INV-BRI903 Gasthof zur Sonne, 1800 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BRI903
Signatur Archivplan:BRI903
Titel:Gasthof zur Sonne
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Brittnau
Ortsteil / Weiler / Flurname:Dorf
Adresse:Dorfstrasse 6
Versicherungs-Nr.:98
Parzellen-Nr.:1909
Koordinate E:2638521
Koordinate N:1234296

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1800
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Gasthaus, Gasthof

Dokumentation

Würdigung:Die seit dem Spätmittelalter bezeugte Tavernenwirtschaft zur Sonne dürfte in der heutigen Gestalt aus der Zeit um 1800 stammen. Es handelt sich um einen bernisch geprägten Mauer- und Fachwerkbau mit breitgelagerter Stirnfront und charakteristischem Gehrschilddach mit Giebelründe, welche auf zierbeschnitzte Büge abgestützt ist. Der behäbige Baukörper nimmt eine ortsbaulich wichtige Stellung in der Nähe der Kirche (Kantonales Denkmalschutzobjekt BRI001) ein. Einst war er als langgestrecktes Doppelhaus mit innenliegendem Scheunentrakt ausgebildet; der östliche Gebäudeteil wurde später durch ein Wohn- und Gewerbehaus ersetzt (Dorfstrasse 8; nicht Teil des Schutzumfangs).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Eine Taverne in Brittnau ist erstmals 1481 schriftlich belegt. Das Tavernenrecht wurde von der Grundherrschaft (Herren von Büttikon, ab 1516 Herren von Bern) an den Betreiber der Wirtschaft verliehen, einschliesslich der Berechtigung, Gäste gegen Entgelt zu beherbergen und warme Speisen abzugeben. Das Wirtshaus diente früher auch als Versammlungslokal für das Gericht. 1678 bewilligte der Rat von Bern dem Tavernenwirt Jacob Zimmerli, "einen ordentlichen Tavernenschilt und Zeichen ausher zu henken" [1]. Im Urbar von 1680 wird ein Wirtshaus "zur Sonne" erwähnt, woraus hervorgeht, dass Zimmerli als Wirtshausschild eine Sonne wählte.
Aufgrund seiner spätbarocken Erscheinung dürfte das bestehende Gebäude aus der Zeit um 1800 stammen; gemäss einer Inschrift am heutigen stirnseitigen Eingang könnte es auch ins Jahr 1821 datieren. Damaliger Besitzer der Tavernenwirtschaft war Johannes Wälchli. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1850 ist von einer "Tavernenwirtschaft von Mauer und Riegel, mit zwei gewölbten Kellern und Scheune von Mauer, Riegel und Holz, mit Ziegeldach", in den Händen von Salomon Widmer, die Rede [2]. Um 1900 befand sich der Gasthof längere Zeit im Eigentum von Bernhard Kunz, danach fanden häufige Besitzerwechsel statt.
Historische Fotoaufnahmen aus dem frühen 19. Jh. zeigen den Gebäudekomplex der "Sonne" noch in der Konstellation eines Doppelhauses mit dazwischenliegendem Ökonomietrakt (vgl. Fotodokumentation). Der Wirtshauseingang mit der Türinschrift "HW 1821" befand sich damals noch auf der strassenseitigen Trauffront des Hauses. Der östliche Gebäudeteil mit Wohnteil und innen liegender Scheune wurde 1980 durch ein Mehrfamilienhaus mit Gewerberäumen ersetzt [3]. Ungefähr zur selben Zeit erfolgte eine umfassende Renovation des Gasthauses, wobei der strassenseitige Hauptzugang auf die Stirnseite verlegt wurde. Anstelle eines vormaligen "Gartenhäuschens" wurden auf der Westseite Parkplätze angelegt. 2005 fand eine abermalige sanfte Renovation des Gebäudes statt. Gleichzeitig erfolgte der Abbruch des südlich angebauten Sonnensaals, der ungefähr ein Jahrhundert lang Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in Brittnau gewesen war [4]. Als letzte bauliche Massnahme wurde 2009 im Obergeschoss des Hauses ein grosser, unterteilbarer Saal eingerichtet. Der ausgebaute Dachraum dient heute als Wirtewohnung [5].
Beschreibung:Der Gasthof zur Sonne erhebt sich in unmittelbarer Nähe der Kirche und des 1967/68 anstelle des alten "Untervogtshauses" erbauten Gemeindehauses. Der behäbige, unter einem geknickten Gehrschilddach mit Ründe geborgene Baukörper war früher Teil eines langgestreckten Doppelhauses mit aussenliegenden Wohnteilen und mittigem Scheunentrakt (östlicher Teil 1980 durch Neubau ersetzt). Der verbliebene westliche Gasthausteil ist als zweigeschossiger Mauer- und Fachwerkbau aufgeführt. Strassenseitig zählt er sechs regelmässig angeordnete Fensterachsen, stirnseitig deren fünf. Die Fenstergewände sind aus witterungsresistentem Eichenholz gearbeitet; sie weisen einen Ladenfalz und profilierte Gesimse auf. Der Eingang in die Gaststube nahm ursprünglich die dritte scheunenseitige Fensterachse an der strassenzugewandten Traufseite ein (heute zu Fenster umfunktioniert). Vom alten Türgewände erhalten geblieben ist der skulptierte hölzerne Schlussstein mit der Jahreszahl 1821 und den Initialen "HW" des damaligen Sonnenwirts Johannes Wälchli. Dieser schmückt heute den in die Mittelachse der westlichen Stirnfront versetzten Eingang.
Das Hausinnere wurde im Laufe der Zeit stärker verändert und weist heute keine nennenswerte historische Ausstattung mehr auf. Ein tonnengewölbter Keller erstreckt sich unter dem westlichen Teil der Gastwirtschaft; früher verfügte er über einen Aussenabgang neben der ehemaligen strassenseitigen Haustür.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Zit. nach Brack/Buchmüller 1978, S.59.
[2] Staatsarchiv Aargau; CA.0001/0913-0916, Brandkataster Gemeinde Brittnau, 1850-1937.
[3] Buchmüller/Lerch-Baumgartner 2007, S. 140-141.
[4] Buchmüller/Lerch-Baumgartner 2007, S. 148-149.
[5] "Sonne" erhält neues Leben eingehaucht, Mittellandzeitung vom 8. Sept. 2009.
Literatur:- Kurt Buchmüller/Christian Lerch-Baumgartner, Brittnauer Dorfgeschichte im Blickpunkt von einst und jetzt, Brittnau 2007.
- Roman W. Brüschweiler/Kurt Buchmüller, 1100 Jahre Brittnau, Jubiläumsschrift, Brittnau 1994.
- Alfred Brack/Kurt Buchmüller, 150 Jahre Sparkasse Mättenwil 1828–1978, Brittnau 1978.
- Pierre Furginé/Werner Peyer, Edouard Furginé Photograph, Photographien von Zofingen und Umgebung zwischen 1900 und 1930, Oftringen 2005.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2: Fricktal und Berner Aargau, Baden 2002, Abb. 309.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau; CA.0001/0913-0916, Brandkataster Gemeinde Brittnau, 1850-1937.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=31548
 

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