S'Bicke Hus (=BIW914), Keine Angabe (Dossier (Dokumentationsobjekte))
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=30804 |
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