INV-BOS919 Oberdorfstrasse 32, 17. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BOS919
Signatur Archivplan:BOS919
Titel:Oberdorfstrasse 32
Bezirk:Muri
Gemeinde:Boswil
Adresse:Oberdorfstrasse 32
Versicherungs-Nr.:190
Parzellen-Nr.:440
Koordinate E:2665737
Koordinate N:1238899
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2665737&y=1238899

Chronologie

Entstehungszeitraum:17th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"Johann heinrich noter hafner in Boswill 1788" (Kachelofen)
Würdigung:Ungewöhnlicher dreigeschossiger Ständer- und Fachwerkbau, der aus einem ehemaligen Strohdachhaus des 17./18. Jahrhunderts hervorgegangen ist. Von grosser baugeschichtlicher und typologischer Bedeutung sind die dreiraumtiefe Grundrissanlage mit stirnseitiger Erschliessung sowie der rückwärtige gemauerte Stock. Mit der Herdstelle in der Küche und dem 1788 datierten Kachelofen der Hafner Notter sind wertvolle historische Ausstattungselemente erhalten geblieben. Weitere Raritäten stellen ein Halbmondrelief an der südlichen Aussenwand und eine Wandnische mit eingelassenem Tonkrug in der Kellermauer dar. Als prägendes Element der zeilenartigen Bebauung im Boswiler Oberdorf kommt dem Gebäude auch eine wichtige Stellung im Ortsbild zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Den Ursprungsbau muss man sich als zweigeschossige Ständerkonstruktion mit strohgedecktem Hochstuddach vorstellen. Das baugeschichtlich interessante ehemalige Doppelbauernhaus dürfte ins 17./18.Jh. zurückgehen. Mit dem gemauerten Stock auf der Rückseite weist es eine für die Region seltene bautypologische Besonderheit auf. Der Brandkatastereintrag von 1850 lautet auf ein "zweistöckiges Wohnhaus mit 3 Trämkellern nebst Scheune, Trotte und Schweineställe, aus Holz, unter Strohdach" [1]. Die heutige, dreigeschossige Form mit Satteldach und gleichmässige Einzelbefensterung geht auf Umbau in der zweiten Hälfte des 19. Jh. zurück. Damals wurde das Gebäude um ein überwiegend in Fachwerk erstelltes drittes Geschoss aufgestockt und mit einer neuen Dachkonstruktion versehen. Ein ehemaliger zweiter Wohnteil auf der Nordseite wurde zu Beginn des 20. Jh. abgebrochen. Den verbliebenen südlichen Hausteil hat man ab 1985 unter Schonung der überlieferten Bausubstanz saniert, das Dachgeschoss und die Scheune zu Wohnraum ausgebaut.
Beschreibung:Unter nahezu gleich hohen Firsten sind ein südlicher Wohnteil und ein nördlicher Ökonomieteil aneinandergebaut. Die Fassaden des Wohnteils bestehen aus einer Ständerkonstruktion, die in einen eichenen Schwellenkranz eingezäpft und mit liegend eingenuteten Kanthölzern ausgefüllt ist. Der mit seiner Stirnseite ziemlich genau nach Süden gerichtete Wohntrakt ist dreiraumtief angelegt, was einem alten Grundrissschema entspricht. Zwischen die Stube in der südöstlichen Hausecke und den stockartigen ummauerten Raum auf der Rückseite ist die Küche eingeschoben, die über einen direkten, stirnseitigen Aussenzugang verfügt. Der rückwärtige Hauseingang ist eine spätere Zutat.
An wertvoller historischer Ausstattung ist in der Küche die alte Herdstelle mit eisernem Sparherd, gekachelter Feuerwand und Kachelofeneinfeuerung noch vorhanden (Inneres gemäss Bauernhausforschung 1989). In der Stube hat sich ein grüner Kachelofen mit einer alten Inschriftenkachel "Johann / heinrich noter / hafner in Boswill / 1788" erhalten. Die Kachel stellt eines der ältesten überlieferten Produkte der bekannten einheimischen Hafnerwerkstatt Notter dar [2]. Die weissgrundigen Frieskacheln sind in der für die Hafner Notter kennzeichnenden Art mit farbigen Blumen- und Architekturmotiven verziert. Gleiches gilt für die ähnlich gestalteten Zierkacheln an der nebenstehenden Sitzkunst.
Zum Ursprungsbau gehört der rückwärtige, erdgeschossig vollständig ummauerte Stock, der als feuersicherer Raum einst zur Aufbewahrung von Vorräten und Wertsachen diente [3]. Als Besonderheit ist an der gemauerten Südfassade ein Hausteinfragment mit Halbmondrelief eingemauert, dessen Herkunft und Bedeutung nicht bekannt sind. Ebenso rätselhaft mutet eine Wandnische mit eingelassenem Tongefäss in der Kellermauer an [4]. Bemerkenswert ist auch die Existenz eines Sodbrunnens innerhalb des Hauses, im Kellerraum direkt unter der Küche.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0488-0490: Brandkataster Gemeinde Boswil 1850-1938. - Der Wohnteil A im Besitz der Familie Keusch umfasste 1 Wohnung, 1 Keller, ½ Scheune und 1 Trotte; Wohnteil B im Besitz der Familie Notter umfasste 1 Wohnung, 2 Kellern und ½ Scheune.
[2] Gemäss Kretz (1991, S. 114) nahmen Johann und Bonifaz Notter ihre Tätigkeit als Hafner und Geschirrfabrikanten um 1770 auf.
[3] Zur Bedeutung des Stocks bei Strohdachhäusern vgl. Räber 2002, S. 214-215.
[4] Eine ähnliche Mauernische mit Tonkrug findet sich im ehemaligen Strohdachhaus Chaibengasse 5-7 in Villmergen (Bauinventarobjekt VIM906). Vgl. auch Räber 1996, S. 260.
Literatur:- Franz Kretz, Boswil, Freiamt im Spiegel der Vergangenheit, Villmergen 1991.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 238 (Abb. 440), 258 (Abb. 514).
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Boswil, VIII-8/7.
- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0488-0490: Brandkataster Gemeinde Boswil 1850-1938.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=31044
 

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