INV-BRG909 Wohlerstrasse 3, 18. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BRG909
Signatur Archivplan:BRG909
Titel:Wohlerstrasse 3
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Bremgarten (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Untere Vorstadt
Hist. Name Objekt:ehem. murianische Zehntenscheune
Adresse:Wohlerstrasse 3
Versicherungs-Nr.:323
Parzellen-Nr.:4344
Koordinate E:2667987
Koordinate N:1244655

Chronologie

Entstehungszeitraum:18th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Öffentliche Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Zehntscheune
Epoche / Baustil (Stufe 3):Barock

Dokumentation

Würdigung:Im frühen 18. Jahrhundert als Zehntenscheune des Klosters Muri errichtetes Gebäude, das wohl kurz nach der Klosteraufhebung 1841 zum Wohnhaus umgebaut wurde. Mit seinem gedrungenen gemauerten Baukörper und dem mächtigen, geknickten Krüppelwalmdach bewahrt die ehemalige Scheune noch wesentliche Merkmale des Ursprungsbaus, während die axial bezogene Einzelbefensterung vom nachfolgenden Umbau zum Wohnhaus stammt. Trotz einer Auskernung von 1979, welche im Inneren nur das ursprüngliche Dachgerüst beliess, besitzt das Gebäude damit noch bau- wie auch herrschaftsgeschichtlichen Zeugenwert. Mit seiner prominenten Lage am Ausgangspunkt der Wohlerstrasse in der Unteren Vorstadt kommt ihm ausserdem eine ortsbildprägende Wirkung zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Auf einer recht genauen Stadtansicht von 1712, welche im Vordergrund das linke Reussufer zeigt, ist das Gebäude noch nicht dargestellt [1]. Hingegen taucht es auf dem im Bremgarter Rathaus aufbewahrten Baille-Plan von 1748 auf und wird in der zugehörigen Beschreibung als «die Murische Zehntenscheürren», d.h. die Zehntenscheune des Klosters Muri, bezeichnet [2]. Es dürfte somit in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden sein, was auch mit der Grundform des Baukörpers und der Konstruktionsweise des Dachgerüsts korrespondiert.
Der Umbau des Wirtschaftsgebäudes zu Wohnzwecken dürfte kurz nach der Klosteraufhebung 1841 erfolgt sein, als die landwirtschaftlichen Güter und Einrichtungen des säkularisierten Konvents vom Kanton an Private verkauft wurden. Im ersten verfügbaren Brandkatastereintrag von 1876 ist das Gebäude als «Wohnhaus von Stein und Rieg, mit 2 Tremkellern, Harte Bedachung» aufgeführt [3]. Offenbar handelte es sich um das Wohnhaus der im Nachbargebäude Wohlerstrasse 5 (Vers.-Nr. 322) betriebenen Gerberei. Eigentümer war Kaspar Wilhelm Würsch, von dem beide Liegenschaften 1886 an Otto Gutzwiller übergingen. Letzterer liess 1893 den bestehenden südseitigen Verandaanbau erstellen und nahm nach Ausweis einer Wertsteigerung im gleichen Jahr auch Verbesserungen am Gewerbegebäude vor. Vom wirtschaftlichen Erfolg der dort betriebenen Rosshaarspinnerei (vgl. Bilddokumentation) zeugt die Tatsache, dass Gutzwiller mit seiner Familie schon einige Jahre später in die 1902 neu erbaute Villa Birrenbergstrasse 2 (Bauinventarobjekt BRG919) umziehen konnte, die mit ihrer stattlichen Erscheinung hangseitig über der Gewerbeanlage thront [4]. Für die Gewerbeanlage wurde das Wasser aus dem ehemaligen Mühleweiher der Wälismühle (Bauinventarobjekt BRG906) genutzt, der im frühen 20. Jh. auch als Fischzuchtanstalt diente [5].
Von der seit 1915 als Eigentümerin eingetragenen Clara Gutzwiller-Richter ging das Wohnhaus 1918 an Kaufmann Karl Wirth über, das benachbarte Gewerbegebäude hingegen 1921 an die Haarzurichterei P. Friedrich, Zürich [6]. 1979 wurde das Wohnhaus unter Erhaltung des alten Dachgerüsts ausgekernt und vollständig neu ausgebaut; am Äusseren erfuhr insbesondere die Befensterung der Nordwestfassade Veränderungen [7].
Beschreibung:Das Gebäude nimmt in der Unteren Vorstadt als Eckbau in der Verzweigung zwischen der Wohlerstrasse und der stark ansteigenden Birrenbergstrasse eine markante Stellung ein. Es präsentiert sich als breitgelagerter, zweigeschossiger Mauerbau, der sich mit seinem gedrungen Baukörper unter einem knappen Knickdach mit Krüppelwalmen duckt und in der Gesamterscheinung damit noch die ehemalige murianische Zehntenscheune mit der charakteristischen barocken Dachform erkennen lässt. Zum ursprünglichen Bestand gehören auch die schlitzartigen Lüftungsöffnungen im strassenseitigen Giebel, die eine ehemalige Aufzugsöffnung flankieren. Der zweigeschossige Baukörper war ursprünglich wohl weitgehend geschlossen. Seine annähernd regelmässige Befensterung mit vier Achsen an der östlichen Traufseite sowie drei an der nördlichen Giebelfront dürfte in der Zeit nach 1841 entstanden sein, als man die Scheune zum Wohnhaus umbaute. An der bergseitigen, nach Süden gerichteten Stirnseite ist ein heute verglaster Verandavorbau von 1893 an das Haus gefügt.
Das Innere ist nach einer Auskernung von 1979 bis unter das Dach vollständig neu ausgebaut. Erhalten blieb das ursprüngliche Dachgerüst, eine mächtige Sparrenkonstruktion auf liegendem Stuhl, die im ausgebauten ersten Dachgeschoss sichtbar belassen ist.
Unmittelbar nordwestlich schliesst entlang der Wohlerstrasse das Gebäude der ehemaligen Rosshaarspinnerei Gutzwiller (Wohlerstrasse 5, Vers.-Nr. 322) an, das im ausgehenden 19. Jh. zum Wohnhaus gehörte, im heutigen Bestand allerdings nur noch bedingt Zeugniswert für die ehemalige Gewerbenutzung besitzt.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau: Grafische Sammlung, GS/00328-2.
[2] «Specificirte Beschreibung iber den vorgestalten Grundt Ryss einer hochlöbl: statt brimgartten» im Stadtarchiv Bremgarten, ohne Signatur. Zum Plan und zur Beschreibung vgl. Peter Felder, Der Bezirk Bremgarten (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. IV), Basel 1967, S. 14 (Plandokument Nr. 3) u. 123.
[3] Stadtarchiv Bremgarten: 12/4, Brandkataster Gemeinde Bremgarten, 1805-1850 u. 1876-1897; Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0081, Brandkataster Gemeinde Bremgarten, 1899-1938.
[4] Ebd.; freundl. Angaben der Nachkommen der damaligen Eigentümer, 2018; ebd. auch das Briefpapier der Rosshaarspinnerei.
[5] Mitteilung von Bauverwalter Gottet, Bremgarten, gemäss Kurzinventar 2002 (Inventareintrag BRG909); zur Gerberei und Rosshaarfabrik Gutzwiller vgl. auch den Eintrag zur Fabrikantenvilla Birrenbergstrasse 12 (Bauinventarobjekt BRG919).
[6] Stadtarchiv Bremgarten: 12/4, Brandkataster Gemeinde Bremgarten, 1805-1850 u. 1876-1897; Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0081, Brandkataster Gemeinde Bremgarten, 1899-1938.
[7] Umbaupläne im Baugesuchsarchiv.
Quellen:- Stadtarchiv Bremgarten: 12/4, Brandkataster Gemeinde Bremgarten, 1805-1850 u. 1876-1897; Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0081, Brandkataster Gemeinde Bremgarten, 1899-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=31410
 

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